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Greenpeace rät Frankreich zu AKW-Abschaltungen

Strahlende Idylle an der Rhone. (Foto. Pixabay CC0 Public Domain)
Strahlende Idylle an der Rhône / Frankreich. (Foto. Pixabay CC0 Public Domain)

Nach einem aktuellen Gutachten weisen Bauteile an etlichen französischen AKW-Standorten gravierende Probleme mit mangelhaftem Stahl auf. In über der Hälfte aller französischen Atomreaktoren drohe dadurch ein massiver Störfall, warnt Greenpeace.

02.10.2016 – Ein Gutachten des Londoner Ingenieurbüros John Large im Auftrag von Greenpeace kommt zu dem Ergebnis, dass insgesamt 107 Bauteile an 14 AKW-Standorten im Nachbarland Frankreich das Problem aufweisen, dass mangelhafter Stahl in relevanten Bauteilen verwendet wurde. Betroffen seien auch Atomkraftwerke an den Standorten Fessenheim und Cattenom die sich unweit der deutschen Grenze befinden. Die Umweltorganisation fordert die französische Atomaufsicht auf, die betroffenen Meiler vom Netz zu nehmen.“ Greenpeace-Atomexpertin Susanne Neubronner nannte Frankreichs Kernkraftwerke „eine akute Gefahr für Millionen Europäer.“

Das Ingenieurbüro Large hat für die Studie eine Dokumentation der französischen Atomaufsicht ASN ausgewertet. Sie beschreibt Mängel an Dampferzeugern und anderen AKW-Bauteilen aus der Stahlschmiede Creusot Forge des französischen Areva-Konzerns. Problem: Der verwendete Stahl weise eine zu hohe Kohlenstoffkonzentration auf, die bei starker Beanspruchung zu einem Bersten des Materials führen kann. Bei 19 Reaktoren sind die Kohlenstoff-Anomalien an den Dampferzeugern bislang festgestellt worden. Das sei besonders riskant, denn auch nach Ansicht der französischen Sachverständigenorganisation Institut de Radioprotection et de Sûreté Nucléaire könne das Versagen eines Dampferzeugers eine Kernschmelze verursachen. Derzeit sind lediglich vier Reaktoren wegen weiterer Untersuchungen vom Netz, darunter ein Reaktor in Fessenheim in der Nähe von Freiburg. Die restlichen 15 AKW laufen ungedrosselt weiter.

Gerade das AKW Fessenheim steht seit Jahren sowohl in Frankreich als auch in Deutschland in der Kritik, denn das älteste französische Atomkraftwerk genügt neuesten Sicherheitsanforderungen nicht mehr. Bereits im April 2014 war es zu einem Unfall gekommen. Der Reaktor ließ sich vorrübergehend nicht steuern, es kam zur Notabschaltung. Fessenheim sollte ohnehin bis Ende des Jahres vom Netz gehen, das hatte der französische Präsident Hollande angekündigt. Doch an den Termin glaubt keiner mehr. Die französische Regierung kann sich nicht von ihren Meilern trennen. Zu eng hängen Staat und Atomlobby zusammen, sie sitzen quasi in einem Boot.

Die derzeitigen Untersuchungsmethoden von Areva und dem AKW-Betreiber EdF halten die Autoren der Studie nun für unzureichend; Greenpeace fordert daher alle betroffenen Kernkraftwerke stillzulegen um die betroffenen Bauteile auszutauschen. Damit wäre rund die Hälfte aller französischen Atomreaktoren auf unbestimmte Zeit vom Netz. Da die Energieversorgung im Hexagon vor allem auf Atomenergie beruht wäre das ein Problem.

Frankreich hat im weltweiten Vergleich mit über 75 Prozent den höchsten prozentualen Anteil nuklear erzeugten Stroms. Im Juli letzten Jahres hatte die Regierung ein nationales Energiewendegesetz beschlossen mit dem ohnehin laschen Ziel, den Atomstromanteil in Frankreich bis 2025 von 75 auf 50 Prozent zurückzufahren. Die Franzosen heizen auch ihre Häuser vor allem mit Strom weil Atomstrom scheinbar so schön billig ist. Das liegt aber daran, dass die Kosten für die Atommülllagerung zu gering angesetzt und die Kosten für die Abrüstung alter Atomkraftwerke gar nicht kalkuliert wurden. In der Stromversorgung mittels Erneuerbarer Energien hinkt die Grande Nation weit hinterher. „Frankreich hat die Energiewende verschlafen, daher klammert sich der Staat an einen Weiterbetrieb seiner Atomkraftwerke um jeden Preis“, so Neubronner. „Ein Preis, den die Menschen in benachbarten Ländern wie Deutschland nicht mehr bezahlen wollen.“ na


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