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WindkraftausbauBundeskabinett geht Flächenproblem für die Windkraft an

Feld mit Mohnblumen, im Hintergrund Windkraftanlagen
Die Windkraft ist das Zugpferd der Energiewende, doch es werden nicht genug Flächen für ihren Ausbau ausgewiesen. Das soll sich ändern. (Foto: energiezukunft / Petra Franke)

Mehr Flächen für die Windkraft und kein Wegducken einzelner Bundesländer, diesem Ziel will die Bundesregierung näher kommen. Das Kabinett hebt dazu ein Wind-an-Land-Gesetz aus der Taufe und ändert das Bundesnaturschutzgesetz.

16.06.2022 – Mit zwei Gesetzesvorhaben will die Bundesregierung den Windkraftausbau in Deutschland voranbringen. Zum einen hat das Bundeskabinett in seiner Sitzung am 15.6.2022 das Wind-an-Land-Gesetz (WaLG) beschlossen. Ziel des neuen Regelwerkes ist es, dass bis 2032 in Deutschland zwei Prozent der Landesflächen für den Windkraftausbau ausgewiesen sind und zügig mit neuen Windkraftanlagen bebaut werden können.  

Das Wind-an-Land-Gesetz ist ein Artikelgesetz und beinhaltet mehrere Bausteine: das gänzlich neue Windflächenbedarfsgesetz (WindBG), eine Änderung bzw. Erweiterung des Baugesetzbuches, Änderungen der §§97 und 98 im EEG, die das Monitoring von Planungen und Flächenausweisungen betreffen, sowie eine Änderung des Raumordnungsgesetzes.  

Darüber hinaus soll das Bundesnaturschutzgesetz novelliert und artenschutzrechtliche Prüfungen bundeseinheitlich standardisiert werden. Beide Gesetze sind nicht zustimmungspflichtig durch den Bundesrat und sollen noch vor der Sommerpause im Bundestag beschlossen werden.

Flächenziel von zwei Prozent bis 2032 durchsetzen

Um ausreichend Strom aus erneuerbaren Energien-Anlagen zu generieren, müssen für die Windkraft zwei Prozent der Bundesfläche ausgewiesen werden. Dies erfordere mehr als eine Verdoppelung der aktuell ausgewiesenen Fläche, heißt es in der Gesetzesbegründung zum Wind-an-Land-Gesetz. Zugleich seien die Flächenausweisungen im Bundesgebiet sehr ungleich verteilt. Nun sollen bis 2032 die Bundesländer einen Anteil von 1,8 bis 2,2 Prozent ihrer Landesflächen für den Ausbau der Windenergie zur Verfügung stellen. Die Stadtstaaten müssen 0,5 Prozent ihrer Landesflächen ausweisen. Die Verteilung berücksichtigt unterschiedliche Voraussetzungen der Bundesländer.

Ein Grund für den seit Jahren stockenden Zubau neuer Windkraftanlagen sind die in einzelnen Bundesländern bestehenden großen Abstandsregeln zu Siedlungen und Wohnbebauungen. Solche Abstandsregeln sind zwar weiterhin zulässig, werden aber mit dem Windflächenbedarfsgesetz ausgehebelt, wenn das betreffende Bundesland nicht genügend Flächen für die Windkraft ausweist. Dabei soll ein Verteilungsschlüssel für Fairness und Transparenz zwischen den Ländern sorgen und Zwischenziele formuliert werden.

Die verbindlichen Flächenziele nach WindBG sollen in die Systematik des Bauplanungsrechts integriert werden und im Baugesetzbuch auf eine Positivplanung umgestellt. Dies bedeutet, dass Windenergieanlagen künftig in dafür eigens planerisch ausgewiesenen Gebieten privilegiert zulässig sind. Voraussetzung ist, dass die Länder die Flächenziele zum jeweiligen Stichtag erreichen. Werden sie dagegen verfehlt, lebt die Privilegierung im gesamten Außenbereich wieder auf, bis die Flächenziele erreicht sind.  

Kurze Anhörungsfrist und andere Kritikpunkte

Die Bundesregierung hatte den Gesetzentwurf mit einer sehr kurzen Frist in die Verbändeanhörung gegeben. Diese hatten nur von Freitag bis Montag Zeit, Stellung zu nehmen, was ein Kritikpunkt der Branche ist. Die Verbände würdigen das grundsätzlich positive Signal, das von dem Gesetz ausgehe, sehen aber auch Mängel.

„Gut gemeint ist nicht gut gemacht“, heißt es in der Stellungnahme des Bundesverbandes Erneuerbare Energien (BEE). Demnach könnte das Gesetz zu weiteren Verzögerungen führen statt zu mehr Tempo. „Die Fülle neuer Rechtsbegriffe, neuer Verknüpfungen und sich nebeneinander aufbauenden Regelungen bergen Risiken für die Rechtssicherheit“, kommentierte die BEE-präsidentin Simone Peter. Mit den Zwischenzielen zur Flächenausweisung würden zwei unnötig gedoppelte, über viele Jahre andauernde Planungsphasen geschaffen. Die Rechtsfolge der Zielverfehlung greife frühestens 2027 und damit deutlich zu spät. Außerdem berge der Gesetzentwurf keine ausreichende Sicherheit, da die Regelung auch wieder hinfällig werden könnte, wenn das Land auf den zwei-Prozent-Kurs einschwenkt.

Der Bundesverband Windenergie (BWE) führt an, dass die Vorgaben in neuen Planungsverfahren umgesetzt werden müssen. Die hierfür erforderlichen Prozesse in den Ländern, Regionen und Kommunen werden lange dauern und können Unsicherheiten aufwerfen, beispielsweise bei der Beurteilung, ob Zwischenziele erreicht wurden. Wie der BEE kritisiert der BWE vor allem, dass die Aushebelung der Mindestabstände frühestens in vier Jahren möglich und nicht für einen hinreichend langen Zeitraum gewährleistet ist.

Die Deutsche Umwelthilfe fordert gar, bestehende Mindestabstände grundsätzlich abzuschaffen. Dass Bundesländer wie Bayern oder Nordrhein-Westfalen bis 2032 Zeit haben, das Flächenziel zu erreichen, sei absolut inakzeptabel. So lange könne der Klimaschutz nicht warten.

Naturschutz und Windkraft austariert

Die Änderung im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) sieht vor, dass auch Landschaftsschutzgebiete in die Suche nach Flächen für den Windenergieausbau einbezogen werden können. Gleichzeitig werden Schutzzonen für bedrohte Arten definiert und hohe ökologische Standards garantiert.

Um Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen, werden für die artenschutzrechtliche Prüfung bundeseinheitliche Standards gesetzt. Für die Signifikanzprüfung wird eine Liste von kollisionsgefährdeten Brutvogelarten festgelegt. Hinzu kommen gestaffelte, artspezifische und brutplatzbezogene Abstandsvorgaben mit einem Tabubereich und Prüfbereichen.

Zusätzlich soll das Bundesamt für Naturschutz Artenhilfsprogramme aufstellen, um Populationen betroffener Arten zu unterstützen. Zur Finanzierung dieser Programme sollen auch Anlagenbetreiber beitragen. pf


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