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Die Meinung
31. August 2015

Eine neue Dimension der Kohleausstiegs-Bewegung

7.500 Menschen bei der Anti-Kohle-Kette in der Lausitz. 1.500 Menschen beim Protest am Tagebau Garzweiler II. 500 Menschen vor dem Kraftwerk Jänschwalde. Hunderte Menschen bei den Klimacamps. Die Anti-Kohle-Bewegung ist endlich da wo sie schon lange hinwollte. Sie ist raus aus der lokalen Nische und entwickelt sich zu einer breiten Bewegung.

Dr. Stefan TaschnerPressesprecherBürgerBegehren Klimaschutz e.V.

Dr. Stefan TaschnerPressesprecherBürgerBegehren Klimaschutz e.V.
Dr. Stefan Taschner engagiert sich beim gemeinnützigen Verein BürgerBegehren Klimaschutz e.V. (Foto: privat)
Dr. Stefan Taschner engagiert sich beim gemeinnützigen Verein BürgerBegehren Klimaschutz e.V. (Foto: privat)

31.08.2015 – Es waren beeindruckende Bilder, die sich Mitte August über die Medien und sozialen Netzwerke aus dem Rheinischen Braunkohlerevier verbreiteten. 1.500 Menschen waren an den Tagebau Garzweiler II gekommen, um ein deutliches Zeichen für das Ende der Braunkohleverstromung zu setzen. Mehrere Hundert schafften es sogar in den Tagebau und legten für kurze Zeit das zerstörerische Werk der Schaufelradbagger lahm.

Ein langer Weg, gepflastert mit Rückschlägen und Erfolgen, liegt hinter der Bewegung. Doch durch ihr unermüdliches Engagement ist der Kohleausstieg über die Jahre zum Politikum geworden.

Vor 6 Jahren planten zahlreiche Energieversorger die Errichtung von etwa 30 neuen Steinkohlekraftwerken in Deutschland. Auch zahlreiche Stadtwerke setzten verstärkt auf die Kohlekraft und planten die Beteiligung an neuen Kraftwerken. Doch es regte sich Widerstand – nicht nur lokal. Überall in Deutschland begannen Menschen mit den von der Kohle Betroffenen zu sympathisieren. Sie schlossen sich zusammen. Es ging nicht mehr nur im Menschen, denen die Heimat weg gebaggert wurde oder die ein Kohlekraftwerk vor die Haustür gesetzt bekamen – nein – die Menschen setzten sich bundesweit für den Kohleausstieg ein. Gemeinsam etwas bewirken wollen, sich zusammenschließen für ein Ziel – das war ein wichtiger Schritt für die Kohleausstiegs-Bewegung.

Lokale Initiativen bekamen Unterstützung von bundesweit agierenden Organisationen, wie der Klima-Allianz. Als Team verhinderte sie etliche Kohlevorhaben der Energieversorger. Dazu kamen Bürgerentscheide und -begehren, die kommunale Stadtwerke auf einen kohlefreien Weg brachten oder sie an der stärkeren Beteiligung an Kohlekraftwerken hinderten.

In strukturschwachen Regionen ist jedoch der Widerstand der Bevölkerung eher gering gegen die Kohlekonzerne. Die Kommunen erhalten viel Geld von den Unternehmen, die wichtige Arbeitgeber sind. Durch einen Kohleausstieg sehen die Beschäftigten ihre Jobs gefährdet. An dieser Stelle müsste die Politik eingreifen und einen Strukturwandel in den Regionen vorantreiben, um dann schnellstmöglich und geordnet aus der Kohle aussteigen zu können.

Umso wichtiger ist es dort mit den Menschen gemeinsam am Kohleausstieg zu arbeiten. Wie sich aktuell zeigt, fordert Vattenfall von Lausitzer Kommunen Gewerbesteuern in Millionenhöhe zurück. Den Lausitzer Goldesel gibt es nicht mehr. Die Menschen vor Ort müssen nun Druck auf die Politik aufbauen, damit sie sich endlich für sie einsetzt! Die Klima-Camps leisten hier zusammen mit lokalen Initiativen seit Jahren einen wichtigen Beitrag.

Ohne das Engagement und Durchhaltevermögen über all die Jahre wären die großen Proteste der letzten beiden Jahre nicht möglich gewesen. Doch wir dürfen uns auf dieser Stufe nicht ausruhen. Die Proteste haben gezeigt, dass wir gemeinsam etwas erreichen und mutig neue Wege einschlagen können. Wie heißt es so schön – „Kohleausstieg ist Handarbeit!“ Und dabei gehen wir Hand in Hand.

An dieser Stelle setzt die Arbeit von BürgerBegehren Klimaschutz ein. Wir möchten Menschen und Initiativen ermutigen sich gegen die Kohle und für mehr Klimaschutz einzusetzen. Oftmals hilft neben großen Aktionen, die den lokalen sowie bundesweiten Widerstand fördern, auch die Nutzung von direktdemokratischen Mitteln. Mit ihnen kann ein Beitrag zum Kohleausstieg geleistet und der Anti-Kohle-Protest auf eine breitere Basis gestellt werden. Aktuell wollen wir das mithilfe von zwei Projekten umsetzen: „Kohleausstieg Berlin“ und „Unser Stadtwerk kohlefrei“.

Der 2008 gegründete gemeinnützige Verein BürgerBegehren Klimaschutz e.V. (BBK) hat das Ziel, bundesweit Klimaschutzmaßnahmen durch Bürgerbegehren und Bürgerentscheide durchzusetzen. Ein Team von Hauptamtlichen, fachkundige Vorstandsmitglieder sowie ein Kreis aus Expertinnen und Experten organisieren, koordinieren und unterstützen eine Vielzahl lokaler Aktivitäten. BBK arbeitet partei- und organisationsübergreifend, kostenlos und unbürokratisch.




Kommentare

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Rudolf Koenig 01.09.2015, 06:35:29

+293 Gut Antworten

Sehr geehrter Herr Dr. Taschner,

 

ich warne eindringlich davor, den Haus- und Landfriedensbruch bei den Kohleausstiegsdemonstrationen als heroisch zu stilisieren. Das sind nicht die Spielregeln der Demokratie. Und es sind nicht die Spielregeln der Energiewirtschaft.

Wenn Sie die Energiewirtschaft verändern wollen empfehle ich allen, die Spielregeln zu lernen und danach zu handeln. Nur so wird es nachhaltig gelingen.

Viel Glück.

Rudolf Koenig

Jeffrey Michel 01.09.2015, 10:56:03

+315 Gut Antworten

Ich stimme als ehemaliger Bewohner der mit fragwürdigen jedoch weitgehend gesetzeskonformen Mitteln bergbaulich zerstörten Gemeinde Heuersdorf (www.heuersdorf.de) ebenfalls der Erkenntnis zu, dass Haus- und Landfriedensbruch nicht zu den Mitteln einer redlichen Demokratie gehört. Deutschlands rechtstaatliche Grundordnung wurde aus den Erfahrungen mit zwei Diktatoren geboren. Kann nun dieses hart erkämpfte Erbe denjenigen überlassen werden, die sich wie beispielsweise neulich in Garzweiler auf den zivilen Gehorsam berufen wollen, ohne jemals zuvor ein eingebundener Teil der Zivilgesellschaft gewesen zu sein? Ihre Angriffe waren hauptsächlich nur deswegen opportun, weil RWE und Vattenfall ohnehin kaum noch irgendein Kraftwerk mit Gewinn zu betreiben verstehen. Bevor man sich aber deshalb allzu entspannt auf den erneuerbaren Energien ausruht, sollte zumindest in Betracht gezogen werden, dass der derzeitige regenerative Stromanteil im Übertragungsnetz mit über 20 Milliarden Euro pro Jahr auf der Grundlage des EEG vergütet wird, während die entsprechende Strommenge einen Großhandelserlös von lediglich 5 Milliarden Euro erzielt. Die 30 inzwischen verworfenen Kohlekraftwerke, auf die Herr Dr. Taschner hingewiesen hat, waren übrigens unter der Annahme des sehr fehlerhaft berechneten CCS-Verfahrens geplant worden. Der erfolgte Verzicht darauf wird trotzdem die globale Klimaerwärmung nicht unterbinden können. Deutschland leidet somit weiterhin unter einem Verlust von Verhältnismäßigkeit, bei dem einerseits das Ausmaß der weltweiten Kohlenutzung ausgeblendet wird, während andererseits der Wirtschaftsminister von Brandenburg ohne erkennbare politische Konsequenzen weit überzogene Angaben über die Braunkohlevorkommen in seinem Bundesland vertreten kann. Irgendjemand sollte ihm wenigstens sanft beibringen, dass das kohlereiche Rheinland inzwischen nicht mehr zu Preußen gehört.


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