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Die Meinung
25. Juli 2016

Kommunales Interesse an der Wärmewende wächst

Eine Blitzumfrage der Agentur für Erneuerbare Energien unter Energie-Kommunen hat ergeben, dass die Vorreiter der kommunalen Energiewende nun auch vermehrt den Ausbau Erneuerbarer Wärmetechnologien angehen wollen.

Philipp VohrerGeschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien

Philipp VohrerGeschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien
Philipp Vohrer, Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien. (Foto: AEE)
Philipp Vohrer, Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien. (Foto: AEE)

25.07.2016 – Mit der jüngsten Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) gelten ab 2017 Ausschreibungen sowohl für größere Photovoltaik- als auch für Windenergieanlagen. Mit der neuen Regelung zielt der Gesetzgeber darauf ab, die Erneuerbaren Energien besser in den Markt zu integrieren und sie planvoll auszubauen. Unter den Bürgerenergie-Befürwortern wird die Umstellung auf Ausschreibungen heftig kritisiert, da die bürokratischen Hürden für Bürgerenergieprojekte in Konkurrenz zu professionellen Projektierern als zu hoch erscheinen.

Die ersten vier bereits absolvierten Ausschreibungsrunden für Photovoltaik-Freiflächen-Anlagen haben bereits gezeigt, dass die Akteursvielfalt auf der Strecke bleibt: Lediglich 0,22 Prozent der bezuschlagten Gebote (mit Blick auf die installierte Leistung) entfielen auf Energiegenossenschaften. Entsprechend negativ bewerten Energiebürger und Genossenschaften die Einführung von Ausschreibungen auch für Windenergie im neuen EEG – trotz der nun eingeräumten Bürgerenergieregel. Das grundsätzlich höhere Risiko für kleine Akteure wie Bürgerenergiegenossenschaften werde dadurch nicht vermieden, es werde sogar vergrößert. Entsprechend pessimistisch sind die Erwartungen.

Der Wärmemarkt macht Hoffnung

Positiver scheint die Stimmung bei denjenigen, die Wärmeprojekte planen. Obwohl der Ausbau der Erneuerbaren Energien im Wärmemarkt in den vergangenen Jahren keine vergleichbare Dynamik erfahren hatte wie im Strommarkt, scheint hier Licht am Horizont. In Deutschlang gibt es mittlerweile rund 145 Nahwärmegenossenschaften, mehr als 50 wurden allein in den vergangenen drei Jahren gegründet.

Eine Umfrage der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) unter Energie-Kommunen hat ergeben, dass mindestens jede fünfte Vorreiterkommune ihre Aktivitäten im Bereich Nahwärmenetze in den vergangenen 12 Monaten verstärkt hat. Die Expertenumfrage richtet die AEE im Sommer 2016 an 100 Energie-Kommunen, auf die 30 geantwortet haben. Energie-Kommunen sind solche Gemeinden, die sich bisher vorbildlich für den Ausbau Erneuerbarer Energien eingesetzt haben, und die dafür den Titel „Energie-Kommune“ von der AEE verliehen bekommen haben.

Kommunen sind im Bereich Nahwärmenetze aktiv

Die Umfrage zeigt Interessantes: Durch die andauernden Diskussionen um den Kurs der Energiewende und die häufigen und teils erheblichen Veränderungen der politischen Rahmenbedingungen im Strombereich wächst das Interesse von Energie-Kommunen am Ausbau der Erneuerbaren Energien im Wärmebereich. Rund 20 Prozent der Vorreiterkommunen in Sachen Energiewende wollen ihren Fokus künftig auf die Errichtung von Nahwärmenetzen richten.

Fast ein Viertel der Befragten fokussiert sich „zunehmend“ oder zumindest „gleichbleibend“ auf Bioenergie als Wärmequelle – und das, obwohl der Wärmemarkt immer noch als schlafender Riese gilt und sich der politische Rahmen bisher kaum verändert hat: Seit dem Jahr 2000 fördert der Staat im Rahmen des Marktanreizprogramms (MAP) den Einsatz von Erneuerbare-Energien-Heizungsanlagen vor allem in Bestandsgebäuden mit finanziellen Zuschüssen oder zinsgünstigen Krediten. Zum anderen regelt seit 2009 das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG), dass ein gewisser Mindestanteil der Wärmeversorgung bei Neubauten durch Erneuerbare Energien zu erfolgen hat. Ein dem EEG vergleichbares Politikinstrument gibt es für die Wärmeerzeugung nicht. Doch die jährlichen Diskussionen um Ökostrom im Rahmen von regelmäßigen EEG-Novellen haben ihre Spuren hinterlassen, wie die Blitzumfrage unter den Energie-Kommunen zeigt.

Politischer Rahmen ist kontraproduktiv

Die Vertreter der Energie-Kommunen wurden gebeten, die allgemeinen politischen Rahmenbedingungen für den lokalen Ausbau der Erneuerbaren Energien zu bewerten. Hierbei konnten die Befragten in den Bereichen „Erneuerbare-Energien Ausbau im Wärmebereich“, „Erneuerbare-Energien Ausbau im Strombereich“ sowie „Erneuerbare-Energien Ausbau im Mobilitätsbereich“ Noten vergeben von eins für „sehr gut“ bis fünf für „unzureichend“. Die Bewertung der politischen Rahmenbedingungen fiel insgesamt nicht sehr positiv aus: Für den Wärmebereich gaben die Befragten immerhin noch eine Durchschnittsnote von 3,4. Noch weniger schmeichelhaft wurden der Strombereich mit 4,0 und der Mobilitätsbereich mit 4,1 benotet.

Der politische Rahmen für die regenerative Wärmeerzeugung kam also besser weg als der für Ökostrom, obwohl der Ausbau der Erneuerbaren Energien im Strombereich sehr viel weiter gediehen ist als im Wärmebereich: Während der Anteil der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch 2015 bei 32 Prozent lag, belief sich ihr Anteil am Wärmverbrauch lediglich auf rund 13 Prozent.

Engagement geht außerhalb des EEG weiter

Bemerkenswert ist: Ungeachtet der viel kritisierten politischen Rahmenbedingungen geht das Engagement bei den meisten der befragten Energie-Kommunen weiter, allerdings vielfach außerhalb des EEGs, eben zunehmend im Wärmebereich. Doch weil der Wärmemarkt komplex, stark zergliedert und von vielen Akteuren geprägt ist, wünschen sich die Energie-Kommunen bei dieser anspruchsvollen Herausforderung mehr Unterstützung von der Politik: Zwei Drittel der Energie-Kommunen, die auf die Ad hoc-Umfrage geantwortet haben, halten eine „steuerliche Förderungen der energetischen Gebäudesanierung“ für geeignet, die Wärmewende einzuleiten. Rund 60 Prozent sprechen sich für „transparente Informationen über die aktuelle Förderlandschaft“. Die Hälfte hält den „Stopp der staatlichen Förderung von Gas und Ölbrennwertkessel“ für notwendig. Noch 43 Prozent halten eine „Austauschpflicht für Öl und Gasniedertemperaturkessel, die älter als 30 Jahre“ sind für eine geeinigte politische Maßnahme, um den Anteil der Erneuerbaren Energien an dem Wärmeverbrauch zu steigern.

Um zwischen verschiedenen Interessen zu vermitteln, Handlungen aufeinander abzustimmen und um Potenziale zu heben, die nur in der Gemeinschaft angepackt werden können, sind Kommunen prädestiniert, als Vermittlerinnen aufzutreten. Insbesondere bei der Wärmewende liegt es in ihrer Verantwortung, Maßnahmen und ihre Auswirkungen gegenüber der Bevölkerung zu vertreten, über ihre Sinnhaftigkeit und Erforderlichkeit aufzuklären, die gesellschaftlichen Diskussionen konstruktiv zu begleiten und unterschiedliche Interessen zum Ausgleich zu bringen. Dazu kommt, dass erneuerbare Wärmelösungen häufig Gemeinschaftsprojekte sind, und weitere lokale Akteure wie Energiegenossenschaften, Land- oder Forstwirte, Handwerker und mittelständische Projektentwickler, einzubeziehen sind. Kurzum: Der Umbau unserer Energieversorgung ist erneuerbar, dezentral - und kommunal.




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