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Die Meinung
27. März 2017

Schnelle Energiewende ist unwählbar

Bislang erscheint das Energiethema für die Bundestagswahl nebensächlich. Gibt es trotzdem eine Partei, die eine Beschleunigung der Energiewende garantieren kann?

Kilian RüferSUSTAINMENTEnergieblogger e.V.

Kilian RüferSUSTAINMENTEnergieblogger e.V.
Kilian Rüfer ist gelernter Mediengestalter, Arborist und Ingenieur für Erneuerbare Energien und leitet die Kommunikationsagentur SUSTAINMENT. (Foto: Kilian Rüfer)
Kilian Rüfer ist gelernter Mediengestalter, Arborist und Ingenieur für Erneuerbare Energien und leitet die Kommunikationsagentur SUSTAINMENT. (Foto: Kilian Rüfer)

27.03.2017 – Meine Gefühle sind gemischt. Eine Wahl steht an. Ich würde gerne den schnellen Wechsel hin zu erneuerbaren Energien und damit den schnellen Ausstieg aus der Kohle wählen. In meinen Gesprächen innerhalb der Umweltbewegung kommt oft das Echo, dass man nicht einmal den Grünen die Umsetzung einer schnellen Energiewende ernsthaft zutraut. Selbst wenn sie es wollten, lassen die wenigen Prozentpunkte in den Umfragen Machtlosigkeit erahnen. Sie würden wie bei den letzten beiden EEG-Reformen möglicherweise wieder als Zuschauer tatenlos daneben stehen müssen. Und der leise Widerstand würde unerhört bleiben.

Schauen wir zur SPD. Ja auch dort sind mir eine Handvoll engagierte Energie-Wender bekannt. Der oberste Sozialdemokrat aber hält sich bedeckt. Von Martin Schulz ist bei mir kein Wort zur Energiewende angekommen. Nichts ist kein Hinweis auf eine Abkehr von Gabriels konzern- und kohlefreundlichem Kurs. Schulz müsste sich beispielsweise mit Hannelore Kraft anlegen, statt ihr den Bauch zu pinseln. Wenn sich die Machtverhältnisse in der SPD nicht ändern, dann bleibt es bei Gabriels EEG-Handbremse, an der er gemeinsam mit Frau Merkel, Herrn Altmaier, Herrn Rösler, Herrn Brüderle und Herrn Baake gezogen hat.

Und die CDU? Mir ist niemand bekannt, der sich dort für eine schnelle Energiewende interessieren würde. Die AfD will die totale Demontage der Energiewende. Als ich mir bei der Linken online die Position zur “Energiepolitik” ansehen wollte, erschien nur die Fehlermeldung “Seite nicht gefunden”. Gemerkt habe ich mir, dass Oskar Lafontaine sich gegen Windkraft positioniert hat. Und ich habe mir sagen lassen, dass es auch in der Linkspartei ein paar Befürworter einer schnellen Energiewende geben soll.

Erstes Fazit: Noch sehe ich keine Partei, die mir für meine Stimme eine Beschleunigung der Energiewende garantieren kann.

Es kommt noch schlimmer: Wenn alle nur über “Sicherheit” reden und die Angst vor Demokratieverlust dominiert, dann wird gar nicht erst über die Energiewende oder den Klimaschutz geredet. Das ist schon heute so. Marco Bülow (SPD) hat 200 politische Talkshows in öffentlich-rechtlichen Medien untersucht. Darin wurde Klimawandel nicht einmal thematisiert. Stattdessen:

“..niemand kann rechtfertigen, dass in 1,5 Jahren jede vierte Sendung speziell das Thema ‘Flüchtlinge’ behandelt und sich fast jede zweite Sendung generell mit dem Themenkomplex Flüchtlinge, Islam, Terror/IS, Populismus/Extremismus befasst hat.”

Auch wegen dieses Versagens erscheint das Energiethema für die Wahl bislang nebensächlich. Es kann also passieren, dass Wähler kaum erfahren, wer welche Energiepolitik verspricht. An Versprechen, die man nicht geben muss, wird man auch nicht gemessen. Damit wird der prägende Einfluss durch Lobbyisten noch leichter.

Was nun?

Wenn der präfrontale Cortex im Hirn gesund ist, können wir entscheiden. Wir können mit allem, was wir haben, mit unseren Möglichkeiten auf die Themen, die uns am Herzen liegen, aufmerksam machen. Wir müssen die Parteien durch öffentlichen Druck dazu drängen, Farbe zu bekennen, die Fakten innerhalb der Wattebausch-Rhetorik sorgfältig überprüfen und die Ergebnisse sichtbar machen. Dafür können wir Soziale Medien und ältere Ausdrucksformen, wie Demonstrationen, Einzelgespräche und Pressearbeit, nutzen.

Und hier kommt mein zweites Bauchweh: Es gibt so viele, die gerne ein gerettetes Klima hätten. Manche tun sogar etwas dafür. Dennoch spürt die Umweltbewegung ihren gemeinsamen Strang nicht. Viel zu viele eigene Süppchen werden gekocht. Auf dem Weg zur Bedeutsamkeit vertreten die einen ihr Allheilmittel, die anderen resignieren, weil sie an die Grenzen ihres Wirkungsbereiches dem Weltuntergang ins Gesicht sehen. Nicht allein der strategische Konsum, nicht allein die Politik, nicht allein das nachhaltige Unternehmertum, nicht allein die Aufklärung, nicht allein der Verzicht, nicht allein die Wachstumskritik, nicht allein der Protest und auch nicht allein die Umweltbildung wirken.

Zusammen aber könnte es anders sein

Ich wünsche mir, dass sich die Bewegung viel mehr als ein Organismus versteht, in dem jede und jeder sich mit seinem Talent in seinem Wirkungsbereich bewegt und endlich spürt, dass unser gemeinsames Anliegen das ist, was uns verbindet. Dieses Zusammenwirken funktioniert, weil Einzelne etwas tun und dafür anderes lassen. Damit wir uns verbunden fühlen, müssen wir miteinander reden, einander als Menschen kennen lernen, Vertrauen aufbauen, vielleicht sogar Freundschaften schließen und aufhören, uns gegenseitig Allheilmittel aufzuschwatzen, sondern wechselwirkende Wertschätzung obenan stellen und auf diese konstruktive Weise Sinn ins Leben bringen.

Kilian Rüfer ist gelernter Mediengestalter, Arborist und Ingenieur für Erneuerbare Energien und leitet die Kommunikationsagentur SUSTAINMENT. Außerdem ist er Vorstand des Energieblogger e.V., einem Zusammenschluss unterschiedlicher Blogger, die sich gemeinsam für 100 Prozent Erneuerbare einsetzen.




Kommentare

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Eicke Weber 28.03.2017, 11:21:48

+166 Gut Antworten

Ja, es ist wirklich ein Trauerspiel, das wichtigste Thema ueberhaupt wird ausgeklammert.....dabei lesen wir gerade wieder von einem Wirbelsturn von 270km/h Windgeschwindigkeit - wenn so ein Monster mal bei uns auftauchte, dann Gnade uns Gott!

 

Ich hatte ja in Freiburg versucht in der FDP die Botschaft zu verbreiten dass die Energiewende große wirtschaftliche Chancen bietet, keine andere Partei hat dies im Visier, aber leider wollten Lindner und Ruelke nichts davon wissen, es hätte zu sehr die Tür zu den Grünen geöffnet!

 

Dabei koennte eine starke und fortschrittliche Gelb-Grüne Gruppierung der Mitte eine wirklich erfolgreiche Energiepolitik durchboxen, mit Schwarz oder Rot, je nachdem!


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