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Die Meinung
22. Februar 2016

Vattenfall auf den Leib geschneidert

Im Rennen um das Berliner Stromnetz kuschelt der Senat mit Vattenfall und vollführt Unglaubliches. Aber die Bürger geben nicht auf.

Luise Neumann-CoselVorstandBürgerEnergie Berlin eG

Luise Neumann-CoselVorstandBürgerEnergie Berlin eG
Luise Neumann-Cosel ist Vorstand und Mitbegründerin der BürgerEnergie Berlin eG (Foto: BürgerEnergie Berlin)
Luise Neumann-Cosel ist Vorstand und Mitbegründerin der BürgerEnergie Berlin eG (Foto: BürgerEnergie Berlin)

22.02.2016 – Was bisher geschah: 2011 startete der Berliner Senat ein Vergabeverfahren für das örtliche Stromnetz. Der Konzessionsvertrag mit dem alten Betreiber Vattenfall würde 2014 auslaufen, also musste ein neuer Eigentümer her. Die Berlinerinnen und Berliner gründeten daraufhin eine Genossenschaft, um das Netz selbst zu kaufen und drängten den Senat mit einem Bürgerentscheid, das Stromnetz im Vergabeverfahren nicht erneut an Vattenfall zu geben. Der Senat jedoch zeigte sich unbeeindruckt und suchte die Kooperation mit dem Energiekonzern. Anstatt das offizielle Vergabeverfahren für das Netz weiterzuführen, begann die rot-schwarze Regierung in Berlin eine Art „Parallelverfahren“, in dem sie ganz offen mit Vattenfall über eine mögliche Zusammenarbeit verhandelte.

Kaum verwunderlich, dass die öffentliche Reaktion auf diesen Winkelzug heftig war. „Bodenlose Sauerei“ hieß es in der Presse, oder „Bananenrepublik“. Der Senat versuchte es mit Beschwichtigung: Das Ganze habe überhaupt nichts mit der Stromnetz-Vergabe zu tun, versicherte der zuständige Finanzsenator, das Konzessionsverfahren werde fair und diskriminierungsfrei weitergeführt. Trotzdem, für die BürgerEnergie Berlin, den genossenschaftlichen Bieter und Konkurrent Vattenfalls, verhieß der sogenannte „Dialog“ mit dem Energiekonzern nichts Gutes. Die Netzgenossen schalteten das Bundeskartellamt ein, um das Vorgehen des Senats prüfen zu lassen.

Pünktlich neun Monate nach Beginn der Verhandlungen mit Vattenfall erblicken nun deren Folgen das Licht der Welt: Das offizielle Vergabeverfahren für das Stromnetz, zwischenzeitlich vom Senat auf Eis gelegt, wird weitergeführt. Allerdings jetzt mit einem neuen Kriterienkatalog. Der passt zufälligerweise haargenau zu den Ergebnissen der Verhandlungen mit Vattenfall, die der Senat vor einigen Wochen der Öffentlichkeit vorgestellt hatte. Ein Schelm, wer da an Mauschelei denkt! Doch die Tatsachen sind leider erdrückend: Das Land Berlin verzichtet im neuen Kriterienkatalog auf die Mehrheit an einer Kooperation und erfüllt damit Vattenfalls zentrale Forderung, sämtliche Kriterien zum Thema Bürgerbeteiligung sind nunmehr radikal zusammengekürzt oder ganz gestrichen worden und mitunter finden sich sogar neue Formulierungen in den Vergabeunterlagen, die ganz explizit auf Vattenfall hindeuten.

Dass all das nicht ganz sauber aussieht, merkt natürlich auch der Senat. Oder wie ist es sonst zu erklären, dass der neue Kriterienkatalog – anders als der alte – nicht vom Senat veröffentlicht wird? Die Bieter selbst, die die Kriterien natürlich kennen, sind mit einer äußerst strengen Vertraulichkeitsvereinbarung und hohen Vertragsstrafen mundtot gemacht worden, sodass auch die BürgerEnergie Berlin das zweifelhafte Vorgehen des Senats nicht öffentlich belegen kann.

Keine guten Aussichten für das Netz in Bürgerhänden also, könnte man meinen – wäre da nicht die Wahl. In einem guten halben Jahr steht der Schreibtischstuhl des Regierenden Bürgermeisters in Berlin zur Disposition. Und welcher Politiker will da schon gern intransparent wirken und den Bürgern (oder besser: Wählern) eine Absage erteilen?

Die Genossen der BürgerEnergie Berlin geben also nicht auf. Weil die Wahl das Fenster für die Machbarkeit des Netzkaufs wieder öffnet, weil die Politik sensibel reagieren muss auf den Druck aus der Bevölkerung. Aber vor allem, weil die Idee vom Netz in Bürgerhänden, von einer demokratischen und nachhaltigen Energieversorgung, einfach zu gut ist. Mit dem neuen Angebot, das die BürgerEnergie Berlin im Verfahren vorlegen wird, wollen die Netzgenossen dem Senat eine echte Alternative zu Vattenfall bieten. Umso wichtiger also, dass jetzt viele Menschen mit in die Netzkauf-Genossenschaft einsteigen und sich hinter die BürgerEnergie Berlin stellen. Denn die Zukunft der eigenen Stadt und die Energiewende gestaltet man besser mit den Bürgern als mit Energiekonzernen!

Mithelfen und das Berliner Stromnetz in Bürgerhände bringen: www.buerger-energie-berlin.de

Luise Neumann-Cosel ist Vorstand und Mitbegründerin der BürgerEnergie Berlin eG. Anstatt in ihrem erlernten Beruf als Ökologin zu arbeiten, entwickelte sie sich zur Fachfrau für juristische, wirtschaftliche und technische Fragen rund um Stromnetze.




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