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Die Meinung
14. April 2014

Veganismus – nur ein kurzfristiger Trend?

Galt vegane Ernährung früher noch als Verzicht, präsentieren heute Titelblätter von Lifestyle-Magazinen eine rein pflanzliche Ernährung als gesundheitlich vorteilhaft, manch einer sieht darin wiederum eine vorübergehende Trenderscheinung. Veganismus polarisiert – dabei ist es letztlich einfach nur die Entscheidung für eine bewusste Lebensweise.

Patrick BolkAutor und ChefredakteurDeutschland is(s)t vegan

Patrick BolkAutor und ChefredakteurDeutschland is(s)t vegan
Patrick Bolk ist Autor und Chefredakteur des Online-Magazins deutschland is(s)t vegan (Foto: © Isabelle Grunert )
Patrick Bolk ist Autor und Chefredakteur des Online-Magazins deutschland is(s)t vegan (Foto: © Isabelle Grunert )

14.04.2014 – Man kommt um das Thema „Vegane Ernährung“ inzwischen kaum noch herum: Vegane Kochbücher stürmen die Büchercharts, rein vegane Restaurants und Supermärkte eröffnen in immer kürzeren Abständen, und auch im Fernsehen wird das Thema immer häufiger zu immer besseren Sendezeiten gebracht. Der bekannteste Vegankoch Attila Hildmann hat mit seinen Büchern nicht unerheblich dazu beigetragen, dass immer mehr Menschen es einmal mit der veganen Ernährung versuchen, oft zunächst mal als sogenannte „Challenge“ für 30 oder 60 Tage, um gesünder zu werden, fitter, um abzunehmen oder zu entgiften.

Schon wird die vegane Ernährung von vielen Nicht-Sympathisanten als Lifestyle-Erscheinung, als kurzfristiger Trend verspottet, der irgendwann auch wieder verschwinden wird. Interessanterweise war sie noch vor wenigen Jahren keine Trenderscheinung, galt dafür aber als Ernährungsweise die von Verzicht und Mangelerscheinungen geprägt ist. Diese Vorurteile sind längst ad absurdum geführt worden. Wer einmal einen Blick in ein veganes Kochbuch wirft, wird sehen, dass von Verzicht überhaupt keine Rede sein kann. Genauso wenig von Mangelerscheinungen, denn wer sich ausgewogen und bewusst vegan ernährt, der hat zahlreiche gesundheitliche Vorteile. Das belegen nicht nur die Blutwerte von vegan lebenden Menschen, sondern auch immer mehr umfangreiche Studien angesehener Ernährungsinstitute und Universitäten. Fast scheint es so, als müssen nun also neue Argumente gefunden werden, diese Ernährungsweise zu kritisieren.

Warum aber wird die bewusste Entscheidung für eine vegane Ernährung nach wie vor in großen Teilen unserer Gesellschaft abgelehnt, verspottet oder eben als bloße Trenderscheinung abgetan? Manchmal habe ich schon fast den Eindruck, viele Fleischesser haben regelrecht Angst davor, die Vorteile einer solchen Ernährungsweise akzeptieren zu müssen – als würde ihnen dadurch etwas weggenommen werden. Dabei hat eine vegane Ernährungs- oder Lebensweise doch zahlreiche weitere Vorteile, nicht nur für die eigene Gesundheit: Auch Tieren, der Umwelt und unserem Klima kommt es zugute, wenn immer weniger Menschen durch ihren Fleischkonsum und einem lediglich vom Geldbeutel bestimmten Konsumverhalten eine qualvolle Massentierhaltung, die Zerstörung von Ökosystemen oder die zusätzliche Belastung unseres Klimas unterstützen.

Ich bin nach wie vor für viele ein Sonderling, der spätestens nach 10 Minuten bei gesellschaftlichen Anlässen auf seine Lebensweise angesprochen wird. Darauf folgen zum Glück immer seltener die immer gleichen Vorurteile (Vegan leben ist...ungesund/kompliziert/teuer/extrem usw.), sowie die eigene ungefragte Rechtfertigung, man würde ja nicht soviel Fleisch essen, überhaupt könne man nicht auf dieses oder jenes verzichten (glauben Sie mir, man kann das). So ein Veganer verursacht reflexartig durch seine bloße Anwesenheit bei vielen Menschen ein schlechtes Gewissen, denn das Wegschauen und Weghören fällt immer schwerer.

Ganz schön kompliziert das alles. Dabei wollen doch einfach nur immer mehr Menschen der eigenen Gesundheit, anderen Lebewesen, sowie Umwelt und Klima weniger schaden. Das klingt doch gar nicht mal so schlecht. Ich nehme niemandem sein Steak weg oder mache es ihm madig, nur weil ich mich persönlich eben rein pflanzlich ernähre. Man muss das nicht schwarz-weiß sehen. Jeder Einkauf und jede Mahlzeit ist eine politische Entscheidung: Kaufe ich häufig Billigfleisch, so stimme ich für die Massentierhaltung und all ihre Konsequenzen. Greife ich immer häufiger zu pflanzlichen Lebensmitteln in Bio-Qualität, möglichst fair gehandelt oder regional und saisonal, so unterstütze ich eben solche Werte. Immer mehr Menschen entscheiden sich immer häufiger für Letzteres, und das finde ich positiv. Aus welchem Grund sie das machen – ob aus gesundheitlicher oder moralischer Motivation heraus – ist mir am Ende fast egal, denn das Ergebnis zählt: Ein bewussterer Umgang mit anderen Lebewesen und unseren Ressourcen.

Ich freue mich, dass eine steigende Zahl von Menschen kritischer hinterfragt, was auf ihrem Teller landet, und bin davon überzeugt, dass der Veganismus keine temporäre Trenderscheinung ist. Für mich persönlich ist sie die logische Konsequenz des Ablegens der eigenen Augenklappen. Und das tun immer mehr Menschen, zumeist weil sie beunruhigt sind durch Fleischskandale und wissenschaftliche Untersuchungen zu den negativen Folgen übermäßigen Fleischkonsums.

Eine vegane Lebensweise ist letztlich eine von vielen Möglichkeiten eines bewusst kritischeren Konsums, vermutlich wohl eine der konsequentesten. Dass nicht jeder vegan leben möchte, kann ich durchaus verstehen, denn die Umstellung geht unweigerlich mit der Anerkennung unbequemer Wahrheiten sowie einer Menge Umgewöhnung einher. Kein Wunder, dass das Vielen Angst macht, aber bedenken Sie: Jede einzelne bewusstere Konsumentscheidung trägt am Ende dazu bei, einen größeren Hebel zu bewegen. Sie müssen nicht gleich komplett vegan leben, aber umso öfters Sie kritisch hinterfragen, was Sie in Ihren Einkaufskorb legen, desto besser. Wie bei der Wahl des Stromanbieters eben.

Patrick Bolk lebt in Berlin. Er ist Autor und betreibt den veganen Blog berlin is(s)t bio und ist Chefredakteur des Online-Magazins deutschland is(s)t vegan zu veganer Lebensweise.
In seinem aktuellen Buch „Ab heute vegan“ nimmt er die Leser mit auf eine Reise durch den veganen Alltag, vom Einkauf übers Kochen bis hin zu Kleidung, Kosmetik und Urlaub.

Buchtipp
Patrick Bolk (Hrsg), Ab heute vegan,
Ein Wegweiser durch den veganen Alltag,
edition Kochen ohne Knochen, 12,90 Euro,
ISBN 978-3-95575-010-7




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