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Die Meinung
20. Juli 2015

Wie sieht klimafreundliche Mobilität aus?

Eine klimafreundliche Verkehrsplanung in den Städten steigert auch die Lebensqualität: Mehr Raum für den Menschen, mehr Sicherheit unterwegs, weniger Verkehrslärm, saubere Luft. Um das zu erreichen, sind Veränderungen beim Straßen- und Personenverkehr entscheidend.

Dorothee SaarLeiterin VerkehrDeutsche Umwelthilfe

Dorothee SaarLeiterin VerkehrDeutsche Umwelthilfe
Dorothee Saar leitet seit 2011 den Bereich Verkehr und Luftreinhaltung bei der Deutschen Umwelthilfe. (Bild: © Deutsche Umwelthilfe)
Dorothee Saar leitet seit 2011 den Bereich Verkehr und Luftreinhaltung bei der Deutschen Umwelthilfe. (Bild: © Deutsche Umwelthilfe)

20.07.2015 – Der Verkehrssektor ist für rund 25 Prozent der CO2-Emissionen in Europa verantwortlich, der Großteil davon entfällt auf den Straßenverkehr. Während andere Sektoren wie beispielsweise Energie- oder Abfallwirtschaft in den vergangenen Jahren Emissionsminderungen vorweisen können, steigen die Emissionen aus dem Verkehrsbereich an. Dabei sind die Zielsetzungen für den Klimaschutz klar: Die globale Erderwärmung soll im Vergleich zum Niveau vor Beginn der Industrialisierung auf maximal zwei Grad Celsius begrenzt werden. An diesem Ziel ist nicht zu rütteln. Wenn wir diese Vorgabe jedoch erreichen wollen, muss der Verkehrssektor deutlich stärker als bisher seinen Beitrag leisten. Gleichzeitig ist Mobilität ein hohes Gut, wenn es um die Verwirklichung privater wie ökonomischer Interessen geht. Die Herausforderung besteht darin, mobil zu bleiben und gleichzeitig den Klimaschutz voranzutreiben.

Um klimafreundliche Mobilität voranzubringen, sind Veränderungen beim  Straßenverkehr und Personenverkehr entscheidend. Städte bieten sicher die beste Möglichkeit, klimafreundliche Mobilität auf den Weg zu bringen und gleichzeitig Entwicklungen voranzutreiben und Technologien zu etablieren, die anschließend auch im ländlichen Raum eine Rolle spielen können. Eine zentrale Aufgabe der Städte ist es, den individualisierten Autoverkehr durch öffentlichen Verkehr sowie durch Rad- und Fußverkehr zu ersetzen. Die notwendigen verbleibenden Fahrzeuge müssen so effizient und sauber wie möglich werden. Dazu bedarf es vermehrter Anstrengung auf allen Ebenen und über die Ressortgrenzen hinweg. Immer noch werden Stadterweiterungen auf die Bedürfnisse des Autos zugeschnitten, entstehen in den Innenstädten Einkaufszentren mit kostenfreien Parkplätzen, gibt es im öffentlichen Straßenraum Stellplätze ohne Bewirtschaftung. Hier muss ein Umdenken stattfinden.  

Als Vorbild in Sachen Radverkehr gilt Kopenhagen. Jeden Tag werden hier 1,27 Millionen Kilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt. 36 Prozent der Einwohner pendeln zur Arbeit, Schule oder Universität mit dem Rad. Dieser Anteil soll auf 50 Prozent ansteigen. Voraussetzung für einen solch hohen Anteil ist eine ambitionierte Fahrradpolitik, die in der gesamten Stadtplanung fest verankert ist. Mehr Raum für Fahrräder bedeutet weniger Raum für Autos. Die zu erwartenden Widerstände bei der Umsetzung der entsprechenden Maßnahmen müssen durch ein konkretes, abgestimmtes und  entschlossenes Gesamtkonzept aufgefangen werden.

Auch dem öffentlichen Verkehr kommt eine hohe Bedeutung zu, wenn es um Klimaaspekte geht. Die Regionen und Kommunen brauchen eine verlässliche Absicherung der Finanzierung, um ihre Flotten klimafreundlich zu erneuern und auszubauen und um weitere Kunden zu werben und aufzunehmen. Die Hinhaltetaktik der Bundesregierung bei der künftigen Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs ist daher umso kritischer zu betrachten. Anstelle der nun vereinbarten Übergangslösung, der Weiterführung des Status Quo für ein Jahr, ist ein klares Signal hin zu einer Steigerung der Investitionen in diesem Verkehrsbereich erforderlich. Gerade in Ballungsräumen stoßen die Kapazitäten im Regionalverkehr an ihre Grenzen. Wenn insbesondere Pendler für die Nutzung von Bahnen und Bussen gewonnen werden sollen, dann muss das Angebot entsprechend ausgebaut werden.

Und die Elektromobilität? Fest steht: Klimafreundliche Mobilität in der Stadt ist mehr als der Einsatz von Elektroautos in Modellprojekten. Gerade in größeren Städten ist der Einsatz von Elektroautos in Car-Sharing Systemen zwar ein gutes Mittel, um diese Technologie sichtbar und erlebbar zu machen. Von einem echten Beitrag zum Klimaschutz ist diese Technologie heute aber leider noch sehr weit entfernt. Dies liegt zum einen an den hohen Anschaffungskosten sowie zum anderen an der nach wie vor eingeschränkten Reichweite. Grundsätzlich muss es aber auch um mehr gehen, als den reinen Austausch der Antriebstechnologie. Das Elektroauto als reiner Drittwagen für die kurzen Wege bringt uns in Sachen Klimaschutz keinen Schritt voran. Damit Elektromobilität auf lange Sicht eine emissionsfreie Auto-Mobilität fördern kann, muss diese in ein Konzept eingebunden sein, das verschiedene Aspekte berücksichtigt: Eine Verringerung der Fahrzeuganzahl insgesamt sowie die Produktion von Fahrzeugen, die mehr bieten als den Austausch des Getriebes und die sich mit anderen Verkehrsmitteln vernetzen lassen. Diese Fahrzeuge müssen ihren Platz in einem Umweltverbund finden, in dem das Auto nur noch für die Strecken zuständig ist, die effizient nicht anders bedient werden können. Bis dahin ist es noch ein langer Weg, aber den Anfang müssen wir jetzt machen.

Letztlich ist klimafreundliche Mobilität saubere Mobilität.  Dabei ist nicht nur CO2 eine relevante Größe beim Klimaschutz. Auch die anderen Schadstoffe, die bei der Verbrennung von fossilen Kraftstoffen entstehen, wirken sich negativ auf den Klimawandel aus. Dazu zählen in erster Linie Rußpartikel. Ruß gilt als zweitstärkster Klimatreiber nach CO2. Darüber hinaus tragen Schadstoffe, allen voran Partikel und Stickoxide, zur Luftverunreinigung bei. Diese belasten in hohem Maße die Gesundheit zahlloser Menschen in Ballungsräumen und Städten.

Doch obwohl die  Technik zur Vermeidung von Rußemissionen längst vorhanden ist, sind leider noch immer Fahrzeuge ohne Partikelfilter im Einsatz. Und das obwohl es eine staatliche Förderung für die Nachrüstung in Höhe von 260 Euro für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge gibt. Die Einführung von Umweltzonen hat vielerorts bereits die Situation verbessert, aber es ist noch einiges zu tun. Auch im Hinblick auf Stickoxide ist der Dieselantrieb als Hauptverursacher zu benennen. Neue Fahrzeuge der Eurostufe 6, die den Grenzwert für Stickoxidemissionen noch einmal deutlich herabsetzt, sind leider kein Garant für emissionsarmes Fahren, da die Fahrzeuge die Grenzwerte im realen Betrieb auf der Straße weit überschreiten. Hier ist der Bund gefordert, die Umweltzonenregelung weiterzuentwickeln und so den Kommunen die Möglichkeit zu geben, hoch belastete Regionen nur noch für saubere Fahrzeuge frei zu geben. Eine Möglichkeit ist die Einführung einer blauen Plakette und die Erweiterung der Umweltzone. Somit wären Fahrzeuge mit niedrigen Stickoxidemissionen gekennzeichnet und deren Einfahrt in eine Umweltzone geregelt.  

Eine stärkere Beachtung von Klimaschutz und Luftreinhaltung in der städtischen Verkehrsplanung wird positive Auswirkungen auf die Lebensqualität in den Städten haben. Mehr Raum für den Menschen, mehr Sicherheit unterwegs, weniger Verkehrslärm, saubere Luft – all dies sind Aspekte einer lebenswerten Stadt, die zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Dorothee Saar leitet seit 2011 den Bereich Verkehr und Luftreinhaltung bei der Deutschen Umwelthilfe. Dort befasst sie sich zusammen mit Ihrem Team mit den Themen Klimaschutz, Luftreinhaltung und Fahrzeugklimatisierung.




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