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Genossenschaftlicher Mieterstrom auch in Berlin

So schön ist Mieter-Solarstrom: Im südlich von Heidelberg gelegenen Nußloch errichtete die Heidelberger Energiegenossenschaft (HEG) 2013 auf sieben Mehrfamilienhäusern Photovoltaikanlagen. (Foto: © Heidelberger Energiegenossenschaft HEG)
So schön ist Mieter-Solarstrom: Im südlich von Heidelberg gelegenen Nußloch errichtete die Heidelberger Energiegenossenschaft (HEG) 2013 auf sieben Mehrfamilienhäusern Photovoltaikanlagen. (Foto: © Heidelberger Energiegenossenschaft HEG)

Sie wurde gegründet, um sich am Stromnetz zu beteiligen – doch solange das Vergabeverfahren sich hinzieht, schiebt die Bürgerenergie Berlin ein Projekt an, das zur dezentralen Energiewende beiträgt und ein Gewinn für alle Beteiligten werden kann. Eine Wohnungsgenossenschaft könnte die Partnerin sein.

16.12.2015 – Das Haus im Stadtteil Friedrichshain liegt günstig, fast direkt an Berlins zentraler Schienentrasse und deshalb kaum verschattet. Die Bürgerenergie Berlin (BEB) macht sich nun Hoffnung, dort ihr erstes Mieterstromprojekt anzusiedeln. In der Energiegenossenschaft ist das Bedürfnis entstanden, schon mal was für die dezentrale Energiewende zu tun, während sich das Rennen um das Stromnetz, für das die BEB gegründet wurde, so krass verzögert.

Mit dem Modell „Mieterstrom“ wird günstiger Strom erzeugt, der nicht die Netze belastet und zudem die Energiewende auch Menschen näherbringt, die sonst nichts mit dem Thema zu tun haben. Dabei pachtet der Stromanbieter ein Dach, auf dem er Strom erzeugen darf, mit dem er die Wohnungen im Haus beliefern kann, wobei Netzgebühr und Stromsteuer nicht anfallen. Diesen Ansatz wählte die BEB, um schon mal in der Stadt Flagge zu zeigen und jenen Mitgliedern eine Handlungsmöglichkeit zu geben, die lieber heute als morgen Geld in lokale Energiewendemaßnahmen stecken. Sie hat nun die Wohnungsgenossenschaft als potenzielle Partnerin gefunden, der besagtes Haus gehört, die allerdings noch nichts zu dem Thema sagen will, da sie es noch nicht intern behandelt hat.

Die BEB ist da schon viel weiter. Dort gibt es eine Arbeitsgruppe, die sich dem Thema widmet und technischen Sachverstand vereint. „Wir wollen Verbrauch und Erzeugung zusammenbringen“, sagt Vorstand Luise Neumann-Cosel zur Motivation. Photovoltaikstrom ins städtische Netz einzuspeisen sei ohnehin nicht mehr rentabel. Und die Bewohner von Häusern, auf denen Sonnenstrom produziert wird, würden für die Bedürfnisse der Energiewende sensibilisiert, wenn sie merken, zu welchen Tageszeiten die Stromproduktion möglich ist, und richteten eventuell ihren Verbrauch ein bisschen danach.

In welche Himmelsrichtungen die Paneele auf dem ins Auge gefassten Gebäude ausgerichtet werden würden, ist noch unklar. Aber zur möglichen Leistung und den nötigen Investitionen gibt es schon Planzahlen: 160 Kilowattpeak, 150.000 Kilowattstunden pro Jahr, 230.000 Euro Investitionskosten. Das Geld will die BEB zu einem Drittel aus ihrem Geschäftsguthaben (das rund 800.000 Euro beträgt) nehmen und zu zwei Dritteln als Darlehen ihrer mittlerweile 900 Mitglieder. Dieses Konzept wurde auf der Generalversammlung am 8. Dezember fast einstimmig angenommen. Der Strom soll deutlich billiger als der des Grundversorgers sein. Damit das Konzept richtig funktioniert, sollten aber 70 Prozent der Haushalte mitmachen, sagte ein Mitglied der BEB-Arbeitsgruppe bei der Generalversammlung. Als möglich wird angesehen, dass das Haus mit 260 Wohnungen und 16.000 Quadratmetern Wohnfläche 60 Prozent des dort erzeugten Stroms verbraucht (da Verbrauch und Nachfrage nicht parallel verlaufen, wird auch Strom ins Netz eingespeist werden) und letztlich einen Eigenversorgungsgrad von 25 Prozent erreicht. Stromanbieter wäre die BEB gemeinsam mit dem Ökostromanbieter EWS, der nicht nur seine Erfahrung, sondern auch Geld in das Projekt einbringen will.

Beratung erhält die BEB jetzt schon aus Heidelberg. Dort gibt es bereits so ein Projekt. Im südlich von Heidelberg gelegenen Nußloch errichtete die Heidelberger Energiegenossenschaft (HEG) 2013 auf sieben Mehrfamilienhäusern Photovoltaikanlagen. „Die Energiewende kommt so bei Leuten an, die sonst nichts damit zu tun haben“, sagt auch HEG-Vorstand Nicolai Ferchl. Er hebt drei Beteiligungsmöglichkeiten hervor: Die Bewohner der Häuser können Genossenschaftsmitglieder werden und so über die Anlage mitbestimmen; sie können dem Projekt Geld leihen und somit Gewinn machen; und sie können den – auch langfristig günstigen – Ökostrom selbst beziehen. Die drei Optionen sind unabhängig voneinander.

Allerdings konnte die junge HEG, die aus einer studentischen Initiative hervorgegangen sei, aus Ressourcengründen bisher noch nicht viel Werbung machen, sagt Ferchl. Nur rund zehn Prozent der Wohnungen würden heute mit Strom vom eigenen Dach versorgt. Demnächst sollen die Werbemaßnahmen verstärkt werden. Die HEG betreibt die Anlage alleine, und da zumindest gibt es keine Probleme, hält Ferchl fest: „Es funktioniert alles wunderbar.“ Ralf Hutter


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