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AKW Fessenheim: Reaktor außer Kontrolle

Zunächst versprach Frankreichs Präsident François Hollande, das Kernkraftwerk Fessenheim Ende 2016 vom Netz zu nehmen, doch nun ist auch von 2017 und 2018 die Rede. Zuletzt sprach Frankreichs Umweltministerin Ségolène Royal davon, Fessenheim erst sti
Zunächst versprach Frankreichs Präsident François Hollande, das Kernkraftwerk Fessenheim Ende 2016 vom Netz zu nehmen, doch nun ist auch von 2017 und 2018 die Rede. Zuletzt sprach Frankreichs Umweltministerin Ségolène Royal davon, Fessenheim erst stillzulegen, wenn das neu gebaute AKW Flamanville in der Bretagne ans Netz geht. (Foto: Florival fr, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Centrale_nucl%C3%A9aire_de_Fessenheim2.jpg=

Im April 2014 ist es im französischen AKW Fessenheim nahe der deutschen Grenze zu einem Unfall gekommen: Teile der Anlage waren überschwemmt, Steuersysteme fielen aus. Der Reaktor ließ sich vorrübergehend nicht steuern, es kam zur Notabschaltung.

05.03.2016 – Ursache des Unfalls war ein verstopfter Abfluss, Kühlwasser lief über und führte zu einem Wassereinbruch in mehreren Ebenen des Gebäudes. Auch Schaltschränke waren betroffen, in denen Sicherheitselektronik untergebracht war. Nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung und des WDR führte dies zu einem Störfall, der vermutlich zu einer neuen Reaktorkatastrophe hätte führen können. Es sei eine „Abfolge von technischem Versagen und Chaos“ gewesen, so das Rechercheteam.

Nachzulesen sind die Ereignisse aus dem Frühjahr 2014 unter anderem in Briefen der französischen Atomaufsichtsbehörde ASN an den Chef des Kernkraftwerks und den Betreiber EDF. Nachdem aufgrund des Wassereinbruchs Alarm ausgelöst wurde, versuchte das Personal die Steuerstäbe von Reaktor 1 zu bewegen, um die Kernreaktion zu verlangsamen. Diese waren aber offenbar manövrierunfähig oder zumindest „nicht schlüssig“ zu steuern. Zudem erkannten die AKW-Mitarbeiter, dass der Wassereinbruch in den Schaltschränken eines der beiden parallelen Sicherheitssysteme des Reaktors funktionsunfähig gemacht hatte.

Ungewöhnliche Notabschaltung

Ein schnell einberufenes Krisenteam entschied sich für die Abschaltung des Reaktors, was allerdings nicht so einfach möglich war. Das normale Vorgehen hätte vorgesehen, die Steuerstäbe in den Reaktorkern fallen zu lassen und so eine Abschaltung vorzunehmen. Ob das System einsatzfähig war, ist unbekannt. Das Personal muss aber starke Bedenken gehabt haben, denn die Notabschaltung erfolgte anders als vorgesehen durch die Einleitung von Bor ins Kühlsystem.

„Das Ereignis zeigt, dass die betriebliche Abschaltung nicht mehr möglich war, sodass andere Mittel in Angriff genommen werden mussten“, zitiert die Süddeutsche Zeitung den Atomexperten Manfred Mertins, der seit Jahrzehnten als Sachverständiger für Kernreaktoren arbeitet. Ihm sei kein Fall bekannt, bei dem ein Leistungsreaktor in Westeuropa durch einen Störfall mit Bor heruntergefahren werden musste.

„Sehr ernstes Ereignis“

Auch die Notabschaltung mit Bor lief laut ASN nicht ganz reibungslos. Das Wasser im inneren Kühlkreislauf kühlte erkennbar stärker ab als vorgesehen. Atomexperte Mertens geht davon aus, dass der Temperaturfehler ein Zeichen dafür ist, dass die Mannschaft minutenlang keine Informationen über den Zustand des Reaktors hatte. Er spricht von einem sehr ernsten Ereignis. Dennoch verschwiegen die französischen Atomaufseher und EDF der Öffentlichkeit die dramatischen Vorgänge. Die sogenannte „Notborierung“ wurden nicht einmal der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA mitgeteilt.

Das AKW Fessenheim steht seit Jahren sowohl in Frankreich als auch in Deutschland in der Kritik, denn das älteste französische Atomkraftwerk genügt neuesten Sicherheitsanforderungen nicht mehr. Die beiden Druckwasserreaktoren aus den 1970er Jahren liegen direkt an der deutschen Grenze und nur gut 20 Kilometer von der Freiburger Innenstadt entfernt. Zudem liegt die Anlage acht Meter tiefer als der nahe gelegene Rheinseitenkanal in einem Erdbebengebiet und ist gegen Überflutungen nur unzureichend geschützt. Einen endgültigen Termin für die Stilllegung der Reaktoren gibt es noch nicht, womöglich laufen diese noch bis das AKW Flamanville in der Bretagne ans Netz geht – frühestens 2018. cw


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