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Trumps Klima-Gegenspieler: Staaten, Städte, Unternehmen

Wer kann US-Präsident Trumps rückwärtsgewandte Klima- und Energiepolitik stoppen? Ambitionierte Bundesstaaten, US-Großstädte und internationale Konzerne blasen zum Angriff. Energieexperten blicken trotz Trumps markiger Worte optimistisch in die Zukunft.

02.03.2017 – Der Clean Power Plan, Obamas stärkstes Werkzeug zur Reduzierung der US-Treibhausgasemissionen, ist faktisch tot, eine Transparenz-Vorschrift für die Öl- und Gasindustrie bei Geschäften im Ausland aufgehoben und die Regelung zum Schutz von Flüssen vor dem Abfall der Kohleindustrie rückgängig gemacht. Die Bilanz von US-Präsident Donald Trump nach wenigen Wochen im Amt ist erschreckend. Zudem hat er mit Rick Perry und Scott Pruitt zwei Klimawandelskeptiker zu den Leitern des Energieministeriums und der mächtigen nationalen Umweltbehörde EPA berufen. Ein Haushaltsentwurf sieht Kürzungen bei der EPA von 25 Prozent und tausende Entlassungen vor. Auch die umstrittenen Öl-Pipelines KeystoneXL und Dakota Access sollen nun gebaut werden.

Auf den ersten Blick scheint Optimismus also nicht angebracht, Untergangsszenarien schießen einem eher in den Kopf. Dennoch sind Energieexperten wie Heidi VanGenderen, ehemalige Direktorin für Außenbeziehungen im US-Energieministerium, optimistisch und verweisen auf die begrenzte Macht des US-Präsidenten. Trump könne die Energiewende und den Kampf gegen den Klimawandel zwar verlangsamen, aufhalten könne er die Prozesse aber nicht, schließt sich VanGenderen der fast einhelligen Meinung liberaler Beobachter an. Ein Grund sind die US-Bundesstaaten, die mehr Macht als die deutschen Bundesländer besitzen. 37 der 50 Staaten besitzen Ausbauziele für Erneuerbare Energien, knapp 20 zudem Effizienzziele und Vorgaben zur CO2-Reduktion.

Kalifornien will Macht nutzen

Vorreiter in Sachen Klima- und Umweltschutz ist Kalifornien und deren demokratischer Gouverneur Jerry Brown, der keinen Hehl aus seiner Verachtung für den neuen Präsidenten macht. Der Westküstenstaat ist als sechstgrößte Wirtschaftsmacht der Welt mächtig und entschlossen den „California effect“ zu nutzen. Dieser geht so: Beschließt Kalifornien wie in den 1980er Jahren strenge Grenzwerte für Pkw-Abgase, muss die Industrie reagieren und effizientere Autos für den wichtigen Markt entwickeln – im Endeffekt profitieren auch die anderen Staaten. Damals zog der US-Kongress nach und übernahm die strengen Standards. Einzelne Bundesstaaten fungieren oft als innovative Labore für ehrgeizige Themen, erzählt Rolf Nordstrom, Präsident der NGO Great Plains Institute aus Minneapolis. Sind sie erfolgreich, gibt es nicht immer aber oft genug eine flächendeckende Übertragung.

Und selbst wenn der republikanisch dominierte US-Kongress nicht mitspielen sollte, gehen viele Staaten unbeirrt ihren Weg: Kalifornien will bis 2030 einen Anteil von 50 Prozent Erneuerbare Energien am Strommix erreichen und seine Emissionen um 40 Prozent senken. Ähnliche Pläne haben große Staaten wie New York, Oregon, Washington und Colorado. Kleinere Staaten wie Hawaii oder Vermont geben sich sogar noch ehrgeiziger. Längst sind auch Republikaner von den Vorteilen der Wind- und Solarenergie überzeugt. Die größten Windkapazitäten finden sich im tiefkonservativen Texas, Oklahoma und Iowa und große Solarparks in North Carolina, Arizona und Utah. Mitte Februar appellierte eine Allianz aus 20 Gouverneuren – acht Republikaner und 12 Demokraten – an den neuen Präsidenten, Erneuerbaren Energien zu unterstützen und deren wirtschaftlichen Vorteile und Arbeitsplätze anzuerkennen.

„Der Zug ist bereits abgefahren“

„Obwohl der Clean Power Plan politisch tot erscheint, hat er eine wichtige Diskussion in vielen Bundesstaaten ausgelöst“, so Nordstrom, der etliche Staaten bei der Umsetzung berät. Der wirtschaftliche Umschwung durch die Erneuerbaren Energien sei ohnehin nicht mehr aufzuhalten, sagen unabhängige Energieexperten nahezu einhellig. Der Betrieb von Kohlekraftwerken im Westen der USA koste im Durchschnitt 30 US-Dollar pro Megawattstunde (MWh), rechnet Nordstrom vor. Neue Windparks an günstigen Standorten – und da gibt es nicht zu wenige – lassen sich dagegen für 15-25 US-Dollar pro MWh errichten. Ein enormer Unterschied und neben billigem Fracking-Gas der Hauptgrund für das Sterben der Kohlekraftwerke in den USA. Trump könne diese Entwicklung nicht mehr aufhalten, stellt NGO-Präsident Nordstrom fest: „Der Zug ist bereits abgefahren“.

Was für die USA die Bundesstaaten, sind für Bundesstaaten die großen Städte: Experimentierfelder für innovative und klimafreundliche Ideen. In der C40-Initiative haben sich über 80 Großstädte weltweit mit einer Bevölkerung von 600 Millionen Menschen zu Zusammenarbeit und Austausch ihrer Klimaschutzanstrengungen, zur Überwachung der Maßnahmen und ihrer Emissionen verpflichtet. 13 amerikanische Großstädte sind dabei, darunter New York, Chicago, Washington D.C., Los Angeles, San Francisco und Seattle. Acht US-Städte haben zudem im Rahmen der Carbon Neutral Cities Alliance zugesagt, ihre Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80 Prozent zu senken.

Großkonzerne machen Druck

Die dritte Säule im Kampf gegen den Klimawandel und Trumps Politik könnten internationale Konzerne sein. Der Kampagne RE100 haben sich weltweit 90 Konzerne angeschlossen, auch 32 Firmen aus den USA haben sich zum Umstieg auf 100 Prozent Erneuerbare Energien verpflichtet und machen Druck auf die Politik. Mit an Bord sind die Größen aus dem Silicon Valley, u.a. Apple, Google und Facebook, die Innovationen und die Nutzung Erneuerbarer Energien vorantreiben. Andere Tech-Unternehmen wie Microsoft sind genauso dabei wie Starbucks, Bank of America und General Motors.

Wer wird also Trumps größter Klima-Gegenspieler? „Wenn ich jemanden benennen müsste, würde ich auf Gouverneur Brown setzen“, sagte Energieexpertin VanGenderen am Mittwoch in Berlin. cw


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