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Meeresboden konserviert Plastikmüll

Weder herkömmliche noch kompostierbare Plastiktüten scheinen sich im Meeresboden durch Bakterien zu verändern. Ein Abbau des Materials stellt sich auch nach hundert Tagen nicht ein. Umso wichtiger ist die Forderung nach einem Ende der Plastiktüte.

12.02.2016 – Unsere Ozeane sind voll mit Plastikmüll. Etwa 269.000 Tonnen treiben rund um den Globus umher und lagern sich auch in den entlegensten Regionen der Erde an. Bisher wurde jedoch kaum erforscht, wie lange der Abbau von Kunststoff in den Meeren tatsächlich dauert. Es vergehen schätzungsweise 450 Jahre, bis sich eine einzige Plastikflasche zersetzt hat. Dabei kann dann aber noch nicht von einem vollständigen Abbau gesprochen werden. Kieler Meeresforscher haben daher nun die Veränderungen von handelsüblichen und von kompostierbaren Plastiktüten in zwei für den Meeresboden typischen chemischen Umgebungen analysiert.

Bakterien hätten die kompostierbare Variante zwar deutlich schneller besiedeln, jedoch nicht verändern oder abbauen können. „Ein Abbau oder auch nur eine Veränderung des Materials war bei beiden Tüten nach hundert Tagen aber nicht feststellbar“, sagt Alice Nauendorf, Meeresbiologin und Erstautorin der Studie. Das Forscherteam verwendete für die Untersuchung Sedimentproben aus der Eckernförder Bucht in der westlichen Ostsee. Dabei lagert sich typischerweise nur in den oberen Schichten Sauerstoff ein. Abhängig von der Sedimentschicht kommen unterschiedliche Bakterienarten im Meeresboden vor.

Weder Gewichtsabnahme noch chemische Veränderung

Beim Experiment wurden die beiden Tütensorten für einen Zeitraum von hundert Tagen jeweils in sauerstoffhaltigen und sauerstoffarmen Sediment eingelagert. Die herkömmlichen Plastiktüten bestanden dabei aus Polyethylen, also dem weltweit am meisten verwendeten Kunststoff. Die kompostierbaren Tüten setzten sich aus biologisch abbaubarem Polyester, Maisstärke sowie weiteren Stoffen zusammen. Das Material beider Tüten hat sich jedoch innerhalb des Versuchszeitraums nicht verändert. „Es gab weder eine Gewichtsabnahme noch chemische Veränderungen“, sagt die Hauptautorin der Studie Tina Treude. „Demnach hat also kein Abbau stattgefunden“, so Treude weiter.

Jedoch wurden die beiden Tütensorten unterschiedlich stark von den Bakterien besiedelt. „Wir konnten deutlich sehen, dass die kompostierbaren Tüten stärker mit Bakterien besiedelt waren – in den sauerstoffhaltigen Schichten fünfmal stärker, in den sauerstofffreien Schichten sogar achtmal stärker als die Polyethylen-Tüte“, sagt Nauendorf. Offensichtlich ist dies jedoch keine Garantie für die chemische Umsetzung eines Stoffes. Die Forscher der Studie haben daher die Befürchtung, dass der Meeresboden als eine Art Langzeitdeponie für Plastikmüll werden könnte.

Ende der Plastiktüte in Deutschland jedoch vorerst verhindert

Obwohl die Verringerung des Plastikmüllaufkommens so wichtig ist, gibt es aus Deutschland bezüglich einer gesetzlichen Regelung zur Einschränkung von Plastiktüten schlechte Nachrichten. Eigentlich steht das Wegwerfprodukt seit April 2015 aufgrund einer europäischen Richtlinie vor dem Ende. Länder wie Irland oder Dänemark gehen mit gutem Beispiel voran und haben bereits gesetzliche Maßnahmen zur Vermeidung verabschiedet. So wurde in Irland eine Abgabe in Höhe von 22 Cent pro Tüte eingeführt, wodurch der pro Kopf Plastiktütenverbrauch von 328 Stück auf nunmehr 16 reduziert werden konnte.

Umweltministerin Barbara Hendricks plant statt einer verbindlichen Lösung jedoch lieber eine freiwillige Vereinbarung mit dem Handel. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert an diesem Vorhaben, dass der Verbrauch von Plastiktüten dadurch nicht signifikant gesenkt werden wird und fordert daher die Einführung einer gesetzlich festgelegten Abgabe in Höhe von mindestens 22 Cent.

„Ausgerechnet mit dem bisher in der Umweltpolitik ausnahmslos gescheiterten Instrument der ‘freiwilligen Selbstverpflichtung‘ will nun das BMUB die Plastiktütenflut stoppen“, kritisiert der DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Er hält den Vorschlag eher für eine Verschleierungsaktion. „Er sieht weder vor, eine konkrete Höhe des Preises für Plastiktüten festzulegen, noch soll es Sanktionsmaßnahmen geben, falls sich Händler nicht an die Selbstverpflichtung halten“, so Resch weiter. Es bleibt zu hoffen, dass auch noch in Deutschland eine gesetzliche Lösung zur Reduzierung der Plastiktüten herbeigeführt wird. Die Ergebnisse der Kieler Meeresforscher zeigen, dass die Verschmutzung der Ozeane durch Plastiktüten noch viele zukünftige Generationen beeinflussen wird. jk


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Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Thomas 12.02.2016, 13:18:59

+140 Gut Antworten

Was sind schon 100 Tage. Müssen sie halt mal länger hinschauen.

Und also ob ein Plastiktütenverbot im müllverbrennenden Deutschland irgendeine signifikante Auswirkung auf den Plastikbestand im Meer hätte, während in der Türkei und im nahen Osten sich kein Schwein drum schert, was mit deren Müll passiert. Es geht hier nur ums Geldmachen und ums Vorgaukeln eines grünen Gewissens. Die haben doch alle ein Rad ab.


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