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Mode aus Schlachtabfällen

Besonders weich: Strickjacke aus Angorawolle. (Bild: © Walker/ pixelio.de)
Besonders weich: Strickjacke aus Angorawolle. (Bild: © Walker/ pixelio.de)

Aus Knochen und Sehnen von Tierkadavern lässt sich eine Faser herstellen, die gute Materialeigenschaften besitzt. Zu Garn versponnen, ist sie warm und ausgesprochen weich, ähnlich der Angorawolle. Eine Maßnahme gegen die Lebensmittelverschwendung?

19.07.2015 – Schlachtabfälle in Hosen, Hemden und Mützen verwandeln – das klingt für viele recht eklig. Wissenschaftler Philipp Stössel von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich hat hier jedoch keine Berührungsängste und forscht genau an diesem Thema. Denn Knochen, Sehnen und Tierhaut lassen sich zu Gelatine verarbeiten – und daraus wiederum kann Stössel wolleartiges Garn herstellen.

Die Entdeckung könnte auch ethische Diskussionen auslösen. Denn in Europa fallen jedes Jahr gewaltige Mengen an Schlachtabfällen an, die nicht weiterverwertet werden. Eine enorme Verschwendung. Wäre also ihre Verarbeitung zu Mode sinnvoll? Andererseits stellt sich die Frage, ob man überhaupt diese riesigen Mengen an Fleisch zu Billigstpreisen produzieren sollte. Weniger Schlachtungen bedeuten auch weniger Abfälle.

Stössel, am Institut für Chemie und Bioingenieurwissenschaften angesiedelt, sucht jedenfalls nach Möglichkeiten, die Reste der Kadaver weiterzuverwerten. Und so geht´s: Zunächst wird Gelatine hergestellt. Diese wird dann mit Wasser und einem Lösungsmittel gemischt und durch winzige Düsen gedrückt. Dabei entstehen dünne Fasern, die sich zu Garn verzwirnen lassen. Diese fühlen sich laut Doktorand Stössel sehr weich an und sehen aus wie Schafswolle.

Das Besondere an den Fasern: Sie enthalten Mini-Hohlräume, die mit Luft gefüllt sind – die perfekte Isolation. So hält die „Fleischwolle“ besonders warm und ist gleichzeitig sehr fein, ähnlich der teuren Angorawolle, die aus Kaninchenhaaren hergestellt wird. Die genauen Eigenschaften seines neuartigen Garns will Stössel in den kommenden Wochen weiter untersuchen.

Ob die Erfindung zum Erfolg wird, bleibt abzuwarten – auch bei möglicherweise sehr guten Materialeigenschaften. So manch einer dürfte wohl Ressentiments gegen die „Fleischmode“ haben. Denn was man in den Mund nimmt, will man nicht unbedingt auf der Haut haben. Und so hat auch Lady Gagas Fleischkleid, das sie auf den MTV Video Awards 2010 trug, für Aufsehen und nicht wenig Empörung gesorgt. rr


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