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„Platz schaffen für Neues“

Das portable USB-Ladegerät Blue Freedom Portable kann an Fließgewässern aufgeladen werden. (Quelle © Blue Freedom)
Das portable USB-Ladegerät Blue Freedom Portable kann an Fließgewässern aufgeladen werden. (Quelle © Blue Freedom)

Das Spektrum von Startup-Unternehmen mit neuen Produkten und Geschäftsideen im Bereich der Energiewende ist breit, doch etliche werden ausgebremst weil die Rahmenbedingungen nicht passen. Das zeigte das Fachgespräch „Energie 4.0: Neue Impulse für die Energiewende“ der grünen Bundestagsfraktion.

31.03.2017 – „Es muss darum gehen, Innovationen bei der Energiewende zu fördern und zuzulassen, nicht auszubremsen“, unterstrich Oliver Krischer, stellvertretender grüner Fraktionsvorsitzender. Um das Innovationspotenzial auszuloten und den politischen Unterstützungsbedarf zu diskutieren luden die Bündnisgrünen gut zwei Dutzend Startups aus dem Strom- und Wärmebereich zu dem Fachgespräch „Energie 4.0 – neue Impulse für die Energiewende“ in den Bundestag ein. Die Vielfalt an innovativer Technik und Geschäftsideen ist beeindruckend, die Liste hemmender Rahmenbedingungen allerdings lang, lautete das Fazit.

Heizkosten halbieren

Entscheidend ist eine Reform der Regulierung, die es ermöglicht dezentral Flexibilitätspotenziale zu nutzen, brachte es Andreas Häger, Gründer von Vestaxx auf den Punkt. Das Berliner Start-up entwickelte ein neuartiges Fensterheizungssystem, das verspricht die Gesamtheizkosten zu halbieren und konventionelle Heizsysteme zu ersetzen. Angeboten wird es für neue Einfamilienhäuser laut Häger ab 5.000 Euro. Entwickelt wurde die fensterintegrierte Stromheizung, die mit einer PV-Dachanlagen und Hausbatteriespeicher kombiniert werden kann, aus den früheren Erfahrungen der Firmengründer im Bereich der Dünnschichtphotovoltaik. Die Wärmeverluste nach „Wir erwarten von der Politik keine Benachteiligung beim Einsatz von 100 Prozent nachhaltig erzeugtem Strom für Stromdirektheizungen im Gegensatz zu fossilen Energieträgern“, sagte Häger. Für ein Mieterstromgesetz, das auch bereits bestehende Projekte fördert und so mehr Mieter zum Mitmachen bewegt, sprach sich Lena Cielejewski von Prosumergy aus. Das Kasseler Start-up ist Lieferant von solarem Mieterstrom. „Ein ambitioniertes Mieterstromgesetz muss auch Quartierlösungen sowie Mieterstrom für Gewerbe- und Industriebauten fördern“, ergänzte Julia Verlinden, energiepolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion.

Crestmill als Firstziegel

Die Kleinwindkraftmodule mit je 50 Watt können als Firstziegel in Dächer integriert werden. (Quelle: © Crestmill)

Einig waren sich die versammelten Start-ups und Bündnisgrüne auch mit ihren Forderungen nach einem ambitionierten Gebäudeenergiegesetz, reduzierten Netzentgelten für eine dezentrale Eigenversorgung, einem vereinfachten Speicherrecht, einem beschleunigten Kohleausstieg sowie einer Abschaffung der Deckelung erneuerbarer Energien. Zielten doch viele der präsentierten Innovationen, wie eine dachintegrierte Kleinwindkraftanlage auf eine weitere Elektrifizierung ab. Hierbei werden die je 50 Watt starken Crestmill Module wie herkömmliche Firstziegel auf dem Dachfirst befestigt. Aufgrund der geringen Bauhöhe und der farblichen Anpassung fügen sich die Module laut Firmengründer Rainer Marquardt unauffällig in das Erscheinungsbild des Daches ein. Genauere Angaben zur Wirtschaftlichkeit des Systems sowie den erforderlichen Windgeschwindigkeiten konnte Marquardt allerdings noch nicht machen. Er entwickelte die Module in Kooperation mit der HTW und der TU Berlin. Ein erster Prototyp wird derzeit beim Rangsdorfer PV-Montagesystemhersteller Mounting Systems getestet.

Portable Wasserkraft

Ebenfalls in Erprobung ist die Flugwindkraftanlage Enerkite sowie das transportable Kleinwasserkraftwerk Blue Freedom Kinetic. Es kann flache Gewässer mit hoher Fließgeschwindigkeit nutzen, erfordert keine Veränderungen des Flußbettes und gilt als fischfreundlich. Befestigt wird es auf schwimmenden Pontons, die mit Seilen am Ufer vertäut werden. Derzeit wird ein Prototyp mit einer Breite von 2,30 Meter und einer Länge von 4,50 Meter von den Stadtwerken Wörgl in Tirol erprobt. Vertrieben wird bereits das USB-Ladegerät Blue Freedom Portable. Das Mini-Wasserkraftwerk für den Rucksack sieht aus wie ein flaches Ufo mit integrierten Rotorblättern. Es wiegt 690 Gramm und hat einen Durchmesser von 22 Zentimeter. Die herausnehmbaren Mini-Rotorblätter werden in ein Fließgewässer gehalten und dabei per Kabel und Gehäusegriff festgehalten bzw. am Uferrand fixiert. Das Blue Freedom Portable besitzt eine Speicherkapazität von 5000 mAh (Milli-Ampere-Stunden) und zeichnet sich laut Firmenchef Benedikt Schröder durch schnelle Ladevorgänge aus. „Wir sehen ein großes internationales Interesse, vor allem aus Off-Grid Regionen sowie bei Katastropheneinsätzen in wasserreichen Ländern wie Nepal“, berichtete Schröder. Er forderte ebenso wie Alexander Bormann von Enerkite eine unbürokratischere Förderung von kleinen Start-ups, um solchen Innovationen noch mehr Schubkraft zu verleihen.

Schon erfolgreich am Markt ist der virtuelle Großspeicher von Caterva, der mit Photovoltaik gekoppelte Hausbatteriespeicher zur Erbringung von Regelleistung vernetzt. Im Aufbau ist die Strom Dao (Decentraliced autonomous organization), eine Einkaufsgemeinschaft von Stromkunden, die die Blockchain Technologie nutzt, um Eigenversorgung zu ermöglichen. Erneuerbaren Bürgerstrom haben die Heidelberger Bürgerwerke im Fokus, ein Zusammenschluss von 68 lokalen Energiegenossenschaften und 12.000 Bürgern.

Selbstlernender Thermostat für Büros

Service aus einer Hand von der Fördermittelbeantragung bis zum Einbau von Brennstoffzellenheizungen mit eigenen Installateuren bietet der Heizungsbauer Thermondo. „Uns geht es vor allem darum, die energetische Modernisierungsrate zu beschleunigen“, so Unternehmenssprecher Johannes Kunath. 600 Installateure hat Energieheld bundesweit unter Vertrag. Der Fachbetrieb für energetische Sanierung aus Hannover versteht sich auch als „Kommunikator der Energiewende“, so Sprecher Sebastian Zahn. 15.000 Besucher täglich zähle die Energieheld-Webseite mit gut 100 Sanierungsanfragen pro Tag, so Zahn. Das Energiemanagement von Büros hat Vilisto im Blick. Das Hamburger Jungunternehmen hat einen selbstlernenden Heizungsthermostat mit Präsenzerkennung für Büroräume entwickelt. Er funktioniert laut Geschäftsführer Christoph Berger ohne das Aufspielen von Software und ist benutzerfreundlich.

„Es geht nicht nur darum, die Erneuerbaren Energien für Strom und Wärme auszubauen und Energieeffizienz voranzutreiben, sondern wir müssen auch die alte Energiewirtschaft abschalten und Platz schaffen für Neues“, unterstrich Verlinden zum Abschluss des Fachgesprächs. Hans-Christoph Neidlein


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Kommentare

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Eitel Heck 24.04.2017, 11:21:10

+138 Gut Antworten

In diesem Artikel werden sehr gute kleinflächige Beispiele für erneuerbare Energien aufgezeigt.

Aus diesen Beispielen können aber noch keine Schlussfolgerungen zur großflächigen, erneuerbaren Stromerzeugung, insbesondere mit Wind-und Solarstrom gezogen.

Der Vorstandsvorsitzende von RheinEnergie teilte in einem Interview der Bildzeitung vom 19.4.2017 mit, dass wir herkömmliche Kraftwerke noch zwei-bis drei Jahrzehnte brauchen, solange wir keine bezahlbaren Groß-und Langzeitspeicher haben.

Die Bundesregierung muss sich dem jeweiligen Arbeitsstand stellen und Korrekturen bei der Energiewende vornehmen.

Die in diesem Portal von der Wirtschaftswissenschaftlerin, Prof: Kemfert, und von grünen Politikern geübte Kritik an der Bundesregierung hinsichtlich eines weichgespülten Klimaprogramms zeigt aus meiner Sicht keinen ausreichenmden Sachverstand.


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