Menü öffnen

Umweltministerium will nationale Stickstoff-Strategie

Mit 200 Millionen Tonnen Gülle aus der Massentierhaltung und Gärreste aus Biogasanlagen gelangt jährlich mehr Nitrat ins deutschen Grundwasser als die Ökosysteme auf längere Zeit vertragen können. (Foto: Amazone GmbH & Co. KG, Wikimedia Commons, CC
Mit 200 Millionen Tonnen Gülle aus der Massentierhaltung und Gärreste aus Biogasanlagen gelangt jährlich mehr Nitrat ins deutschen Grundwasser als die Ökosysteme auf längere Zeit vertragen können. (Foto: Amazone GmbH & Co. KG, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Amazone_ZA-M_1001.jpg)

Das Umweltministerium arbeitet an einer nationalen Strategie gegen Stickstoffemissionen und will gegen eine der „drängendsten Umweltprobleme unserer Zeit“ vorgehen. Deutschland hat das Problem seit Jahren ignoriert und wird von der EU verklagt.

28.06.2016 – „Die bestehenden Minderungsmaßnahmen haben bisher nicht zu einer ausreichenden Reduzierung der Emissionen geführt“, gibt Umweltministerin Barbara Hendricks die Verfehlungen zu. Deshalb sei die Bundesrepublik mit mehreren Vertragsverletzungsverfahren durch die EU konfrontiert. Die Bundesregierung benötige eine „sektorenübergreifende integrierte Strategie, mit der wir darlegen, wie wir das Problem in den Griff bekommen wollen.“ Problematisch sind insbesondere reaktive Stickstoffverbindungen, wie Nitrat im Grund- und Oberflächenwasser oder Stickoxide und Ammoniak in der Luft.

Die jährliche Umwandlungsrate in reaktiven Stickstoff durch menschengemachte Prozesse hat sich in den vergangenen 100 Jahren in Europa vervierfacht, hauptsächlich durch die Herstellung mineralischer Dünger und die Verbrennung von Treib- und Brennstoffen. Auf Geldwerte umgerechnet, beträgt der europaweite Nutzen durch zusätzliche Ernteerträge schätzungsweise zwischen 20 und 80 Milliarden Euro pro Jahr. Die Schäden für die Gesellschaft betragen allerdings zwischen 70 und 320 Milliarden Euro. 60 Prozent davon belaufen sich auf gesundheitliche Schäden, 35 Prozent auf Schäden an Ökosystemen und 5 Prozent auf Auswirkungen auf das Klima.

Was die Bundesregierung nur ungern anspricht: Es laufen nicht nur Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Deutschland. Im Mai wurde bekannt, dass die EU-Kommission eine Klage gegen die Bundesrepublik vor dem EU-Gerichtshof eingeleitet hat. Die Bundesregierung habe zuletzt 2012 Daten übermittelt, Berichte aus jüngster Zeit zeigten eine wachsende Nitratverunreinigung des Grundwassers und der Oberflächengewässer, einschließlich der Ostsee, begründete die EU-Kommission ihren Schritt. Deutschland habe trotz der seit Jahren bekannten massiven Probleme keine strengen Gegenmaßnahmen ergriffen.

200 Millionen Tonnen Gülle pro Jahr

Besonders die hohen Nitratwerte in der Landwirtschaft durch zu viel Gülle auf den Feldern bereiten Experten Sorgen. Landwirtschaftlich intensiv genutzte Regionen Deutschlands gelten als stark überdüngt, die Nitratwerte im Grundwasser gehören zu den höchsten in der EU. Über 200 Millionen Tonnen Gülle aus der Massentierhaltung und Gärreste aus Biogasanlagen landen jährlich auf deutschen Feldern. In Seen und Meeren bewirken die Nitrate ein verstärktes Wachstum von Algen, die anderen Lebewesen kaum Platz lassen und den Sauerstoff im Wasser aufbrauchen.

Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßte die Initiative des Umweltministeriums zur Entwicklung einer nationalen Stickstoff-Strategie. Um die biologischen Vielfalt und die menschliche Gesundheit zu schützen, müsse der Stickstoffüberschuss dringend reduziert werden, fordern die Umweltschützer. „Es ist wichtig und längst überfällig, dass sich die Politik diesem drängenden Umweltproblem annimmt. Das Bundesumweltministerium muss nun zügig eine umfassende Strategie vorlegen und Minderungsmaßnahmen erarbeiten, die alle Stickstoffquellen adressiert“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. cw


Mehr zum Thema


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft