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Weniger Gifte, gleiche Erträge

Ein Farmer im US-amerikanischen Bundesstaat Utah bringt auf seinem Feld chemische Spritzmittel aus. (Foto: <a href="https://flic.kr/p/Df1fp5" target="_blank">Aqua Mechanical / flickr.com</a>, <a href="https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.en" t
Ein Farmer im US-amerikanischen Bundesstaat Utah bringt auf seinem Feld chemische Spritzmittel aus. (Foto: Aqua Mechanical / flickr.com, CC BY 2.0)

In der Landwirtschaft ist ein geringerer Einsatz von Pestiziden möglich, ohne dass dadurch zwangsläufig die Erträge leiden müssen, zeigt eine Studie. Doch die Abhängigkeit von den chemischen Mitteln ist in Deutschland nach wie vor sehr groß.

04.03.2017 – Konventionell wirtschaftende Landwirte könnten im Schnitt mehr als 40 Prozent weniger Pestizide ausbringen, ohne dass darunter ihre Ernteerträge leiden würden. Zu diesem Schluss kommen die Forscher der französischen Agrarforschungseinrichtung Institute Nationale de la Recherche Agronomique (INRA) aus Dijon. Die im renommierten Fachmagazin nature plants veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass einbrechende Ernten nicht immer als Begründung gegen den Einsatz geringerer Pestizidmengen verwendet werden können. Die Untersuchung demonstriert, dass 77 Prozent der 946 teilnehmenden landwirtschaftlichen Betriebe die Mengen der gespritzten Ackergifte reduzieren könnten, ohne dabei wirtschaftliche Schäden in Kauf nehmen zu müssen.

Großes Potenzial für Landwirtschaft

Besonders groß scheint das Potenzial bei Farmen zu sein, die einen relativ hohen Verbrauch an Pestiziden dokumentieren. Dort, wo Ernteerträge aufgrund niedrigerer Mengen Spritzmittel dennoch zurückgingen, handelt es sich vornehmlich um Betriebe die ohnehin bereits stark mithilfe des Einsatzes künstlicher Hilfsmittel wirtschaften. Es ist anzunehmen, dass deren Ackerflächen durch den Einsatz von Spritzmitteln bereits stark geschädigt sind und die Natur wichtige, ausgleichende, ökosystemare Funktionen nicht mehr ausreichend zur Verfügung stellen kann. Mit der aktuellen Studie als Grundlage hätten im Jahr 2014 von den 46.000 Tonnen in Deutschland gespritzten Pestiziden rund 20.000 Tonnen eingespart werden können.

Gute Nachrichten, schwierige Umsetzung

Das sind zunächst einmal gute Nachrichten für Mensch und Natur, denn Pestizide belasten nicht nur unsere Ökosysteme und führen zu Artensterben, sondern begünstigen auch unterschiedliche Erkrankungen sowie die Bildung verunreinigte Wasserkörper. Da die Stoffe günstig zu beschaffen sind, fällt es vielen Betrieben leicht, Pestizide einzusetzen anstatt alternative, aufwendigere Maßnahmen zu ergründen. Trotz der relativ niedrigen Kosten handelt es sich bei den Stoffen um einen nicht zu unterschätzenden Faktor für die Bilanzen der landwirtschaftlichen Betriebe. Von Jahr zu Jahr werden diese stärker von den chemischen Hilfsmitteln abhängig, da die betroffenen Ackerflächen immer weniger eigene Schutzmaßnahmen gegen Schädlinge zur Verfügung haben. Daher müssen regelmäßig große Summen aufgewendet werden, um die Erträge konstant halten zu können – ganz im Sinne von Agrarkonzernen wie Bayer CropScience, die dadurch Milliardenumsätze verbuchen können.

Jedoch sei es nicht ohne weiteres möglich, einfach komplett auf die schädlichen Hilfsmittel zu verzichten. Die Autoren der Studie betonen, dass die Umstellung der Betriebe hin zu weniger Spritzmitteln ziemlich anspruchsvoll sei. Eine größere Sortenvielfalt auf dem Acker und mehrjährigen Fruchtfolgen seien nötig, mit Hilfe derer vor allem Monokulturen vermieden werden können. Dabei werden Felder in einem vorher festgelegten Zyklus jedes Jahr mit einer anderen, im Idealfall sich gegenseitig ergänzenden Ackerpflanze bewirtschaftet. Für effiziente Fruchtfolgen benötigt der Landwirt zwar umfangreiches Wissen und hat damit Anfangs einen größeren Arbeitsaufwand. Der große Aufwand kann sich jedoch langfristig lohnen, da das Agrarökosystem dann in der Regel gesünder ist und über genügend Resilienzen verfügt, um Schädlinge auch ohne den Einsatz von künstlichen Pestiziden zu bekämpfen. Intensive Monokulturen sind dagegen besonders anfällig für Schädlinge.

Zahlreiche Umweltverbände empfehlen daher den Wechsel von einer konventionellen Bewirtschaftung von Ackerflächen zum Bio-Standard. Chemische Pestizide sind hier gänzlich untersagt, wodurch die Bio-Felder eine höhere Biodiversität aufweisen. Für Böden und Grundwasser ist die biologische Landwirtschaft ebenfalls deutlich gesünder. Kritiker halten dagegen, dass die stetig steigende Weltbevölkerung sich nicht allein durch Bio-Anbau ernähren lasse, da dieser im Schnitt deutlich weniger Erträge liefert. Wissenschaftler konnten jedoch bereits belegen, dass mit den heutzutage vorhandenen Ernteerträgen bis zu neun Milliarden Menschen ernährt werden können – die eigentlichen Probleme sind die gerechte Verteilung und die Verschwendung von Nahrungsmitteln. bm


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