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Viel Kritik an Gesetz zur Digitalisierung des Strommarktes

Der BSW Solar sieht keinerlei Notwendigkeit für eine Digitalisierungspflicht von kleinen dezentralen Stromerzeugern wie Solarstromanlagen. (Foto: Nicole Allé)
Der BSW Solar sieht keinerlei Notwendigkeit für eine Digitalisierungspflicht von kleinen dezentralen Stromerzeugern wie Solarstromanlagen. (Foto: Nicole Allé)

Das Bundeskabinett hat gestern zwei Gesetzentwürfe zur Weiterentwicklung des Strommarktes beschlossen – Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes und der Reservekraftwerksverordnung sowie Regelungen zur Digitalisierung der Energiewende.

05.11.2015 – Übereilt und unüberlegt, kontraproduktiv für die wirtschaftliche Entwicklung der Energiewende und des lokalen Energiemarktes lautet das Urteil vieler Experten. Durch das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende mit Regelungen zum Smart-Meter-Rollout, zum Datenschutz, den Sicherheitsvorkehrungen und dem Messstellenbetrieb ließen sich Stromerzeugung, Gebäude und Verkehr intelligent miteinander verknüpfen, so Bundeswirtschaftsminister Gabriel in seiner Pressemitteilung, und nur so könne die Systemintegration einer Vielzahl dezentraler erneuerbarer Energieerzeuger funktionieren.

Der jetzige Gesetzentwurf ist aus dem Weißbuch zum Strommarkt 2.0 hervorgegangen und setzt überwiegend einen überregionalen Energiemarkt – Betreibern kleiner Anlagen auch im kommunalen Bereich werden neue Hürden gestellt. Dabei wäre mit lokalen Regelungen eine so umfangreiche Kommunikationsinfrastruktur vor allem für kleine Anlagen gar nicht notwendig, urteilen die Branchenexperten.

Der BSW Solar sieht keinerlei Notwendigkeit für eine Digitalisierungspflicht von kleinen dezentralen Stromerzeugern wie Solarstromanlagen. „Es sollte beim Einbau von sogenannten Smart Metern um Wirtschaftlichkeit, Datenschutz und technische Sicherheit gehen und weniger darum, möglichst viele teure Zähler zu installieren.“ Da kleine Solaranlagen auf Eigenversorgung ausgerichtet seien, werde der erzeugte Strom hauptsächlich vor Ort genutzt und somit kaum ein weiterer Ausbau im Niederspannungsnetz notwendig sein. Keine Studie bringe den Nachweis, dass die durch Smart Meter ermöglichte Abregelung von kleinen Photovoltaik-Anlagen unter 30 Kilowatt überhaupt Einfluss auf den Netzausbau habe. Diese sollten deshalb von der Einbaupflicht ausgenommen bleiben.

Dem BEE fehlen auf dem Weg zu einem gut funktionierenden Strommarkt 2.0 nach wie vor im Strommarktgesetz einige gute Ansätze, die im Weißbuch noch verankert waren. „Dazu zählen konkrete Maßnahmen zur Flexibilisierung der Strommärkte sowie eine bessere Verbindung der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr“, kommentiert Hermann Falk, Geschäftsführer des Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE), den Entwurf. „ Wir haben Zweifel daran, ob das Strommarktgesetz für die Flexibilisierung der Regelenergiemärkte genügend Wirkung entfalten kann. Zudem gehört zu einem weiterentwickelten Strommarkt auch ein funktionierender Grünstrommarkt.“

Die Bundesregierung winke nun in Windeseile einen Gesetzesentwurf durch, kritisiert der BEE, der für Wirtschaft und Bürger richtig teuer werden könnte. „Zum Beispiel stellen die Entgelte für den Smart Meter nur einen Teil der Kosten dar; der größere Anteil ist versteckt und wird über die Netzentgelte umgelegt werden.“

Kohledeal macht Klimaschutz teurer

Der BDEW sieht im neuen Strommarktgesetz wettbewerbsschädliche Elemente, wenn etwa außerhalb des Marktes in Süddeutschland der Bau neuer Kraftwerke angereizt werden solle, damit diese als Reservekapazitäten für Versorgungsengpässe zur Verfügung stehen. Hinzu komme die faktische Aufhebung der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf von 2015, nach der die Kraftwerksbetreiber für die Bereitstellung von Reservekapazitäten eine Kompensation erhielten. Damit werden Marktteilnehmer verunsichert, mahnt der BDEW, Planungssicherheit und Investitionsbereitschaft würden dadurch wieder sinken – schlecht für die Energiewende also.

Auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert den Kabinettsbeschluss hinsichtlich der Subventionierung alter Braunkohlekraftwerke, die ohnehin stillgelegt worden wären. Mit der neu geschaffenen Kapazitätsreserve wähle die Bundesregierung den teuersten Weg, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Diese Lösung sei energiewirtschaftlich unsinnig und fordert den Bundestag auf, zusätzliche Bedingungen an die Zahlung zu knüpfen. Im Ende 2014 veröffentlichten Klimaschutzplan der Bundesregierung war für den gesamten Stromsektor eine Einsparung von 22 Millionen Tonnen CO2 jährlich bis 2020, vorgesehen. Übrig geblieben ist die beschlossene Kapazitätsreserve, mit der nur 12,5 Millionen CO2 vermieden werden. Als Kompensation zahlen die Stromkunden den Besitzern der stillgelegten Kraftwerke insgesamt 1,6 Milliarden Euro. Umgerechnet auf die Tonne vermiedenes CO2 ergebe das einen Preis von 128 Euro/Tonne. Aktuell liegt der Preis für CO2-Zertifikate an der Börse bei 8,65 Euro.

Die DUH tritt für einen nationalen Kohlekonsens ein, der einen langfristig geplanten, wirtschaftlich und sozial verträglichen Ausstieg aus der Kohleverstromung ermöglicht. Aus Sicht der DUH wäre das Geld für die Kapazitätsreserve besser in Zukunftsinvestitionen für Deutschlands Kohlereviere und die dort lebenden Menschen angelegt. na


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