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Energiespeicher von morgen aus natürlichen Rohstoffen

Weltweit tüfteln viele Forscherteams an neuen Energiespeichern für morgen und setzen dabei vermehrt auf natürliche Materialien. (Foto: Idaho National Laboratory, flickr.com, CC BY 2.0)
Weltweit tüfteln viele Forscherteams an neuen Energiespeichern für morgen und setzen dabei vermehrt auf natürliche Materialien. (Foto: Idaho National Laboratory, flickr.com, CC BY 2.0)

Viele Forscher verfolgen bei der Erforschung und Entwicklung von Energiespeichern zunehmend natürliche Ansätze und setzen auf die Natur. Sie entwickeln essbare Salzwasserbatterien, verwenden Schilf zur Leistungssteigerung, Zigarettenstummel als leitfähiges Material oder Kaffeesatz als Methanspeicher.

24.09.2015 – Auch wenn Batterien wohl nicht zum Essen hergestellt werden gibt es zumindest einen Hersteller, dessen Produkte ohne Nebenwirkungen gegessen werden können. Das amerikanische Unternehmen Aquion Energy stellt Batteriespeicher aus Kohlenstoff, Manganoxid und Salzwasser her, die anders als herkömmliche Batterien keine giftigen Stoffe enthalten. CEO Scott Pearson bewies die Umweltfreundlichkeit vor zwei Jahren sogar mit einem beherzten Biss in einen Prototyp. Die Entwicklung von Energiespeichern und vor allem neue Ideen und Konzepten boomen. Viele Entdeckungen scheitern zwar in der Praxis oder sind zu umständlich, einige lassen sich wirtschaftlich nicht realisieren. Aber die Energiespeicherforschung und Entwicklung braucht frische Ideen, die ausprobiert werden wollen.

Einige Erfindungen werden tatsächlich marktreif, wie im Fall von Aquion Energy. Die Salzwasserbatterie überzeugte sogar die Jury des ees-Awards, des Preises der größten Fachmesse für Batterien und Energiespeichersysteme in Europa. Besonders der nachhaltige und sichere Ansatz der Aqueous Hybrid Ion (AHI) Batterie findet Anklang in der Fachwelt. Denn die Batterie kommt ohne Schwermetalle oder giftige Chemikalien aus, ist offenbar nicht brennbar und nahezu unverwüstlich. Die umweltfreundliche AHI verwendet einen Elektrolyten aus Salzwasser, die Kathode besteht aus Manganoxid und die Anode aus Kohlenstoff. Einfaches Baumwollvlies dient als Seperator.

Nicht temperaturempfindlich, keine Klimaanlage

Die Salzwasserbatterie ist nicht so effizient wie herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien, besteht dafür aber aus sehr günstigen und in großen Mengen verfügbaren Materialien. Außerdem bleibt die Speicherfähigkeit selbst bei großen Temperaturschwankungen erhalten, auf Temperaturüberwachung und Klimaanlage kann verzichtet werden. Dafür liegt die volumetrische Energiedichte laut Aquion Energy zwischen zwölf und 24 Wattstunden pro Liter, was im Vergleich zu Lithium-Ionen-Batterien mit mehr als 500 Wattstunden pro Liter sehr gering ist. Die AHI ist somit keine Batterie für mobile Anwendungen, im stationären Bereich ist das Volumen allerdings nicht so kritisch, dort könnte der Kostenvorteil einiges ausgleichen.

Ein weiterer Vorteil ist die Entladungstiefe von 100 Prozent, was bei Blei- und Lithium-Ionen-Akkus zu irreversiblen Schäden führen würde. Die Kosten der nutzbaren Kilowattstunde sind bei der AHI deutlich niedriger. Die Salzwasserbatterie ist derzeit vor allem für Anwendungen mit langer Nutzungsdauer von mehr als fünf Stunden interessant, etwa für netzferne Photovoltaikanlagen oder Notstromanwendungen. Die Batteriekosten liegen im derzeitigen Entwicklungsstadium noch bei 450 US-Dollar pro Kilowattstunden, sollen bis Ende 2019 aber schrittweise auf 100 bis 200 US-Dollar reduziert werden.

Schilf verbessert Leistung von Lithium-Ionen-Akkus

Anstatt neue Batterien zu entwickeln, arbeiten ebenso viele Wissenschaftler an der Verbesserung bestehender Technologien. Dabei spielen natürliche Stoffe zunehmend eine Rolle. Ein deutsch-chinesisches Forscherteam hat nun offenbar ein Grundproblem poröser Siliziumanoden in Lithium-Ionen-Akkus gelöst. Dafür verwendeten sie normales Schilf, das in Massen an Flüssen und Seen wächst. Die wasserabweisende Pflanze besteht aus sehr fein strukturierten Silikaten, also chemischen Verbindungen aus Silizium, Sauerstoff und einem Metall. Diese Strukturen sind ideal für die Herstellung von Anoden in Batterien.

Den Forschern vom Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart und Kollegen der University of Science and Technology of China und der South China University of Technology ist es nun gelungen, die im Schilf vorhandenen Silikate in Silizium umzuwandeln. Mit einem Hochtemperaturverfahren werden Metalle und Sauerstoff herausgelöst, das Material verdichtet und die Poren kleiner und effektiver. Das hochporöse Silizium wird zuletzt mit Kohlenstoff beschichtet. Das Anodenmaterial zeichnet sich durch eine hoher spezifische Kapazität, eine sehr gute Aufladerate und Zyklusstabilität aus

Recycling von Zigarettenstummel als leitfähiges Material

Anfang August hatten US-Wissenschaftler von der Ohio State University bereits von der Weiterentwicklung der weltweit ersten Solarbatterie berichtet, die 20 Prozent effizienter sein soll als herkömmliche Lithium-Ionen-Akkus. Wie sie im Fachblatt Journal of the American Chemical Society darlegten, handelt es sich dabei um eine Solarzelle und eine Batterie in nur einem Gerät. Mithilfe einer Farbstoffsolarzelle (Grätzel-Zelle) und u.a. einem Elektrolyt aus Wasser und Lithiumiodid könnte die Erfindung bei entsprechender Weiterentwicklung eine günstige, umweltfreundliche und zugleich hochenergetische Speichermöglichkeit für Energie werden.

Einen Recyclingansatz verfolgen dagegen Forscher der Seoul National University in Südkorea. Sie stellten aus alten Zigarettenfiltern ein Material her, mit dem sie Superkondensatoren in Batterien umhüllten. Zu ihrem Erstaunen erhielten sie so eine deutlich bessere Leitfähigkeit als mit dem bisher verwendeten Kohlestoff. Das Verfahren zur Herstellung ist dabei ein sehr einfacher Prozess. Eine spezielle Brenntechnik namens Pyrolysis macht aus Zigarettenstummeln ein sehr leitfähiges Material und könnte einen Beitrag zum Umweltschutz leisten.

Kaffeesatz als Methanspeicher

Auf eine ähnliche Idee der Abfallverwertung kamen Wissenschaftler ebenfalls aus Südkorea von der Pohang University of Science and Technology während ihrer Kaffeepause, doch diesmal ist das Abfallprodukt selbst der Speicher. Die Forscher erhitzten in Kalilauge getränkten Kaffeesatz auf 700 bis 900 Grad Celsius und schufen so eine Art Aktivkohle, die Methan einfangen und binden kann. Der behandelte Kaffeesatz kann sieben Prozent des eigenen Gewichts an Methan speichern und bleibt bei Zimmertemperatur stabil.

Die Forscher wittern großes Potenzial, denn der Ausgangsstoff ist so gut wie kostenlos, fällt in großen Mengen als Abfallprodukt an und weist eine gute Absorptionsfähigkeit auf. Die Aktivkohle aus Kaffeeresten könnte also gut als sauberer Zwischenspeicher für Methan dienen, das weniger klimaschädlich als Erdöl oder Kohle verbrennt. Oder es kann das gefährliche Treibhausgas, das eine über 20 Mal größere Wirkung als CO2 hat, dauerhaft binden. Als nächstes wollen die Forscher testen, ob und wie gut mit dieser Methode Wasserstoff als wichtiger Energieträger der Zukunft gespeichert werden kann. Clemens Weiß


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