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Industrie verdient Milliarden mit Emissionshandel

Experten bemängeln seit Jahren das nicht funktionierende EU-Emissionshandelssystem, nun kommen neue Details ans Licht. Einer NGO-Studie zufolge verdiente die Industrie in den letzten Jahren 25 Milliarden Euro mit kostenlosen CO2-Zertifikaten.

06.12.2016 – Das berichtet das Magazin Spiegel unter Berufung auf die noch nicht veröffentlichte Studie der NGO Carbon Market Watch (CMW). Die europäische Organisation überwacht Emissionshandelssysteme und Marktmechanismen weltweit und zeigt Schlupflöcher auf. Die NGO untersuchte die Unternehmenszahlen energieintensiver Konzerne der 20 wirtschaftsstärksten EU-Länder zwischen 2008 und 2015 und deckte so die enorme Schwachstelle im System. 25 Milliarden Euro sollen die europäischen Konzerne in den vergangenen Jahren mit Gratiszertifikaten verdient haben.

Diese kostenlosen Verschmutzungszertifikate wurden mit Beginn des Emissionshandelssystems in Europa an Industriebranchen wie Zement oder Stahl ausgegeben, um die Wirtschaft zunächst zu schützen. Fast zwölf Jahre später werden noch immer große Mengen der Zertifikate kostenlos ausgegeben, der Rest wird versteigert. Während der Emissionshandel in der ökonomischen Theorie als effizienteste Form der Emissionsvermeidung gilt, versagt das System im Realbetrieb. Der Preis für die Verschmutzung der Atmosphäre mit einer Tonne CO2 liegt aktuell bei gut 4 Euro – vorgesehen waren Preise von bis zu 30 Euro. Einen Anreiz zur Einsparung von CO2 für die Industrie gibt es faktisch nicht. Denn es sind viel zu viele Zertifikate auf dem Markt, die Politik hat sich verrechnet, Milliarden Zertifikate sind nutzlos.

Deutsche Zementindustrie profitiert am meisten

Jetzt zeigt sich durch die CMW-Studie: Die europäische Industrie flutet mit den kostenlosen Zertifikaten den Markt und macht auch noch satte Gewinne. Zudem würden Unternehmen Preiserhöhungen mit Kosten für das Emissionshandelssystem begründen, obwohl dank der Gratiszertifikate gar keine Mehrausgaben entstanden sind. Am meisten davon profitiert hat offenbar die deutsche Schwerindustrie, die allein 4,7 Milliarden Euro daran verdiente. Der größte Anteil entfällt demnach auf die Zementriesen HeidelbergCement und LadargeHolcim mit gut 1,7 Milliarden Euro.

„Die Zahlen zeigen, wie leicht aus Schmutz Geld zu machen ist, und wie sehr das von der Lobby weichgekochte CO2-Handelssystem versagt hat“, zitiert der Spiegel CMW-Expertin Agnes Brandt. Das eigentliche Vorhaben des Emissionshandelssystems, das wichtigste Klimaschutzinstrument der EU, dürfte ebenfalls verfehlt werden. Experten rechnen damit, dass Europa sein Klimaziel der Treibhausgasreduktion um 40 Prozent bis 2030 gegenüber 1990 kaum noch erreichen kann. cw


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