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Strom aus Erneuerbaren EnergienWas drin ist, wenn Ökostrom draufsteht

Luftaufnahme Solarpark an Straße
Ökostromtarife gibt es inzwischen viele. Aber die Energiewende in Deutschland wird damit nicht automatisch unterstützt. Verbraucher müssen genauer hinschauen. (Foto: naturstrom AG/Greenbuddies s.r.o)

Ökostrom ist nicht gleich Ökostrom. Es gibt Unterschiede, die für Kunden gar nicht so leicht erkennbar sind. Die Regeln zur Stromkennzeichnung sind zwar detailliert und streng, die Transparenz jedoch bleibt teilweise auf der Strecke.

21.11.2023 – Ganz gleich ob Windkraftanlage, Solarpark oder Gaskraftwerk: Der erzeugte Strom wird physisch ins Netz eingespeist. Der Netzbetreiber kümmert sich um den Transport und die Stabilität im Netz. Der Strom wird zur grauen Masse, er kommt aus verschiedenen Quellen, im Tagesverlauf ändert sich die Zusammensetzung, je nach Wetterlage und Einspeiseleistung der Erneuerbaren und der konventionellen Erzeuger. Der Netzbetreiber arrangiert innerhalb seines Netzgebietes die jeweils passende Gesamtmenge zur Gesamtnachfrage und führt Buch über die aus den einzelnen Kraftwerken eingespeisten Mengen.

Stromhandel hat eigene Regeln

Neben den physischen Stromflüssen gibt es den Stromhandel, der seine eigenen Regeln hat. Die Energieversorger kaufen Strommengen an der Börse oder auch direkt von Kraftwerksbetreibern, um damit ihre Kunden zu beliefern. Gemäß der geltenden Regeln zur Stromkennzeichnung wird dabei Strom zu Ökostrom, wenn der Energieanbieter dafür in entsprechender Menge Herkunftsnachweise kauft. Das sind elektronische Dokumente, die für Strom aus erneuerbaren Quellen erstellt werden, aber unabhängig vom Strom selbst gehandelt werden können.

So ist es möglich, dass der als Ökostrom verkaufte Strom aus einem Kohlekraftwerk stammt und dazu die gleiche Menge grüner Herkunftsnachweise vom Betreiber eines Wasserkraftwerks in Norwegen erworben werden. Das ist legal und gängige Praxis, die Vorgaben dazu sind europaweit geregelt.

Strom aus EEG-geförderten Anlagen darf nicht als Ökostrom gehandelt werden

In Deutschland stellt das EEG mit dem Doppelvermarktungsverbot noch eine weitere Bedingung. Das Verbot soll verhindern, dass Verbraucher für die positiven Umwelteigenschaften von Ökostrom doppelt zur Kasse gebeten werden. Dies ist nach Auffassung des Gesetzgebers der Fall, wenn der Betreiber einer erneuerbaren Erzeugungsanlage eine Vergütung nach dem EEG erhält und gleichzeitig für die verkauften Strommengen mit der Eigenschaft Ökostrom oder Grünstrom wirbt. Dahinter steht der Gedanke, dass die Verbraucher bereits über die EEG-Umlage an der Finanzierung des Erneuerbaren Ausbaus mitwirken. Sie sollten nicht ein zweites Mal über den Strompreis die grüne Eigenschaft des bezogenen Stroms bezahlen. Mit der endgültigen Abschaffung der EEG-Umlage 2023 und der Finanzierung der EEG-Vergütungen über den bundeseigenen Energie- und Klimafonds (EKF) ändert sich an dieser Logik nichts.

Die Folge: Alle Strommengen aus EEG-geförderten Anlagen bekommen keine solchen Herkunftsnachweise und sind damit nicht als Ökostrommengen in Deutschland handelbar. Sie fließen physisch ins Netz, werden zu börslich gehandeltem Graustrom, sind nicht mehr unterscheidbar von anderen Strommengen.

Weil in Deutschland das Interesse an Ökostromtarifen beständig wächst, jedoch längst nicht so viel Strom in ungeförderten Solar- oder Windkraftanlagen erzeugt wird, erstehen Energieversorger vor allem Herkunftsnachweise aus Skandinavien, die zudem recht günstig sind. Für den Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland gehen davon keine Impulse aus.

Zielgerichtet den Bau neuer Anlagen in Deutschland fördern

Doch es gibt Ökostrom-Angebote, die von einer anderen Motivation getrieben werden – nämlich mit Grünstrom tatsächlich den Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland voranzubringen. naturstrom verfolgt diesen Weg seit seinen Anfängen. Für jede Kilowattstunde fließt ein Zusatzbeitrag in neue Ökostromanlagen. Inzwischen hat das Unternehmen rund 350 Solar-, Windenergie-, Biomasse- und Wasserkraftanlagen selbst errichtet oder durch Zuschüsse, Darlehen oder Beteiligungen ermöglicht.

Aber noch etwas ist anders an den Angeboten von naturstrom und einigen wenigen anderen Ökostrom-Anbietern im Markt: sie haben sich selbst vertraglich dazu verpflichtet, Stromherkunft und Herkunftsnachweis zu koppeln. Sie kaufen keine Nachweise auf dem internationalen Markt, sondern nur von Anlagen, deren Strom sie auch abnehmen. Kunden können sicher sein, dass die verkauften Strommengen tatsächlich aus ungeförderten Erneuerbaren-Anlagen in Deutschland und Österreich stammen.

Ökostromtarif mit Strom aus EE-Anlagen in Deutschland

Anfangs kaufte naturstrom den Strom zum Großteil aus kleinen Wind- und Wasserkraftanlagen, was aber nach einer EEG-Änderung 2014 nicht mehr möglich war. Zwischen 2014 und 2021 stammte der Strom für Privatkunden dann aus deutschen Wasserkraftwerken. Eine neue Dynamik entstand vor rund fünf Jahren.  Der Betrieb von neuen Solarparks rechnete sich auch ohne Förderung, der Sonnenstrom konnte direkt zur Kundenbelieferung genutzt werden. Kurz darauf, ab dem Jahr 2021, erreichten die ersten Windkraftanlagen ihr Förderende, waren aber keineswegs altersmüde. naturstrom als Ökostrompionier schloss Verträge mit Betreibern solcher Neu- bzw. Altanlagen und nutzt den dort erzeugten Strom. Hinzu kommen Strommengen aus eigenen Erneuerbaren-Anlagen, für die keine EEG-Vergütung gezahlt wird oder für die zugunsten der Kundenbelieferung auf die EEG-Vergütung verzichtet wird.

Im Moment stellt Strom aus Wasserkraft etwas mehr als die Hälfte am Strommix des Unternehmens. Aber das soll sich ändern, wie Mark Scholt berichtet, der bei naturstrom den Energiehandel leitet. Perspektivisch sollen Wasserkraft, Windkraft und Photovoltaik in etwa zu gleichen Teilen vertreten sein.

Grüner Strom Label – auf dieses Label ist Verlass

Iris Blaum ist bei naturstrom, zuständig für die Zertifizierungen des Stroms, wozu auch das Controlling rund um die Herkunftsnachweise gehört. Bei ihr laufen die Fäden zusammen und entsteht das, wofür am Ende die Gütesiegel vergeben werden: das Grüner Strom Label und das TÜV-Zertifikat.

„Wir schließen mit jedem Anlagenbetreiber einen Liefervertrag, der beinhaltet, dass der Stromlieferant uns zum einen die Energiemengen liefert und dazu die Herkunftsnachweise auf unser Konto im Herkunftsnachweisregister überträgt. Ohne diese vertragliche Kopplung hätten wir kein Grüner Strom Label.“ Aber für dieses Label muss noch mehr nachgewiesen werden: nämlich ob die Förderbeträge der Kunden in den Tarifen korrekt eingenommen und die Investitionsverpflichtungen erfüllt wurden, naturstrom das Geld also tatsächlich in erneuerbare Projekte investiert.

Zusätzlich zu den Vorgaben im Grüner-Strom-Label wird vom TÜV zertifiziert, ob die CO2-Emissionen in der Vorkette korrekt berechnet und ausgewiesen sind. Damit sind die Emissionen gemeint, die bei der Herstellung von Komponenten und dem Bau von Anlagen entstehen. Für diese Emissionen investiert naturstrom in sinnvolle Klimaschutzprojekte mit Goldstandard im globalen Süden. Sind alle Vorgaben korrekt erfüllt, kann der Ökostromanbieter seinen Strom als 100 Prozent CO2-neutral verkaufen.

Die Arbeit von Iris Blaum und ihrem Team besteht aus vielen Puzzleteilen, die am Ende zusammenpassen müssen. Beispielsweise werden die vom Messstellenbetreiber am Netzeinspeisepunkt gemessenen Strommengen mit denen verglichen, die der Netzbetreiber im Herkunftsnachweisregister angegeben hat. Differenzen sind zu klären, aber auch ein stetiger Überblick über die Vertragsbeziehungen ist notwendig. Tagtäglich sind Sorgfalt und Genauigkeit gefragt, damit der versprochene Ökostrom auch tatsächlich welcher ist. Petra Franke


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