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BAU 2017: Ökologisch und doch wirtschaftlich bauen

Immer volles Haus auf der BAU in München, der größten Messe Deutschlands rund um Bau und Architektur. Im Fokus steht mittlerweile das klimaangepasste und energieeffiziente Bauen und Sanieren, die Wirtschaftlichkeit beim energetischen Bauen sowie der Ei
Immer volles Haus auf der BAU in München, der größten Messe Deutschlands rund um Bau und Architektur. Im Fokus steht mittlerweile das klimaangepasste und energieeffiziente Bauen und Sanieren, die Wirtschaftlichkeit beim energetischen Bauen sowie der Einsatz Erneuerbarer Energien und digitaler Vernetzung. (Foto: © BAU 2017 München)

Nachhaltiges und gleichzeitig kostenbewusstes Bauen stehen im Fokus bei der größten Baumesse Deutschlands – ein schwieriger Spagat, denn die Anforderungen an Energieeffizienz und Bauvorschriften werden immer höher und die Möglichkeiten immer größer.

18.01.2017 – „Nur im Zusammenwirken Aller können die notwendigen baupolitischen Ziele erfolgreich umgesetzt werden“, so Barbara Hendricks zum Auftakt der BAU 2017 am Montag in München. Auf dem BMUB-Kongress „Baupolitik ist gefragt“ diskutieren Fachleute, wie die Energiewende und die Klimaneutralität im Gebäudebereich gelingen und was die Wohnungsbauoffensive dazu beitragen kann. Dabei geht es auch um Chancen und Möglichkeiten des seriellen und modularen Bauens, um intelligent vernetzte Gebäude und die Integration Erneuerbarer Energien sowie um innovative, praxistaugliche Bauprodukte und -formen.

Öko- und Kosten-Checks

Vor allem der Bedarf an bezahlbaren Miet- und Eigentumswohnungen in Deutschland steigt, die Bauwirtschaft blickt also derzeit vor allem auf den Hausbau. Schon bei der Wahl des Baumaterials scheiden sich die Geister. Holz oder Stein, Dämmen oder intelligente Energiesysteme? Mit den Möglichkeiten wachsen die Unsicherheiten.

Die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM) stellte am Montag im Rahmen der BAU eine in Auftrag gegebene Nachhaltigkeitsbewertung für eine 50-jährige Lebensdauer von Gebäuden vor mit dem Ergebnis, dass Holz als Baumaterial nicht ökologischer ist als Stein. „Häuser aus Mauerwerk haben längerfristig je nach Wirkungsindikator sogar eine bessere Öko-Bilanz als Holzhäuser“, meint Sebastian Pohl, der sich bei dem LCEE-Beratungsinstitut (Life Cycle Engineering Experts), ein Spin-off der TU Darmstadt, auf die Optimierung der Nachhaltigkeit im Bauwesen spezialisiert hat. Laut der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V. aus Kiel sei der Neubau von Einfamilienhäusern aus Stein durchschnittlich um mehr als vier Prozent günstiger ist als die Holz-Variante, beim Mehrfamilienhaus um bis zu sechs Prozent.

Gebäude aus Stein erfüllten auch die neuen Anforderungen an die Energieeinsparung von Gebäuden. Wissenschaftler des Forschungsinstitut für Wärmeschutz (FIW) aus München haben die Wirtschaftlichkeit von Einfamilienhäusern im zukünftig von der EU geforderten Niedrigstenergiegebäude-Standard untersucht. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass Mauerwerkskonstruktionen auch bei steigender Energieeffizienz zukunftsfähig sind. Die FIW-Studie nimmt auch die Energieeinsparverordnung (EnEV) ins Visier die belege, „dass jedes weitere Drehen an der EnEV-Spirale nur noch geringe Energie-Einspareffekte bringt.“ Bauherren seien dabei gezwungen, verstärkt auf Erneuerbare-Energien-Technologien zu setzen: Wärmepumpen und Lüftungswärme-Rückgewinnung würden zwar die Energieeffizienz erhöhen, die Technik verursache jedoch „unverhältnismäßig hohe Kosten“.

Ganzheitlich und individuell planen und bauen

Ob nun Holz oder Stein, Neubau oder Sanierung - wichtig ist es vor allem, das richtige Verhältnis für das individuelle Bauvorhaben zu finden, auf die Bedürfnisse, Lebensgewohnheiten als auch Finanzen des Bauherrn einzugehen – das ist Aufgabe des Architekten; eine frühe, nachhaltige und ganzheitliche Planung ist nach wie vor unerlässlich und wird immer wichtiger, um den komplexen Bestimmungen Regeln und Anforderungen gerecht zu werden aber auch um die vorhandene Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein Besuch auf der BAU lohnt sich und spiegelt die Vielfalt als auch die Probleme des aktuellen Bauens wider.

Viel Technologie für mehr Effizienz

Mit immer mehr Technologie arbeitet das Bundesbauministerium mit der Forschungsinitiative „Zukunft Bau“. Ein Beispiel ist der jüngst entwickelte Digitale Leitfaden barrierefreies Bauen,  den Bauministerin Hendricks am Montag offiziell freigeschaltet hat. Der digitale Leitfaden soll Bauherren und Planer bei der Umsetzung des barrierefreien Bauens entsprechend dem neuen Rechtsrahmen unterstützen.

Auch technische Neuerungen wie ein 3D-Betondrucker, mit dem zukünftig ganze Gebäude „gedruckt“ werden können und einen mobilen Drucker, der Photovoltaik-Beschichtungen auf Betonoberflächen aufträgt sind bei „Zukunft Bau“ in München zu sehen. Eine interaktive Deutschlandkarte stellt das Netzwerk Effizienzhaus Plus mit 30 Modellvorhaben vor. Die Effizienzhäuser Plus kommunizieren mit Hilfe der Digitalisierung intelligent mit ihren Bewohnern und zeigen, wie Klimaschutz im Gebäudebereich erfolgreich funktioniert.

Energie und Vernetzung

In der Sonderschau Fraunhofer StadtLabor präsentiert die Fraunhofer-Allianz Bau innovative und nachhaltige Lösungen aus der Bauforschung (Halle C2, Stand 538). Im Fokus der Sonderschau stehen die Themenbereiche Digitales Planen, Bauen und Betreiben, Intelligente Fassade, Sicherheit und Komfort und Ressourceneffizienz und Energiemanagement.

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE ist Mitglied der Fraunhofer-Allianz BAU und beteiligt sich mit Exponaten an der Sonderschau, etwa zum Thema Mit solaren Gebäudehüllen Architektur gestalten – Entwicklung von architektonisch hoch integrierten Fassadekollektoren mit Heat Pipes sowie Solarkollektoren aus Ultrahochleistungsbeton verbinden Energieeffizienz und Ästhetik

Kritik an Wohnungsbaupolitik

Der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) übte am Montag auf der BAU in München Kritik an der Wohnungsbaupolitik von Bund und Ländern: „Es hätte wesentlich mehr passieren müssen. Die Bilanz des vergangenen Jahres ist – gemessen am Bedarf – immer noch miserabel.“ Der Wohnungsmangel in Metropolregionen, Groß- und Universitätsstädten habe sich zu einem massiven gesellschaftlichen Problem entwickelt. Notwendig sei deshalb eine deutlich bessere Förderpolitik. Insbesondere der Bund sei hier gefragt.

BDB-Präsident Thurn forderte – auch angesichts des aktuellen Überschusses von knapp sieben Milliarden Euro in der Bundeskasse – ein „Akut-Paket Wohnungsbau 2017“. Dieses müsse deutlich bessere Steueranreize bieten. Vor allem die Erhöhung der Abschreibung von zwei auf drei Prozent bei der AfA sei längst überfällig.

Er fordert Bund und Länder zudem auf, rasch neue Rahmenbedingungen für den Erwerb von Wohneigentum zu schaffen. „Die in vielen Bundesländern mit bis zu 6,5 Prozent regelrecht überdrehte Grunderwerbsteuer muss deutlich abgesenkt und bundesweit einheitlich werden. Darüber hinaus brauchen wir Freibeträge beim Erwerb einer selbst genutzten Wohnung. Und wer bauen oder kaufen will, muss auch eine ordentliche Finanzierung auf die Beine stellen können.“

Der Baustoff-Fachhandel beobachtet außerdem einen spürbaren Rückgang bei der energetischen Gebäudesanierung. Verantwortlich hierfür macht BDB-Präsident Thurn eine „Verunsicherungspolitik mit organisatorischen und bürokratischen Hürden“, die bspw. die Entsorgung von ausgedienten Dämmplatten teuer und unnötig kompliziert gemacht habe: Dies habe dazu geführt, dass bei der Entsorgung derzeit „ein völliges Chaos“ herrsche. Es sei daher nicht verwunderlich, dass es bei der energetischen Gebäudesanierung aktuell zu „dramatischen Einbrüchen“ komme. Bauherren als auch Architekten und Handwerker sind verunsichert.

Nachbesserung der europäischen Bauproduktnormen

„In Anbetracht der großen Bauaufgaben, die vor uns liegen, benötigt die Bauwirtschaft qualitativ hochwertige und sichere Bauprodukte, die allen an das zukünftige Bauwerk gestellten Anforderungen gerecht werden und insbesondere die Gesundheit und die Umwelt nicht gefährden,“ fordert der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes, Hans-Hartwig Loewenstein. „Bislang waren die Bauprodukte in Deutschland entsprechend den einschlägigen Anforderungen an Bauwerke genormt und darüber hinaus bauaufsichtlich geregelt. Diese Regelungen drohen Geschichte zu werden.“

Bund und Länder beugten sich den Vorstellungen der EU-Kommission, grundsätzlich alle nach europäischen Bauproduktnormen produzierten Bauprodukte in Deutschland zur Vermarktung freizugeben. „Diese europäischen Bauproduktnormen enthalten jedoch weder die für Statik, Schall-, Wärme- und Brandschutz notwendigen Mindestanforderungen noch sehen sie die für den Gesundheits- und Umweltschutz notwendigen Produktprüfungen vor.“ Loewenstein forderte vor diesem Hintergrund die Bundesregierung auf, sich gegenüber der EU-Kommission zur Wehr zu setzen.

Klimawandel, Klimaanpassung und Infrastruktur

Klimawandel und daraus folgende Klimaschutzmaßnahmen betreffen auch zunehmend die Infrastruktur von Städten und Gemeinden – und damit den Gebäudebestand. Die Studie „Urbane Sturzfluten“ vom Institut für Wasserwesen an der Universität der Bundeswehr hat ein in weiten Teilen Deutschlands marodes Kanalsystem untersucht.

Immer häufiger versinken demnach – vor allem im Hochsommer – Straßen und Keller im Hochwasser, Tiefgaragen in den Städten werden überflutet – vor allem in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Eine bessere Vernetzung von Kommunen, Ländern und Bund beim Überflutungsschutz wäre notwendig, dazu gehöre auch ein optimiertes Entwässerungssystem mit Regenwassermanagement sowie eine gründliche Analyse von Überflutungsgefährdungen mit einer aktiven Risikokommunikation. na


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Kommentare

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Hans-Jürgen Amend 01.02.2017, 09:44:01

+347 Gut Antworten

Es gibt doch schon solche durchdachten Baustoffe bzw Systeme, die die Anforderungen an massives modulares und serielles Bauen, hohem Vorfertigungsgrad und dem Fokus auf Ökologie, Nachhaltigkeit und auch Wohngesundheit haben. Gerade jetzt bin ich als Gründer dabei ein neues startup Unternehmen aus dem Boden zu stampfen. Massive individuelle Fertighäuser aus einem besonders naturreinen Ton. Ein Einfamilienhaus wird so inkl. Bodenplatte, EG und DG, sowie Dachstuhl an 6 Tagen

massiv errichtet. WDVS wird nicht mehr benötigt. Innen kommt das System fertig, aussen genügt ein ganz normaler Leichtputz. Mehr Infos gerne unter www.fb.com/LiaSTONE.de


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