Konvent Bürgerenergie 2025: Energiegemeinschaften als Krafträume der Demokratie

Unter dem Motto „demokratisch, vielfältig und innovativ“ trafen sich am Wochenende Bürgerenergie-Akteure aus ganz Deutschland. Der Konvent zeigte einmal mehr die Vielfalt und Stärke der Bürgerenergie. Erstmals verliehen wurde der Michael-Sladek-Preis.
19.05.2025 – Der Konvent Bürgerenergie am vergangenen Wochenende ermöglichte auch in diesem Jahr den intensiven Erfahrungsaustausch zu brennenden Themen der Bürgerenergieszene. Die Teilnehmenden profitierten von einem vielseitigen Programm und viel Raum für persönliche Begegnungen. In diesem Jahr nahmen in Berlin rund 260 Menschen teil. Damit war der Konvent der bislang bestbesuchte.
Die Keynote der Künstlerin und Politikaktivistin Claudine Nierth erntete viel Applaus und enthielt viel Anknüpfungspunkte für anschließende Gespräche. Nierth setzt sich engagiert für sichtbare und gelebte Demokratie ein. Als Vorständin des Vereins Mehr Demokratie e.V. war sie u.a. Initiatorin der Bürgerräte in Deutschland. In ihrer Rede thematisierte sie inspirierend und lebendig eine sehr wichtige Voraussetzung für Gemeinschaften: Räume des Vertrauens zu schaffen, in denen menschliche Verbindungen und damit Demokratie möglich werden. Bürgerenergiegemeinschaften als wichtige Orte des demokratischen Miteinanders bezeichnete sie als regelrechte Innovations- und Krafträume für Demokratie.
Politik für kleine Energiewende-Akteure
In der anschließenden politischen Podiumsdiskussion waren Parlamentarier von CDU, SPD und Die Linke vertreten. Die Politiker wurden von Moderatorin Valérie Lange, Politikreferentin des Bündnis Bürgerenergie, mit den Wünschen und Forderungen der Bürgerenergie konfrontiert. Konkrete Details der Ausgestaltung von Energy Sharing, Rechtssicherheit für Mieterstrom und Quartiersprojekte oder gar zur zukünftigen Reform des EEG konnten die Parlamentarier nicht liefern. Dafür sei die Regierungsbildung noch zu frisch, die Besetzung der Ausschüsse gerade erst vollzogen.
Rahmenbedingungen für Energy Sharing noch vor der Sommerpause
Überraschend kam die Ansage von Helmut Kleebank (SPD). Er sprach davon, dass der Stakeholder-Prozess für das Energy Sharing ja bereits stattgefunden hätte, ein Vorschlag für eine Regelung von der Ampel erarbeitet worden sei. Sicher werde die neue Wirtschaftsministerin Katharina Reiche diese Vorlage noch überarbeiten, aber nichts spreche dagegen, dass das Energy Sharing schnell – noch vor der Sommerpause – gesetzliche Rahmenbedingungen bekommt. Sascha van Beek (CDU), erstmals im Bundestag vertreten und zukünftig im Ausschuss Klimaschutz, Umwelt und Naturschutz, schloss sich dieser Aussage an. Lorenz Gösta Beutin (Die Linke) zeigte sich besorgt, dass die neue Regierung Lobby-Politik für Konzerne machen würde, anstatt Teilhabe und Energiegerechtigkeit zu fördern.
Diversität und soziale Gerechtigkeit
Kiara Groneweg, Vertreterin von Women engage for a Common Future (WECF) stellte ein anderes wichtiges Anliegen der Bürgerenergie vor: Diversität und soziale Gerechtigkeit. Mit zehn Argumenten belegte sie, warum Vielfalt und Gerechtigkeit kein Nice to have sein sollten, sondern in jeder Aufgabe und jeder Organisation von Anfang an mitgedacht werden sollten.
Erstmals Michael-Sladek-Preis verliehen
Ein besonderes Highlight war die erstmalige Verleihung des „Michael-Sladek-Preises für Bürgerenergie“. Der Preis würdigt Michael Sladek, der im letzten Jahr verstorben ist und seine Wirkung für eine bürgernahe, konsequente Energiewende und effektiven Klimaschutz. Der Preis zeichnet Menschen aus, die sich durch seine Worte und Taten haben inspirieren lassen und sich mit Liebe und Beharrlichkeit entschieden haben, sich für die Bürgerenergie in Deutschland aus Überzeugung ehrenamtlich und nebenberuflich einzusetzen. In diesem Jahr wurden zwei Preise vergeben, die jeweils mit 5.000 Euro dotiert waren.
Gekürt wurde Anna Leidreiter, Vorständin der BürgerEnergie Nord (BEN eG). Anna Leidreiter ist eine bundesweit sichtbare, kommunikationsstarke und fachkompetente Kämpferin für Mieterstrom und Energy Sharing. Sie steht für die Innovationskraft der Bürgerenergie, die Umsetzung und Mitgestaltung zeitgemäßer energiewirtschaftlicher Prozesse sowie für die Professionalität und Fachkompetenz der Genossenschaften innerhalb der Branche.
Die zweiten Preisträgerinnen sind Janina Messerschmidt und Katrin Hain, das Gründerinnen- und Vorstands-Duo der Bürgerenergie Oder-Spree (BEOS) verliehen. Janina Messerschmidt und Katrin Hain handeln aus der Überzeugung heraus, dass nachhaltige Transformationen nicht nur auf der Entwicklung von neuen Prozessen oder Techniken beruhen, sondern es auch neuer Denkweisen und Haltungen bedarf. Sie haben trotz großer Herausforderungen eine tragfähige, wirtschaftlich nachhaltige und sozial breit verankerte Struktur im Landkreis Oder-Spree geschaffen.

Bei der Preisverleihung des Michael-Sladek-Preises v.l.n.r.: Malte Zieher (Vorstand BBEn), Preisträgerin Katrin Hain (Bürgerenergie Oder-Spree eG), Hermann Falk (Vorstand GLS-Bank und Mitbegründer des Bündnis Bürgerenergie), Preisträgerin Janina Messerschmidt (Bürgerenergie Oder-Spree eG), Preisträgerin Anna Leidreiter (BEN eG), Sebastian Sladek (Vorstand EWS Schönau), Jurymitglied Johannes von Streit (Stiftung Neue Energie), Jurymitglied Silke Bartolomäus (naturstrom AG)( Foto: energiezukunft / Petra Franke)
Workshops zu relevanten Themen der Bürgerenergie
Traditionell ist der zweite Tag des Konvents den Workshops gewidmet. Die Akteure aus der Bürgerenergie berichten von ihren Erfahrungen, aktuellen Aufgabenstellungen sowie von gut gelungenen Projekten.
Einer der Workshops hatte die begleitende Öffentlichkeitsarbeit in Projekten zum Thema. Denn Beteiligung bedeutet auch, Informationen leicht erfassbar aufzubereiten und auf breiter Ebene zugänglich zu machen.
Wie genau das geht und welche Stolpersteine zu vermeiden sind, erklärte Lydia Takit vom BBEn. Viele der Workshop-Teilnehmer brachten eine umfangreiche Expertise auf ihrem jeweiligen Gebiet mit, wussten genau Bescheid über Flächensicherung, Förderanträge oder Ausgleichsmaßnahmen.
Wie Bürgerinnen und Bürger jedoch via Instagram, Facebook, LinkedIn und Co. mit ins Boot geholt und für ein Projekt begeistert werden – das konnten sie nun anhand zahlreicher Tools und Hacks erfahren. Ein Workshop, der auf viel Interesse stieß und viele Fragen der Teilnehmenden beantworten konnte.
Der Konvent Bürgerenergie soll im nächsten Jahr in Bamberg stattfinden. pf