Foto: Bündnis Bürgerenergie / Silke Reents

Meinung 13.09.2024

Energy Sharing ist kein Randphänomen

Das BMWK betrachtet das Energy Sharing als Randphänomen, in dem kein Massenansturm zu erwarten sei. Das sehen die Bürgerenergie-Akteure anders. Sie kritisieren den Gesetzentwurf als Minimallösung, die dem Geist des EU-Rechts nicht gerecht wird.

Martin Bialluch ist Geschäftsführender Vorstand und Vorstandssprecher beim Bündnis Bürgerenergie (BBEn)


Meinung 13.09.2024

Energy Sharing ist kein Randphänomen

Das BMWK betrachtet das Energy Sharing als Randphänomen, in dem kein Massenansturm zu erwarten sei. Das sehen die Bürgerenergie-Akteure anders. Sie kritisieren den Gesetzentwurf als Minimallösung, die dem Geist des EU-Rechts nicht gerecht wird.

Foto: Bündnis Bürgerenergie / Silke Reents

Martin Bialluch ist Geschäftsführender Vorstand und Vorstandssprecher beim Bündnis Bürgerenergie (BBEn)



Das Bündnis Bürgerenergie e.V. (BBEn) hat sich seit Jahren für die Umsetzung von Energy Sharing in Deutschland eingesetzt. Wir haben nicht lockergelassen und sogar eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission über einen Verstoß gegen das EU-Recht durch die Bundesregierung Deutschland eingereicht. Kurz vor dem Ende der politischen Sommerpause hatte das lange Warten endlich ein Ende: Der für Juni versprochene Aufschlag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zu Energy Sharing erblickte im Referentenentwurf zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts endlich das Licht der (Fach-)Welt.

Wir vom Bündnis haben natürlich sofort reingeschaut und uns an die Ausarbeitung der entsprechenden Stellungnahme dazu gemacht. Bei aller Freude darüber, dass nun endlich eine gesetzliche Grundlage für Energy Sharing in Deutschland zumindest als Entwurf vorliegt, ist schnell klar geworden, dass es sich dabei leider nur um eine Minimallösung handelt. Das BMWK legt in der Gesetzesbegründung des Referentenentwurfs dar, dass es Energy Sharing für ein Randphänomen hält, für ein Spezialgebiet, in dem kein Massenansturm zu erwarten sei. Dieser Geist prägt leider auch den Gesetzentwurf und wird auch nicht dem Geist des EU-Rechts gerecht.

Wir sehen das anders: Aus der Perspektive der Bürgerenergie kann Energy Sharing einen wichtigen Beitrag leisten, die Herausforderungen bei dem Aus- und Umbau der Energieversorgung in Deutschland zu bewältigen. Energy Sharing kann die Netze entlasten und für Akzeptanz und Beteiligung der Bürger:innen sorgen. Doch dafür muss die Politik angemessene Rahmenbedingen schaffen. Deshalb haben wir uns mehr gewünscht, denn letztlich brauchen wir ein Gesetz, das sich auch umsetzen lassen. Von einem Gesetz, das nicht praktisch anwendbar ist, hat niemand etwas. 

Doch die praktische Umsetzbarkeit und wirtschaftliche Tragfähigkeit von Energy Sharing ist durch den Referentenentwurf leider nicht gesichert. Deshalb fordert das Bündnis Bürgerenergie reduzierte Netzentgelte, wenn Energy Sharing netzentlastend wirkt. Zudem sollen Übertragungsnetzentgelte entfallen, weil die Übertragungsnetzebene nicht genutzt wird. Außerdem bekräftigt das Bündnis Bürgerenergie, dass es an seinem Vorschlag zu einer Energy Sharing-Prämie festhält, denn es bleibt unklar, ob Energy Sharing ohne diese Prämie überhaupt wirtschaftlich zu betreiben ist. Dass der Gesetzgeber den finanziellen Aspekt außen vorgelassen hat, ist auch aufgrund der angespannten Haushaltslage keine Überraschung, stellt aber eine wesentliche Herausforderung für die Umsetzung Energy Sharing in Deutschland dar. Hinzu kommt, dass die erforderliche Marktkommunikation unklar ist.

Dennoch enthält der Entwurf etliche positive Ansätze, für die sich das Bündnis Bürgerenergie eingesetzt hat: Energy Sharing bleibt kleinen und mittleren Unternehmen vorbehalten, mit dem Wegfall von Lieferantenpflichten bis 30 kW bei Einzelhaushalten und bis 100 kW für Mehrparteiengebäude ist der gesetzgeberische Spielraum ausgeschöpft worden, eine einheitliche, zentrale Internetplattform für den Datenaustausch wird eingerichtet und auf eine Begrenzung der Teilnehmerzahl oder der Leistung wird verzichtet.

Aber es besteht auch erheblicher Nachbesserungsbedarf: Wir brauchen vor allem eine Sonderregelung für Bürgerenergiegesellschaften, damit sie ausdrücklich am Energy Sharing teilnehmen können und nicht davon ausgeschlossen werden (§ 42c Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EnWG). Energy Sharing ist im EU-Recht von Anfang an ein Konzept für Bürgerenergiegemeinschaften, es wäre eine dramatische Fehlentwicklung, wenn bei der Umsetzung in Deutschland das Gegenteil der Fall wäre. Zudem bleibt Energy Sharing zunächst auf ein Bilanzierungsgebiet beschränkt, wir empfehlen jedoch dringend, dass Energy Sharing in Postleitzahlengebieten, die sich ganz oder teilweise im Umkreis von 50 Kilometern befinden, möglich ist. Außerdem dem sind die Fristen für die Ausweitung auf mehrere Verteilnetzgebiete viel zu lang: Erst am 1.6.2028 soll das gewährleistet sein. Auch eine zentrale Anlaufstelle sowie zentral erarbeitete und bereitgestellte Musterverträge fehlen in dem Entwurf.

Wir haben jetzt endlich einen Gesetzentwurf, aber die politische Arbeit für die Umsetzung von Energy Sharing geht weiter. Wir sind sehr gespannt auf das Ergebnis des Beteiligungsverfahrens und werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass Energy Sharing für die Bürgerenergie möglichst bald ein innovatives und praktikables Geschäftsfeld wird.

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