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Agri-PVGuter Draht zur Landwirtschaft

Senkrecht aufgestellte Solarmodule auf einem Feld im Sonnenuntergang
Die BürgerEnergieGenossenschaft Kraichgau hat in Partnerschaft mit einem Landwirt und einem Landtechnikhersteller eine Agri-Photovoltaik-Anlage gebaut und in Betrieb genommen. (Foto: BEG Kraichgau / Florian Oeß)

Im Kraichgau wurde ein Agri-PV-Projekt mit genossenschaftlicher Beteiligung in Betrieb genommen. Neben der Bürgerenergiegenossenschaft Kraichgau sind ein regional aufgestellter Landwirt und der Landtechnikhersteller John Deere Projektpartner.

14.10.2025 – Kein entweder oder, sondern ein Miteinander von Landwirtschaft und Energieerzeugung mit der Agri-PV: Senkrecht aufgestellte Solarmodule mit großen Reihenabständen ermöglichen die doppelte Ernte: von Getreide oder Obst beispielsweise und gleichzeitig von Solarstrom.

Ein solches Projekt wurde jetzt in Fürfeld bei Bad Rappenau fertiggestellt. Im September war die Inbetriebnahme. Auf 20 Hektar Fläche wurden in 67 Modulreihen rund 7.500 bifaziale Photovoltaikmodule aufgestellt, die jährlich rund sechs Gigawattstunden Strom erzeugen werden.

Initiator war der in der Region auf großen Flächen agierende Landwirt Michael Freiherr von Gemmingen. Er holte die BürgerEnergieGenossenschaft Kraichgau eG und den Landtechnikhersteller John Deere ins Projekt. Auch die Idee, eine Agri-PV-Anlage zu bauen, stammte von ihm. Von der ersten öffentlichen Präsentation der Projektidee 2022 bis zum Baubeginn 2025 vergingen drei Jahre, in denen die Beteiligten Für und Wider abwägten und schließlich das für alle Seiten lohnende Geschäftsmodell fanden.

Guter Draht zur Landwirtschaft

„Wir kommen selten umeinander rum“, erzählt Genossenschaftsvorstand Florian Oeß. „Persönliche Kontakte bestanden schon länger, das liegt unter anderem daran, dass sowohl unsere Genossenschaft als auch der Landwirt sehr stark hier in der Region verwurzelt sind. Und wir als Genossenschaft haben einen guten Draht zur Landwirtschaft.“

Landwirt von Gemmingen beobachtet seit Jahren, dass die zunehmend trockenen Frühjahre in Kombination mit Starkregenereignissen den fruchtbaren Kraichgauer Boden abtragen – eine Erosion, die langfristig die Erträge gefährden kann.

Die senkrechten Modulreihen der Agri-PV-Anlage wirken hier wie Windschutzwände oder Schattenspender und könnten helfen, den Ertrag zu sichern.

Fläche zwischen den Modulreihen kann maschinell bearbeitet werden

Von Gemmingen will den Landwirtschaftsbetrieb auf der Agri-PV-Fläche auf Bio umstellen. In den kommenden drei Jahren wird zwischen den Modulreihen Luzerne wachsen, danach Biogetreide. Das Konzept der biologischen Landwirtschaft ist für die Kombination mit Agri-PV ideal, denn die Modulreihen haben einen Abstand von nur 13 Metern – die gängigen Feldspritzen, mit denen Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden, sind jedoch 30 Meter breit. Sie könnten zwischen den Modulen nicht eingesetzt werden.

Dennoch: 13 Meter Reihenabstand sind nicht gerade wenig, große landwirtschaftliche Maschinen können durchaus eingesetzt werden, die Bewirtschaftung wird nicht nur symbolisch weitergeführt.

Mit über 1.500 Hektar bewirtschafteter Fläche zählt von Gemmingen zu den größten Landwirten der Region. Dank seines hochmodernen Maschinenparks kann er die Entwicklung der Flächen mit und ohne Agri-PV präzise vergleichen. Die satellitengestützte Steuerung der Landmaschinen ermöglicht dabei eine exakte Navigation zwischen den Modulreihen und macht die Kombination von Landwirtschaft und Solarenergie praktikabel und effizient.

Biodiversität hat ihren Platz

Die Ost-West-Ausrichtung der bifazialen Module sorgt für hohe Erträge in den Morgen- und Abendstunden. Dadurch wird die Netzintegration optimiert und das Potenzial der Sonnenenergie noch besser genutzt. Zusätzlich setzt das direkt an der Autobahn A6 gelegene Projekt nordwestlich von Heilbronn ein starkes Zeichen für den Schutz der Biodiversität. Unterhalb der Modulreihen werden Blühstreifen angelegt, Lebensraum für Insekten und Bestäuber. Die auf der Fläche nachgewiesenen Feldlerchen erhalten Ausgleichsflächen, die innerhalb der eingezäunten Projektfläche umgesetzt werden.

Agri-PV ohne EEG-Vergütung, sondern mit virtuellem PPA

Da die senkrechte Aufständerung und notwendige freie Flächen für die Landwirtschaft bei Agri-Photovoltaikanlagen höhere Herstellungskosten für den Solarstrom zur Folge haben, wurde im Solarpaket der Ampelregierung eine Sondersegment eigens für diesen Anlagentyp geschaffen mit leicht höheren EEG-Vergütungen. Doch dieses Vorgehen wurde von der EU noch nicht beihilferechtlich genehmigt, so dass aktuell Agri-PV-Anlagen wegen ihrer unvermeidbar höheren Kosten nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich sind.

Florian Oeß erklärt: „Natürlich macht es die Agri-PV-Förderung leichter. Wir haben auch überlegt, zu warten, bis das neue Ausschreibungssegment an den Start geht. Dann haben wir in einer normalen Ausschreibungsrunde mitgeboten, aber keinen Zuschlag bekommen. Unser gebotener Preis, den wir erzielen wollten und mussten, war zu hoch.“

Freiherr Michael von Gemmingen, der eine jahrelange gute geschäftliche Beziehung zu dem regional verankteren Landmaschinenhersteller pflegt, ging in Verhandlungen mit John Deere. Das Konzept heute sieht ein sogenanntes virtuelles Power Purchase Agreement (vPPA) vor: Der Strom wird über einen Direktvermarkter an der Strombörse verkauft, das Unternehmen John Deere erhält die Herkunftsnachweise und garantiert für den erzeugten Strom einen bestimmten Abnahmepreis. Für besondere Preisausschläge an der Börse wurden ebenfalls vertragliche Vereinbarungen getroffen.

An die Politik gerichtet erklärt Oeß, dass im gegenwärtigen Marktdesign Agri-PV keine Chance hat. Jeder Projektierer muss die Flächen so effektiv wie möglich nutzen – Solarparks mit viel Erzeugungsleistung auf der Fläche sind im Vergleich zur Agri-PV fast um die Hälfte preiswerter. Oeß sagt: „Wenn die Politik das Miteinander von Landwirtschaft und Stromerzeugung in Form von Agri-PV will, muss sie dafür andere Bedingungen schaffen – entweder den erzeugten Strom besser fördern oder Investitionszuschüsse gewähren. Es ist ein bisschen wie mit Bioprodukten. Die Erzeugungsbedingungen bestimmen den Preis. Bei Bioprodukten gibt es da eine Akzeptanz der Verbraucher, die es bei den Energiepreisen in dieser Form nicht gibt.“ pf

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