ENGAGE-KonferenzMit sozialen Innovationen die Energiewende beschleunigen

Personen auf einem Podium
Bei der Engage-Konferenz in Berlin wurde darüber diskutiert, wie die Energiewende noch besser von allen Bevölkerungsschichten mitgetragen werden kann. (Foto: BBEn)

Im Engage-Projekt wurden soziale Innovationen für die Energiewende erforscht. Nun wurden die Studienergebnisse vorgestellt und Empfehlungen formuliert, um die Potenziale von Bürgerbeteiligung und Bürgerenergie auszubauen und optimal zu nutzen.

18.09.2024 – Soziale Innovationen in der Gesellschaft wirken darauf hin, die Energieerzeugung zu dekarbonisieren und zu demokratisieren. Das ist ein Ergebnis der bei der Engage-Konferenz am 13. September 2024 in Berlin vorgestellten Studie. Die Kombination mehrerer sozialer und finanzieller Beteiligungsinstrumente schafft breite Beteiligungsmöglichkeiten für Bürger:innen mit unterschiedlichen Beteiligungsvoraussetzungen. Ein niedrigschwelliger Zugang und eine bürger:innennahe Kommunikation zu Beteiligungsangeboten ermöglichen die Beteiligung von Menschen aus unterschiedlichen sozialen Gruppen. Politik und Verwaltung sollten beteiligungsfreundliche Rahmenbedingungen schaffen und strukturelle Hindernisse systematisch beseitigen. Wirtschaftsakteure sollten mehr und sichtbarere Beteiligungsangebote und -möglichkeiten anbieten.

Hindernisse für gemeinschaftsorientierte Unternehmen abbauen

Zu den weiteren Höhepunkten der Engage-Konferenz gehörten die Keynote von Sven Giegold (Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz), in der er ein Resümee der Nationalen Strategie für soziale Innovation und gemeinwohlorientierte Unternehmen zog. Giegold würdigte die Arbeit des Engage-Projekts und betonte, dass im Rahmen dieser Strategie 70 Maßnahmen konsequent umgesetzt werden. Dazu gehört, dass bei allen BMWK-Wirtschaftsförderungsprogrammen ungerechtfertigte Hindernisse für gemeinschafts– und gemeinwohlorientierte Unternehmen abgebaut werden.

Giegold kündigte zudem einen nationalen Gipfel für soziale Innovation und gemeinwohlorientierte Unternehmen für Anfang des kommenden Jahres an und wünschte sich eine rege Beteiligung der anwesenden Initiativen. Im Referentenentwurf zu Energy Sharing ließen sich Giegold zufolge nur gewisse Rahmenbedingungen regeln, weil die Bundesnetzagentur (BNetzA) für die Netzzugangsregelungen zuständig sei. BNetzA-Präsident Klaus Müller stünde Energy Sharing jedoch positiv gegenüber und möchte es positiv begleiten.

Energiewende darf nicht an der Ablesung von Zählerständen scheitern

Arwen Colell (Co-Founder und CPO decarbon1ze GmbH) thematisierte in ihrerKeynote soziale Innovationen in der Energiewende als Ermächtigungsstrategie für Menschen und deren gesamtgesellschaftliche Bedeutung.Es gehe dabei um die Neuverteilung von Macht. Colell veranschaulichte die Entwicklung von Akzeptanz vor Ort anhand eines Regenkraftwerks und Windparks auf den Hebriden-Inseln. Colell kritisierte die innovationsfeindlichen bürokratischen Zustände in der Energiewirtschaft und forderte, dass die Energiewende nicht an der Ablesung von Zählerständen scheitern dürfe.

Standpunkte aus  der Podiumsdiskussion mit Vertreter:innen der Politik

An der politischen Podiumsdiskussion nahmen neben Arwen Colell auch Tina Rudolph (MdB, SPD), Ralph Lenkert (MdB, Die Linke), Bernhard Herrmann (MdB, Bündnis 90/Die Grünen) und Malte Zieher (Vorstand, BBEn) teil.

Tina Rudolph (SPD) betonte, dass es erst mal gut sei, einen Entwurf für Energy Sharing zu haben, sie würde sich wünschen, dass das Modell größer funktioniert und nicht nur Nischenmodell bleibe. Aber auf der anderen Seite dürfe darf man als Sozialdemokratin nicht die vergessen, die durch Veränderungen Mehrkosten hätten. Ihr Herz schlüge für die Kommunalbeteiligung, sie sehe aber auch die Bedeutung von Bürgerbeteiligung. Ähnlich wie seine Kollegin von SPD mochte sich Bernhard Herrmann (Grüne) in manchen Punkten nicht festlegen und riet von einer überstürzten Umsetzung der EnWG-Regelung zur Bürgerbeteiligung ab.

Er forderte, dass Netzentgelte leistungsabhängig bezahlt werden müssten und begrüßte, dass Energy Sharing auch in Quartieren machbar sei. Damit auch die Bevölkerung in abgehängten Regionen von der Energiewende profitieren könne, forderte Ralph Lenkert (Die Linke) eine Kommunalbeteiligung für Neu- und Bestandsanlagen in Höhe von 0,5 Cent je erzeugter Kilowattstunde. Zudem müsse Energy Sharing nicht nur für Strom, sondern auch für Wärme und Verkehr möglich sein.

Bei Malte Zieher (Vorstand, BBEn) schrillten bei der Umstellung von EE-Förderung auf Investitionsförderung die Alarmglocken. Zudem sei es bestürzend, dass nach jahrelangem Engagement für Energy Sharing nun ausgerechnet Bürgerenergiegemeinschaften dem aktuellen Gesetzentwurf zufolge dabei außen vor blieben. Arwen Colell kritisierte die Einschätzung des BMWKs, dass Energy Sharing ein Nischenprodukt bleiben werde - dies sei vielmehr eine realistische Einschätzung des eigenen Gesetzesentwurfs. 

Workshop-Programm und Exkursion

Im letzten Teil der Veranstaltung fand ein vertiefter Austausch in den vier Workshops „BMWK-Vorschlag zu Energy Sharing: Können wir nun loslegen?“, „Netzwerke sozialer Innovationen in der Energiewende“, „Hemmnisse überwinden – wirkt (digitale) Bürger:innenbeteiligung?“, „Wie können Bottom-Up-Nachbarschafts-Initiativen die Energiewende in der Stadt beschleunigen? - Prioritäten, Chancen und Hemmnisse“ statt.  

Auch Neuigkeiten der digitalen Beteiligung-Entscheidungshilfe-Plattform “Energiewende-O-Mat (EOM) waren Bestandteil des Programms, außerdem konnten Beteiligungsmodelle und -formen aus dem EOM im Gallery Walk mit dem Ellery Studio betrachtet werden. Weiterhin gab es viel Raum für offenen Austausch und Vernetzung mit Entscheider:innen und Praktiker:innen, zum Abschluss startete eine Exkursion zum sozial-innovativen, partizipativen Energiewende-Projekt Möckernkiez. Martin Bialluch / Bündnis Bürgerenergie

Über das ENGAGE-Projekt

ENGAGE betreibt Energieforschung und Netzwerkbildung zum gemeinschaftlichen Ausbau gesellschaftlicher Engagementmöglichkeiten. Es erforscht das Potenzial sozialer Innovation in der Energiewende. Dadurch soll eine erfolgreiche sowie inklusive Transformation ermöglicht werden. Alle Erkenntnisse, Werkzeuge und Methoden teilt ENGAGE und hilft dabei, sich sozial sowie finanziell an der Energiewende zu beteiligen.

Ziele des Projekts:

  • Soziales oder finanzielles Engagement von Bürger:innen in Energiewende-Projekten erleichtern
  • Förderung neuer sozialer Innovationsprojekte
  • Entwicklung des Energiewende-O-Mat: Deutschlands zentrale Anlaufstelle und interaktive Entscheidungshilfe für interessierte Bürger:innen an der Energiewende

Partner:innen sind das Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM), das Bündnis Bürgerenergie (BBEn), 100 prozent erneuerbar stiftung, eueco, everyone energy, Ellery Studio.Gefördert durch: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz

Das Projekt lief von Oktober 2021 bis September 2024.

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