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Stadt, Land, Energie: Klimaallianz Bamberg

Viel Platz für PV-Freiflächenanlagen bietet die Landschaft rund um Bamberg.. (Foto: © AEE)

Stadt und Landkreis Bamberg nehmen ihre klimapolitischen Ziele ernst und wollen den Energiebedarf der Region bis 2035 bilanziell zu 100 Prozent eigenständig und aus Erneuerbaren Energien decken. Wenn Stadt und Land gemeinsam für die Energiewende arbeiten schafft das nachhaltige Synergien.

08.05.2016 - Wie hoch ist der Wärmebedarf dieses Straßenzuges? Aus welchen Quellen wird die Energie gewonnen? Wo liegen die Einsparpotenziale? Welcher Straßenzug kann zukünftig mit Heiztechnik auf Basis Erneuerbarer Energien versorgt werden? Diese Fragen stehen derzeit auf der Tagesordnung der Ingenieure des Instituts für Energietechnik, welche die energetische Ausganssituation aller Liegenschaften – ob Schule, Amtsgebäude, Privathaus oder Gewerbehalle – in der Stadt Bamberg und den 36 Gemeinden des Landkreises Bamberg straßenzugsweise untersuchen. Eine sehr umfängliche Aufgabe in einer Region mit rund 51.000 Gebäuden. Doch nur so kann ein flächendeckendes Wärmekataster erstellt werden, das den Ist-Zustand aufzeigt und gleichzeitig Energieeinspar- und Effizienzpotenziale sichtbar macht. „Die Erstellung eines solchen Katasters ist nicht einfach, da man nicht wie beim Strom einfach die Zählerstände ablesen kann“, erklärt Robert Martin, Klimaschutzbeauftragter des Landkreises Bamberg das Vorhaben. Der Landkreis ist zusammen mit der Stadt Bamberg und 36 weiteren Gemeinden Auftraggeber des Katasters. „Nicht nur der Energieverbrauch, sondern auch das Alter der Heizung und die verwendeten Ressourcen müssen ermittelt werden.“ Einmal erstellt, ist das Kataster die Grundlage für eine strategische Umstellung auf eine klimafreundliche Wärmeversorgung. Das Wärmekataster ist eines der vielen Instrumente, die eingesetzt werden, um die klimapolitischen Ziele der 70.000-Einwohner-Stadt Bamberg und der 36 kreisangehörigen Gemeinden des Landkreises Bamberg mit seinen rund 145.000 Einwohnern anzugehen.

100 Prozent erneuerbar bis 2035

Der Landkreis und die Stadt haben sich das Ziel gesetzt, den Energiebedarf der Region bis 2035 bilanziell zu 100 Prozent eigenständig und aus Erneuerbaren Energien für insgesamt 210.000 Menschen zu decken. Der Strom- wie auch der Wärmebereich sollen komplett auf regionale Erneuerbare Energien umgestellt werden. Für die Stadt allein wäre das Ziel in ihren urbanen Strukturen nicht erreichbar: Dem großen Bedarf steht ein Fehlen der nutzbaren Flächen gegenüber. „Allen Beteiligten ist klar: Ohne die Nutzung der Potenziale des Landkreises gibt es keine Energiewende auf Basis Erneuerbarer Energien in der Stadt“, erklärt Klimaschutzbeauftragter Martin die regionale Zusammenarbeit. Wie Stadt und Land kooperieren, zeigt zum Beispiel das Heizkraftwerk im Bamberger Stadtteil Gereuth. Seit Oktober 2012 versorgen die Stadtwerke circa 60 Haushalte mittels Kraft-Wärme-Kopplung klimafreundlich mit Wärme und Strom aus Biogas. Das Biogas in Erdgasqualität stammt aus der Region, wobei auf in Monokulturen angebauten Mais weitgehend verzichtet wird. Durch drei große, 15.000-Liter-Puffertanks kann die Anlage gleichmäßig viel Strom und Wärme aus Biogas produzieren. Es ist kaum noch zusätzliches Erdgas nötig, um Spitzenlasten abzufangen. Pro Jahr werden so rund 550 Tonnen Kohlendioxid eingespart.

Klimaallianz Bamberg

Die Grundlage für die gemeinsame Arbeit ist die 2008 ins Leben gerufene Klimaallianz zwischen Stadt und Landkreis sowie zwischen 36 kreisangehörigen Gemeinden. „Die Klimaallianz Bamberg mit dem Ziel der gemeinsamen Energieautonomie bietet ein Lösungsmodell für eine der vordringlichsten Fragen der kommunalen Daseinsfürsorge an. Städte als Energieverbraucher und das Umland als Energieerzeuger können zukünftig gemeinsam einen Weg beschreiten und so eine nachhaltige Energieversorgung sicher stellen“, fasst Oberbürgermeister der Stadt Bamberg, Andreas Starke, die gemeinsamen Ziele zusammen. Ein erster Schritt der Klimaallianz war 2008 eine Potenzialanalyse die zeigt, welche regenerativen Versorgungsmodelle in der Region möglich sind. Sie ist die Grundlage, um Erneuerbare-Energien-Anlagen und Effizienzmaßnahmen zu planen und sie in eine gemeinsame Raumplanung einzubinden. Als ein nächster Schritt wurde ein Energiekonzept für Stadt und Landkreis erstellt.

Akteure vor Ort

Um die Energiewende vor Ort gemeinsam mit den Bürgern zu gestalten, wurden verschiedene Strukturen aufgebaut. So ist der Klimarat von Stadt und Landkreis seit 2008 ein Gremium, das sich aus dem Umweltsenat des Stadtrates und dem Umweltausschuss des Kreistages zusammensetzt. Er berät und entscheidet über Maßnahmen und Projekte der Klimaallianz. Dem Klimarat unterstellt ist die 2011 gegründete, vom Freistaat Bayern geförderte Klima- und Energieagentur Bamberg. Sie berät Bürger, Stadt und Landkreis und Gemeinden bei Sanierungsmaßnahmen sowie Neubauprojekten und informiert Bürger und Unternehmen – zum Beispiel über Standards bei Dämmung und Heizanlagen, über LED-Technik und Energiesparen. Ihre Aufgabe liegt also darin, die Klimaschutzaktivitäten in der Region zu bündeln, lokale Gruppen zu vernetzen und den Informationsfluss untereinander zu verbessern. Um Städte, Märkte und Gemeinden bei der Umsetzung konkreter Projekte zu unterstützen, gründeten 31 Kommunen zusammen mit dem Landkreis, der Stadt und den Stadtwerken im Dezember 2012 die Regionalwerke Bamberg GmbH. Sie verstehen sich als neutraler Berater, Koordinator und Dienstleister für investive Vorhaben.

Vorteile der gemeinsamen Zusammenarbeit

Durch diese und weitere starke Akteure vor Ort sind bereits viele Projekte umgesetzt worden: So wurden zum Beispiel spezielle Analyse- und Beratungsprogramme für die Energiewende in privaten Haushalten aufgesetzt. Seit 2012 ist in der Stadt Scheßlitz ein Biomasseheizwerk in Betrieb. Mit einer Leistung von 800 Kilowatt versorgt es drei Schulgebäude, eine Dreifachturnhalle und ein Feuerwehrhaus. Die 680 Tonnen jährlich eingesetzten Brennstoffe bestehen zu 30 Prozent aus Waldholzhackschnitzel, die von der hiesigen Waldbesitzervereinigung geliefert werden, und zu 70 Prozent aus Hackgut der Abfallwirtschaft des Landkreises. Seit 2014 ist für die Liegenschaften des Landkreises das kommunale Energiemanagement eingeführt. Sie beziehen seitdem auch zertifizierten Ökostrom. Bis 2020 sollen ihr Energieverbrauch und CO2-Emission um 30 Prozent sinken. Ein weiterer Meilenstein: 24 der 36 Kommunen errichten derzeit jeweils eine Ladesäule für Elektrofahrzeuge – auch dank der finanziellen Förderung durch den Landkreis Bamberg. „Auf dem Weg zu 100 Prozent Erneuerbare Energien bis 2035 gibt es auch in diesem Jahr weitere Anstrengungen und neue Projekte. 2016 wird eine Machbarkeits- und Wirtschaftlichkeitsstudie feststellen, ob auch der Schlamm der hiesigen Klärwerke genutzt werden kann, um klimafreundliche Wärme zu erzeugen“, erklärt Klimaschutzbeauftragter Martin. Das Modell Bamberg – Energie fließt in die Stadt und Geld fließt in den Landkreis – ist Vorbild für viele Regionen in Deutschland. Während Stadt und Landkreis heute 11 Prozent der Energie aus Erneuerbaren gewinnen, werden es im Jahr 2035 schon 100 Prozent im Strom- und Wärmesektor sein. Die Stadt und der Landkreis Bamberg gehen im Bereich Strom von knapp 60 Prozent Windkraft für das Jahr 2035 aus. Auch Biomasse stellt mit knapp 20 Prozent einen erheblichen Anteil, der im Wärmebereich sogar deutlich höher liegen wird. Alena Müller, AEE


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