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Von der Energiewende zur Wachstumswende?

In der NATURSTROM-Zentrale in Düsseldorf diskutierte Postwachstumsökonom Niko Paech mit Ökostrompionier Thomas E. Banning. (Foto: NATURSTROM AG)
In der NATURSTROM-Zentrale in Düsseldorf diskutierte Postwachstumsökonom Niko Paech mit Ökostrompionier Thomas E. Banning. (Foto: NATURSTROM AG)

Wie lässt sich der Klimawandel aufhalten? Postwachstumsökonom Niko Paech meint: nur mit Reduktion. Ökostrompionier Thomas E. Banning setzt dagegen auf die grüne Wirtschaft. In Düsseldorf haben beide über Sinn und Unsinn der Energiewende diskutiert.

09.03.2017 – „Es geht ein Gespenst um: das Gespenst der Energiewende.“ So eröffnet Professor Niko Paech den Abend. Und dabei befindet er sich vor über 100 Zuschauerinnen und Zuschauern mitten in der Unternehmenszentrale eines Vorreiters der Energiewende: der NATURSTROM AG. Unternehmensvertreter haben den renommierten Postwachstumsökonom zu einer Diskussionsrunde mit dem Vorstandsvorsitzenden Dr. Thomas E. Banning eingeladen. Es soll nicht Paechs einzige provokative Spitze an diesem Abend bleiben.

Paech beginnt den Abend mit einem Kurzvortrag zur Postwachstumsökonomie, seinem Steckenpferd, und spart währenddessen nicht mit Kritik an der Energiewende. „Mit dem Klimaschutz stoßen wir an eine ökologische Grenze des Wachstums“, sagt er, „und wirklich grünes Wachstum gibt es nicht“. Auch Photovoltaik- und Windkraftanlagen verursachen während ihrer Herstellung CO2, auch sie verschandeln unsere Landschaften. Darüber hinaus erhöht das Wirtschaftswachstum die Einkommen – und die werden eben nicht nur für Ökostrom sondern auch für Flugreisen ausgegeben.

Den Egoismus der Einzelnen bedienen – und so die Welt retten

„Es existieren keine klimaschonenden Produkte oder Technologien – nur klimaschonende Lebensstile“, betont Paech in Düsseldorf eine seiner Lieblingsthesen. Der Bezug von Ökostrom sei ein wichtiger erster Schritt, aber er dürfe die Debatte um eine notwendige Konsumreduktion nicht verschleiern. Am Ende zähle die CO2-Bilanz – und die müsse jeder von elf auf 2,5 Tonnen senken.

„Ein paar Ihrer Punkte verstehe ich sehr gut“, beginnt Thomas Banning seine Gegenrede, „ein paar sehe ich anders. Als Unternehmer suche ich immer einen Weg und frage: Wie kann man die Realität gestalten, wie die Zukunft? Und in der Realität denken die meisten Menschen zuerst an sich. Wir müssen diesen Egoismus der Einzelnen bedienen – und so die Welt retten. Es ist die Aufgabe der grünen Wirtschaft, alternative Lebensstile zu ermöglichen, die zumindest schrittweise den Ressourcenverbrauch reduzieren.“ Banning entwirft einen Weg, der beide abholt – den ökologisch bewussten Verbraucher ebenso wie den konsumgläubigen.

Peach hingegen konzentriert sich auf kritische Verbraucher und setzt auf eine Leuchtturm-Funktion: „Wir müssen in den Nischen anfangen – durch glaubwürdig veränderte Lebensstile.“ Der grünen Wirtschaft alleine kann Paech wenig abgewinnen: Nur wenn sie in eine Logik des „Weniger“ eingebettet sei, nutze sie wirklich der Umwelt.

Den eigenen CO2-Fußabdruck im Blick

„Grüne Unternehmen helfen doch, genau solche Alternativen aufzubauen“, sagt Banning, „und dabei wissen wir, dass allein Ökostrom nicht reicht – aber ein Anfang und besser als gar nichts ist.“

„Ja, da bin ich bei Ihnen“, stimmt Paech zu, „zu Ökostrom gibt es keine Alternative. Zusätzlich wünsche ich mir zum Beispiel Kundenportraits auf Ihrer Homepage, die sagen: Ich bin Kunde bei NATURSTROM und habe meine CO2-Bilanz im Griff. NATURSTROM hilft mir dabei.“ Banning schmunzelt: Genau solche Portraits werden gerade produziert. Paechs Vorschlag der 20 Stunden-Woche stößt bei dem Vorstandsvorsitzenden hingegen auf weniger Gegenliebe.

Am Ende haben die beiden ähnliche Botschaften an das Publikum vor Ort und im Livestream: Auch kleine Veränderungen können viel bewirken. „Mit dem eigenen CO2-Fußabdruck im Blick“, so Paech.

Wie diese Veränderungen aussehen können, darüber diskutieren die Zuschauerinnen und Zuschauer noch lange nachdem die Mikrofone ausgeschaltet sind. Finja Seroka


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Kommentare

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Albrecht Kern 09.03.2017, 13:55:01

+252 Gut Antworten

Da sind sie wieder - die 2,5 t CO2. Die Logik der Dekarbonisierung und des CO2-Rest-Budgets erfordert jedoch eine Reduzierung auf 0 t CO2 - mit Ausnahme von nicht reduzierbaren Quellen, wie z.B. Landwirtschaft (oder kleinen (?) Mengen an Zement/Beton), umgelegt sprechen wir dabei von vielleicht 1 t CO2. Also: Wo ist die Legitimation, von 2,5 t CO2 zu sprechen?

Sebastian Mayer, Augsburg 12.03.2017, 22:26:57

+245 Gut Antworten

Vor kurzem hat sich Prof. Paech noch viel kritischer über die Energiewende geäußert und sich dafür auch mit Windkraftgegnern zusammengetan.

http://www.grueneliga-berlin.de/der-rabe-ralf/jahrgang-2017/so-viel-oekostrom-gibt-es-nicht/

Vielleicht sehen wir ja hier einen Lernprozess. Vielleicht werden aber auch nur die Widersprüche zugekleistert. Jetzt müsste eigentlich eine Debatte über das Wirtschaftssystem folgen.

Eitel Heck 21.04.2017, 11:24:46

+327 Gut Antworten

Eine Energiewende zur Senkung der Kohlendioxidemission ist notwendig.Bei der gegenwätigen Energiewende vermisse ich die Kriterien einer leistungsorientierten Marktwirtschaft, wodurch Deutschland zu einer Wirtschaftsmacht wurde.

Bei der gegenwärtigen Energiewende sind einige Entscheidungen aus meiner Sicht nicht bis zum Ende gedacht und die Ökonomie spielt nicht die vordergründige Rolle.

Erneuerbare Stromerzeugung sind nach deutscher Energiewende-Lesart:

-Wind-und Solarstrom als Schwerpunkt der Energiewende,

Fakt ist: Solange wir keine bezahlbaren Groß- und Langzeitspeicher für Stromüberschüsse haben, werden herkömmliche Kraftwerke noch 2- bis 3-Jahrzente benötigt( Bildzeitung vom 19.4.2017),

-Biomassekraftwerke: Für die Biomasse werden fosile Kraftstoffe benötigt. Bei der Stromerzeugung entsteht CO2-Emission.

-Geothermikraftwerke:Ausbau ist begrenzt durch aufwendige und teure Tiefenbohrung.

-Wasserkraftwerke: Geologische Voraussetzungen zum Ausbau sind begrenzt.

Keine vordergründige Rolle für eine klimafreundliche Stromproduktion spielen gegenwärtig:

-Wasserstoffkraftwerke mit umweltfreundlichen Brennzellen als erneuerbare Stromproduktion, die in Japan geplant sind.

-Kernkraftwerke der 4. Generation,die in einigen Staaten entwickelt werden.

Vorteile:

-inhärent sicher,

-viel effektiver als gegenwärtige Kernkraftwerke,

-Nutzung von gegenwärtigen Atommüll zur Stromerzeugung, der ansonsten in geologischen Endlagern entsorgt werden müsste,

-Kopplung der Stromproduktion mit Prozesschemie, wie Kraftstoffherstellung, Wasserstoffherstellung und Meerwasserentsalzung.

 

Aus meiner Sicht müsste anstelle grüner Ideologie mehr Fachkompetenz in die Energiewende einziehen.

Es gibt viele Kritiker der gegenwärtigen Energiewende, darunter kompetente Wirtschaftwissenschaftler und Ingenieure sowie Naturwissenschaftler mit langjähriger Industrierfahrung.


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