Biogas-Paket: Der Biogas-Branche droht ein massives Anlagensterben
Enttäuscht zeigten sich Befürworter der Bioenergie über den letzte Woche veröffentlichten Entwurf für ein Biogas-Paket. Ein Kollaps der Branche droht. Dabei könnten Biogaskraftwerke in der aktuellen Dunkelflaute teure fossile Kraftwerke ersetzen.
16.12.2024 – Wenig Wind, wenig Sonne. Während Wind- und Solarenergie zu anderen Zeiten und voller Auslastung für günstige Strompreise an der Strombörse sorgen, ist aktuell Dunkelflaute. Fossile Kraftwerke laufen auf Hochtouren und treiben die Energiepreise in die Höhe. Ein Stahlwerk in Riesa, Sachsen, musste wegen der hohen Preise letzte Woche kurzfristig die Produktion aussetzen. Mitte der Woche erreichte der Preis für die Megawattstunde zwischenzeitlich 936 Euro. So hoch, wie selbst zu Spitzenzeiten der Energiekrise infolge des russischen Angriffskrieges in der Ukraine nicht.
Für die Industrie mahnt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck kurzfristig Entlastungen beim Strompreis an. Die Netzentgelte sollen mit 5,5 Milliarden Euro subventioniert werden, um den Industriestrompreis zu drücken. Langfristig müssen sich speziell in der Stahl- sowie Chemieindustrie Produktionsprozesse ändern, um mit der voranschreitenden globalen Transformation Schritt zu halten, mahnen Wissenschaftler:innen. Eine Verlagerung besonders energieintensiver Prozesse ins Ausland müsse in Betracht gezogen werden.
Zur Unterstützung weiterer Industriezweige und der deutschen Wirtschaft insgesamt aber, fehle es weiter an wirksamen Maßnahmen und Konzepten, kritisieren Vertreter:innen der Erneuerbaren Branche. “Wir stemmen die Energiewende nur mit halber Kraft, wenn das vorhandene dezentrale Backup aus steuerbaren Erneuerbaren, Speicher- und Verbraucherflexibilität nicht stärker genutzt wird“, so Simone Peter, Präsidentin des Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE).
Neben einer fehlenden Wasserkraftstrategie, einem Geothermie-Gesetz und umfassenden Speicherkonzept, kritisieren BEE sowie das Hauptstadtbüro Bioenergie (HBB) insbesondere den vom Bundeskabinett verabschiedeten Entwurf eines sogenannten „Biogas-Paket“. Dieses würde bereits im ersten Jahr zu einem massiven Anlagensterben führen. Insbesondere die Flexibilisierungsanforderungen seien in der Kürze der zugebilligten Zeit kaum umsetzbar, während gleichzeitig nur eine vollkommen unzureichende Anhebung des Ausschreibungsvolumens von 0,75 Gigawatt für die Jahre 2025-2028 sowie eine leichte Erhöhung des Investitionszuschusses für die Flexibilisierung von Biogasanlagen gewährt wurde.
„Deutlich verschärfte Anforderungen an den Anlagenbetrieb ohne Übergangszeiträume bei nahezu gleichbleibender finanzieller Absicherung muss zwangsweise zu Anlagenstilllegungen führen“, so Sandra Rostek, Leiterin des HBB. Simone Peter erklärte schon letzte Woche nach Veröffentlichung des Entwurfs vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWK): „Da eine umfassende Anpassung in dieser Legislatur schwierig werden dürfte, plädieren wir stattdessen erneut für eine Übergangslösung, in der das Ausschreibungsvolumen für 2025 einmalig auf 1.800 MW angehoben wird. Alle weiteren Festlegungen sind dann mit Bedacht und Umsicht in der nächsten Legislaturperiode zu treffen.“ Das Bundeskabinett hatte nur geringfügig Änderungen am BMWK-Vorschlag vorgenommen. Die Kritik des BEE bleibt bestehen.
Weiterhin wird die Bioenergie nicht ausreichend in der Kraftwerksstrategie des Bundes berücksichtigt. Dabei stehen diese regional sofort zur Verfügung und wären kostengünstig. Das HBB spricht von 45 Terrawattstunden Strom, die als Back Up zu den fluktuierenden Erneuerbaren Energien Wind- und Solarenergie bereitstehen würden. Biogasanlagen, die flexibel nach Bedarf produzieren, sollten künftig entsprechend gefördert werden, fordert die Branche. Dafür müsse es eine erhöhte Marktprämie für Biogas nur in den sogenannten Dunkelflauten geben, wenn sie gebraucht werden.
Offen gegenüber Verbesserungen für die Biogasbranche steht die gerade in Wahlumfragen führende Union, die ansonsten bei Energiewende-Themen zwischen den extremen lavieren. Die Forderung von Unions-Politikern nach einer Rückkehr zur Atomkraft wird von Energieexpert:innen und Unternehmen ebenso kritisch gesehen, wie die Rücknahme des Heizungsgesetzes. Bei der Bioenergie hingegen mahnten Vertreter:innen von CDU und CSU wiederholt ein Sterben der Branche auf Raten an, sollte es nicht zu wirksamen Änderungen der Gesetzeslage kommen. mg