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SektorenkopplungPower-to-Gas mit Biogas ist wirtschaftlich

Biogasanlagee in Nordhackstedt in Schleswig-Holstein
Ein Forscherteam hat ein Power-to-Gas-Konzept mit Biogas für den Erneuerbare-Energien-Standort in Nordhackstedt in Schleswig-Holstein entwickelt. (Foto: Erneuerbare-Energien-Standort Nordhackstedt, (Quelle: O. Horn , genehmigt vom FNR)

Windkraft plus Elektrolyse plus Biogas wird zu Grünem Erdgas: Ein Forscherteam bescheinigt dem Ansatz Power-to-Gas wirtschaftliches Potenzial und hat dazu ein Konzept entwickelt, das den Weiterbetrieb von zwei Windenergieanlagen ermöglichen soll.

17.02.2022 – Als ein wichtiger Schlüssel zum Gelingen der dezentralen Energiewende gilt die Sektorenkopplung – damit können Probleme wie das zeitliche Auseinanderlaufen von Stromerzeugung und -nachfrage gelöst werden. Mit dem Ziel, den Weiterbetrieb von zwei Windrädern zu ermöglichen, die keine gesetzlich garantierte Stromvergütung mehr bekommen, hat ein Forscherteam der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) und der Hochschule Flensburg ein Power-to-Gas-Konzept für einen Erneuerbare-Energien-Standort in Nordhackstedt in Schleswig-Holstein entwickelt. Wirtschaftliche Methan-Gestehungskosten wären möglich, haben die Wissenschaftler in ihrer Studie errechnet – vorausgesetzt, es erfolgten Anpassungen bei den regulatorischen Rahmenbedingungen für die Energiewende.

Das Projekt

Die Studienautoren beschreiben die Grundvoraussetzungen des Projekts: In der Gemeinde betreibt der Landwirtschaftsbetrieb Nissen Biogas GmbH & Co. KG eine 900 Kilowatt-Biogasanlage, zwei Satelliten-BHKW (je 400 Kilowatt), ein Nahwärmenetz und zwei Windkraftanlagen mit 600 bzw. 1,5 MWel Nennleistung. Für die beiden Windräder läuft der 20-jährige Vergütungszeitraum nach Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ab – für den Strom aus diesen Anlagen erhalten die Betreiber Bernd und Dirk Nissen nur noch Börsenstrompreise, mit denen die Windräder kaum rentabel zu betreiben sind. Um sie nicht abschalten zu müssen, suchten die Betreiber daher nach neuen Geschäftsmodellen.

Idee und Umsetzung

Das Forscherteam entwickelte anhand der Vorgaben eine Idee mit dem Ansatz Power-to-Gas (PtG). PtG bedeutet die Umwandlung von Stromüberschüssen in einen speicherbaren, gasförmigen Energieträger, der in Zeiten von wenig Wind und Sonne wieder verstromt, als Kraftstoff oder auch als chemischer Grundstoff genutzt werden kann, erläutern die Forscher.

Konkret sieht das Konzept vor, dass die Windräder den Strom für einen Elektrolyseur liefern, der Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff (H2) zerlegt. Die Biogasanlage wiederum liefere Rohbiogas, dessen CO2-Anteil in einem Reaktor mit dem Wasserstoff zu Methan (CH4, erdgasäquivalent) reagiere. In diesem speziellen Fall handle es sich um eine biologische Methanisierung in einem innovativen Rieselbettreaktor, in dem spezialisierte Mikroorganismen, sogenannte Archaeen, unter anaeroben Bedingungen Methan erzeugen und dabei auch Wärme freisetzen.

Im Gegensatz zur katalytischen Methanisierung sei das Verfahren apparatetechnisch weniger aufwändig und technologisch sehr robust, bestätigt das Forscherteam. Es benötige weder Überdruck noch hohe Temperaturen und verbrauche relativ wenig Energie, vor allem durch den Verzicht auf ein sog. Rührwerk. Und schließlich könnte das Verfahren mit einer hohen Produktgasreinheit punkten.

Kopplung mit Biogasanlagen hat viele Vorteile

Für die synergistische Kopplung mit Biogasanlagen spreche nicht nur die Verwendung von Rohbiogas als Input, sondern auch, dass die Nährstoffversorgung der Mikroorganismen im Rieselbett über die flüssigen Gärreste der Biogasanlage erfolgen kann und die ausgekoppelte Reaktionswärme für eine Nutzung, z. B. für die Fermenterheizung, zur Verfügung stehe, erläutern die Studienautoren.

Wirtschaftlichkeit nachgewiesen

In ihrer Durchführungsstudie legten die Forscher eine entsprechende Anlagenkombination für den Standort Nordhackstedt technisch aus und errechneten in verschiedenen Szenarien, zu welchen Kosten das Methan erzeugt werden könnte. Entscheidende Kenndaten dafür wurden in Testreihen in einem Rieselbett-Versuchsreaktor an der BTU ermittelt. Sie zeigten im kontinuierlichen Langzeitbetrieb, dass Rohbiogas als CO2-Quelle für die biologische Methanisierung geeignet ist, heißt es in der Studie.

Die Forschenden erreichten eine dauerhafte und stabile Methanbildungsrate von 7 Nm³ CH4 pro m³ Reaktionsvolumen und Tag bei einer Methankonzentration im Produktgas von 95 Prozent. Entsprechend deuten die Untersuchungen zur Ökonomie auf einen wirtschaftlichen Betrieb hin, so das Fazit der Wissenschaftler. Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Anlagentechnik weiter optimiert werden.

Blaupause für weitere Projekte

In Nordhackstedt wollen nun Landwirte und Forschende das beschriebene Konzept künftig praktisch erproben. Geplant ist die Errichtung eines Elektrolyseurs und eines Rieselbettreaktors. Der Strom solle zunächst nur von der älteren der beiden Windkraftanlagen bezogen werden, die vorgesehene Anschlussleistung des Elektrolyseurs liegt bei 333 kWel. Damit wäre man in der Lage, einen Teilstrom des Biogases aus der Biogasanlage zu methanisieren. In Nordhackstedt würde die weltweit erste kontinuierlich betriebene Pilotanlage dieser Art entstehen, die die biologische Methanisierung mit Rohbiogas unter Praxisbedingungen demonstrieren und als Blaupause für Praxisanlagen dienen könnte, so die Beteiligten.

Für Interessierte hält der Abschlussbericht weitere Daten, Details und Ergebnisse bereit. na


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