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Rhein-Hunsrück-KreisStrom aus Bioabfällen

Biogasanlage, Solarpark, Windräder
Eine Biogasanlage erzeugt Strom – nahezu 100 Prozent emissionsfrei und mit hoher Effizienz. (Foto: Rhein-Hunsrück Entsorgung AöR)

Eine Bioabfall-Vergärungsanlage komplettiert das Energiewende-Geschehen im Rhein-Hunsrück-Kreis. Aus dem gewonnenen Methan-Gas wird Strom erzeugt. Die hohe Effizienz wird erreicht, weil Holz- und Strauchschnitt bürgernah separat gesammelt werden.

06.01.2022 – Als Energiekommune des Jahrzehnts wurde der Rhein-Hunsrück-Kreis ausgezeichnet. Seit drei Jahren ist der Landkreis zwischen Mosel, Rhein und Soonwald bilanziell klimaneutral. Im letzten Sommer ging eine Bioabfall-Vergärungsanlage in Betrieb, die ihresgleichen sucht. Nicht nur die Anlage selbst, auch das Biomasse-Entsorgungskonzept des Landkreises insgesamt sind Faktoren für die ansehnlichen Stromerträge aus Bioabfällen.

Obwohl in der Anlage keine Strauch- und Holzreste verwertet werden, stehen sie am Anfang des Konzepts. Baum- und Strauchschnitte sowie Gartenabfälle werden im Landkreis mit 103.000 Einwohnern an 127 Sammelplätzen vom Entsorgungsbetrieb eingesammelt. Sie werden zerkleinert und gesiebt und landen in drei Heizkraftwerken, die regionale Nahwärmenetze versorgen.

Weil diese Entsorgung so gut klappt, bleiben in den Biotonnen des Landkreises vor allem Küchenabfälle. Diese sehr homogenen Abfälle eignen sich gut für die Weiterverarbeitung in der Biogasanlage. Sie lassen sich leicht zerkleinern und erzeugen im Vergärungsprozess stabil hohe Mengen Methangas.

Druckpresse bereitet Bioabfall ideal auf

Tobias Mladek vom Entsorgungsbetrieb RHE berichtet: „Das innovative an unserer Anlage ist vor allem die Hochdruckpresse. Sie zerkleinert die Abfälle ähnlich wie eine Knoblauchpresse, aber natürlich mit viel mehr Kraft: Mit rund 280 bar Druck werden die Abfälle durch das Sieb gedrückt, das eine Rastergröße von acht Millimetern hat.“ Plastik und andere Störstoffe verbleiben in der Presskammer und werden so zu nahezu 100 Prozent separiert. Aus der Presse kommt eine sehr homogene Masse in den Vergärungsprozess, die bereits sehr gut aufgeschlossen ist, was den Zersetzungsprozess stabil und gut steuerbar macht.

Gas und Gärreste gelangen nach rund 23 Tagen im Fermenter in zwei große Gärrestlager. Die kuppelförmigen Gebäude dienen als Puffer, Gas und Gärreste können dort bis zur Abholung oder Nutzung verbleiben.

Die Abwärme aus diesem Prozess wird am Standort selbst genutzt. Die Gärreste gelangen als Düngemittel in die regionale Landwirtschaft. Sie sind flüssig und werden bodennah ausgebracht. Das Gas für die Stromerzeugung wird gereinigt, bevor es in zwei Blockheizkraftwerken zur Stromerzeugung genutzt wird.

Zwei BHKW erzeugen Strom mit Methangas

Das kleinere der beiden BHKW läuft im Dauerbetrieb und dient der Eigenversorgung der Anlage und des Betriebshofs. Denn allein die Presse zum Zerkleinern hat einen Strombedarf von 800.000 Kilowattstunden pro Jahr. Das größere BHKW wird netzdienlich zugeschaltet. Vor allem morgens und abends produziert es Strom.

Regionaler Strom wurde bislang über Photovoltaik-Anlagen erzeugt, RHE hat ihn in Kooperation mit den Bürgerwerken vermarktet; mit der Biogas-Verstromung kommen nun jährlich etwa 4,4 Millionen Kilowattstunden hinzu. Eine Tonne Bioabfall liefert 130 Normkubikmeter Biogas, was wiederum 350 Kilowattstunden entspricht. Rund 125 Kilogramm Bioabfall kommen jährlich pro Einwohner zusammen, ein Rekordwert im Bundesvergleich. Meist landen Küchenabfälle in größerer Menge im Restmüll.

Die Vergärungsanlage gilt als Low-Emission-Anlage. Sie ist zweifach überbaut, es findet nahezu kein Luftaustausch zwischen innen und außen statt. Geruchsbelästigungen werden so vermieden, die Luft im Inneren der Anlieferungshalle wird gefiltert und gereinigt. Auf eine Aerobisierung wird verzichtet, d.h. im Gärprozess kein Sauerstoff zur Beschleunigung eingesetzt. Zusätzlich wird Abwärme nachverstromt.

Die Energiewende im Rhein-Hunsrück-Kreis präsentiert sich vielfältig. 18 kommunale Nahwärmeverbünde versorgen Häuser auf Basis von Waldrestholz. Die Nahwärmenetze in Neuerkirch-Külz und Ellern, solarthermisch unterstützt, dienten als Muster. Das Baum- und Strauchschnittkonzept der kreiseigenen Rhein-Hunsrück Entsorgung (RHE) zur Beheizung von Schulzentren gilt bereits seit mehr als zehn Jahren bundesweit als vorbildlich.

Musste noch vor 25 Jahren der komplette Strombedarf in den Kreis importiert werden, so produzieren aktuell 276 Windräder Strom für mehr als 300.000 Haushalte. Im Jahr 2020 wurden aus lokaler Biomasse, Photovoltaik und Windkraft bilanziell rund 337 Prozent des Gesamtstromverbrauchs im Kreis erzeugt. Damit ist der Rhein-Hunsrück nach Einschätzung namhafter Experten als erster Landkreis im deutschen Binnenland in den Sektoren Wärme, Strom und Abfall bilanziell CO2-neutral geworden. pf


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