Menü öffnen

Höchstspannungsnetze unter der Erde

Rein rechtlich sieht die Bundesregierung keine Hindernisse, Höchstspannungsleitungen als Erdkabel zu verlegen. Er fehlt jedoch bislang an Erfahrung, wie zuverlässig und teuer die Technologie ist. Ausschreibungen von Pilotverfahren könnten das ändern.

01.07.2015 – In der öffentlichen Debatte über den Bau neuer Stromtrassen taucht immer wieder das Argument auf, neue HGÜ-Leitungen vollständig unter der Erde zu verlegen, sei rechtlich nicht erlaubt. Vor allem Netzbetreiber verweisen darauf, dass der Gesetzgeber nur eng begrenzte Strecken zulassen würde, in denen Erdkabel unterirdisch verlegt werden dürfen – jedoch keine Langstrecken. Die Bundesregierung sieht dies offenbar anders. Rechtliche Gründe sprechen aus ihrer Sicht nicht gegen eine Verkabelung über weite Strecken im Boden, sondern lediglich technische und wirtschaftliche Argumente. Dies wird in der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion zur „Bürgerbeteiligung und Erdverkabelung beim Stromnetzausbau“ deutlich.

Die Bundesregierung  hatte im Vorfeld einen Referentenentwurf zum Leitungsausbaurecht vorgestellt, in dem auch die gesetzlichen Regelungen zur Erdverkabelung teilweise neu gestaltet werden sollen. Mit ihrem aktuellen Gesetzentwurf beabsichtige sie, Möglichkeiten zur Teilerdverkabelung noch zu erweitern, heißt es nun in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Grünen. Was eine vollständige Verkabelung von Höchstspannungsgleichstromleitungen angehe, lägen bisher allerdings nicht genügend Erkenntnisse vor. Die Bundesregierung empfehle deswegen die vorherige Erprobung auf Teilabschnitten.

„In der Antwort auf die Frage Nummer 34, in der es um genau das Thema geht, erwähnt die Bundesregierung keine rechtlichen Aspekte gegen eine Vollerdverkabelung als Hinderungsgrund. Mit voranschreitender Entwicklung und Erkenntnissen könnten die technischen und wirtschaftlichen Gründe durchaus ausgeräumt werden, was gerade bei den geplanten Gleichstromleitungen leichter erscheint, als bei den Wechselstromleitungen“, kommentiert Hans-Josef Fell, Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des EEG.

Fell fordert, auf Bundesnetzagentur und Netzbetreiber politisch Einfluss zu nehmen, damit sie die Erdverkabelung als Regelfall anerkennen und planerisch anwenden. „ Man sollte Pilotverfahren ausschreiben, um endlich belastbare Erkenntnisse, etwa über die Kosten, zu bekommen. Im Bundestag gibt es entsprechende Bewegungen. Selbst Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel forderte kürzlich bei seiner Rede auf dem BDEW-Kongress, die großen HGÜ Leitungen weitgehend unter die Erde zu legen“, so der EEG-Mitverfasser weiter.

Erdkabel sind im Vergleich zu Freileitungen kostenintensiver. Zudem fehlt es an Erfahrung, wie teuer Langstreckenprojekte für Hochspannungsleitungen unter der Erde tatsächlich sind – und ob sie störungsfrei über lange Zeiträume unter der Erde leiten. Erdkabel bieten jedoch auch viele Vorteile und könnten möglicherweise die Akzeptanz für neue Leitungen wie den SuedLInk deutlich verbessern. So würden sie nur eine Schneise von 20 Metern im Wald benötigen, Freileitungen dagegen 80 Meter. Zudem können sie mit Beton durchwurzelungsfest ummantelt werden, weshalb die Schneise sogar wieder zuwachsen könnte. Die Landschaftsoptik wäre anders als Freileitungen vollständig geschützt. Auch die von vielen Anwohnern gefürchteten Emissionen gibt es bei Erdkabeln nicht. rr


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Erich Waldherr 01.07.2015, 10:19:24

+339 Gut Antworten

Warum Erdkabel? Wir brauchen die HGÜ-Trassen nach Bayern nicht. Mit den bestehenden Stromleitungen kann der Strombedarf zumindest mittelfristig gedeckt werden!

Wer mit Windkraft und Leitungen die Versorgungssicherheit schaffen will, macht sich was vor! Der aktuelle NEP geht davon aus, dass zeitgleich zu Starkwindwindeinspeisung auch alle Kohlekraftwerke einspeisen können.

Prof. Dr. Lorenz Jarass meint dazu, dass neue Leitungen für EE nicht zur Versorgungssicherheit beitragen, „weil in Dunkelflauten weder im Süden noch im Norden nennenswert Wind weht und Sonne scheint und die geringe EE-Produktion im Norden verbraucht wird bzw. über bestehende Leitungen in den Süden transportiert werden kann. Dann nutzt nur eine Kombination aus demand side management, Speicher und neuen Reservekraftwerken im Süden. „


Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft