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Abgekühlt – Solarthermie im Abwärtstrend

Schafe vor Solarthermieanlage
(Foto: Erik Christensen auf Wikimedia / CC BY-SA 3.0)

Das Geschäft mit der Sonnenwärme läuft immer schlechter. Nur deutlich steigende Preise für fossile Brennstoffe könnten die Talfahrt der Solarthermie noch stoppen, doch ein erneuter Öl- und Gaspreisschock ist nicht in Sicht. Es fehlen vor allem die richtigen Förderanreize für die Solarthermie.

19.12.2014 – Die Lage der Solarthermie lässt sich nicht mehr schönreden. Mit dem „Fahrplan Solarwärme“ versuchte der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) im Sommer 2012 noch einmal, den Erfolg der Technik herbeizuschreiben. „Bis 2020 wird sich der Solarwärme-Markt bei einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 12,5 Prozent auf einen Zubau von 3,6 Millionen Quadratmeter Kollektorfläche im Jahr verdreifachen“, hieß es damals beim BSW. Der Grund für die optimistische Prognose seien erhebliche Fortschritte bei der Senkung der Produktionskosten durch den Einsatz innovativer Technologien, günstigere Fertigungsverfahren und die Entwicklung alternativer Speicherkonzepte.

Statt mehr Hightech zu verkaufen ist die Branche jedoch immer tiefer in die Krise gerutscht. Von 2008 bis 2013 halbierte sich die in Deutschland jährlich neu installierte Kollektorfläche auf rund eine Million Quadratmeter. Dieses Jahr wird der Zubau sogar erstmals seit 2007 wieder unter die Eine-Million-Euro-Marke fallen.

„Die Zahl der Förderanträge ist stark gesunken“, sagt Gerhard Schallenberg vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). Die Behörde, die das zur Förderung von Solarthermieanlagen, Biomasseheizungen und Wärmepumpen konzipierte Marktanreizprogramm (Map) verwaltet, rechnet dieses Jahr nur mit maximal 25.000 Förderanträgen für Solaranlagen. 2013 und 2012 waren es noch rund 30.000, in den Jahren 2011 und 2010 sogar weit über 50.000.

Nicht nur in Deutschland verliert die Solarthermie an Bedeutung. Nach Zahlen des europäischen Branchenverbands Estif sanken 2013 die Neuinstallationen europaweit um rund zwölf Prozent auf etwa drei Millionen Quadratmeter Kollektorfläche. Allein die für den Absatz unbedeutenden Kleinmärkte Niederlande und Kroatien verzeichneten zuletzt noch leichtes Wachstum. Die schrumpfenden Umsätze wirkten sich auch auf die Beschäftigung negativ aus: 2013 arbeiteten in der europäischen Solarthermiebranche nur noch 26.800 Menschen, 16 Prozent weniger als 2012.

Zum Vergleich: Im Boomjahr 2008 waren in der Produktion und dem Vertrieb von Kollektoranlagen noch 40.000 Menschen tätig. Estif-Präsident Robin Welling macht für die negative Entwicklung „eine Kombination aus verschiedenen Faktoren“ verantwortlich. „Der Markt leidet unter einer politischen Benachteiligung der Solarthermie gegenüber der Photovoltaik, fehlenden Installateuren, Stop-and-Go-Förderungen und Verzögerungen bei der Einführung von Anreizsystemen.“

Die Branche hadert mit Förderung

Auch in Deutschland halten Branchenvertreter eine wirkungsvollere Förderung für nötig. Das 2008 von der Bundesregierung beschlossene Erneuerbare-Energien- Wärmegesetz (EEWärmeG) schreibt vor, in allen Neubauten regenerative Wärmeerzeuger einzubauen. Die Zuschüsse dafür wurden jedoch Ende 2010 gestrichen, weil der Staat nicht fördern will, was er fordert. Geld aus dem Map-Topf gibt es seitdem nur noch für Erneuerbare in Bestandsbauten, wobei die Bundesregierung auch hier den Rotstift ansetzte: Einfache solarthermische Trinkwasseranlagen verschwanden 2010 ebenfalls von der Förderliste, weil sie für den Klimaschutz vermeintlich zu wenig bringen.

So werden in Deutschland mittlerweile nur noch so genannte Kombianlagen gefördert, die sowohl heißes Wasser liefern als auch die Heizung unterstützen. Systeme mit bis zu 16 Quadratmetern Bruttokollektorfläche erhalten derzeit einen Festbetrag von 1.500 Euro, jeder weitere Quadratmeter wird mit 90 Euro bezuschusst. Der Branche ist diese Förderung zu einseitig. „Wir wollen mit dem zuständigen Bundeswirtschaftsministerium besprechen, ob nicht auch Trinkwasseranlagen wieder bezuschusst werden können“, sagt Carsten Kuhlmann vom Heizungsverband BDH.

Der Experte sieht weiteren Verbesserungsbedarf: Das EEWärmeG gilt auch dann als erfüllt, wenn als Ersatz für den Einbau eines regenerativen Wärmeerzeugers eine wirksame Effizienzmaßnahme ergriffen wird, das Gebäude also beispielsweise eine besonders gute Dämmung erhält. „Wer darüber hinaus noch in einen zusätzlichen Wärmeerzeuger investiert und die gesetzlichen Anforderungen somit übererfüllt, sollte für diese zusätzliche Investition künftig eine Förderung erhalten“, empfiehlt Kuhlmann.

Andere Branchenvertreter wollen das Map sogar komplett umkrempeln, um frischen Wind in den Markt zu bringen. Sie würden die bisherige Bruttoförderung in eine Kollektorförderung verwandeln, die sich nach den Jahreserträgen der Anlagen richtet: Je mehr Kilowattstunden Wärme produziert werden, desto mehr Zuschüsse sollten fließen, so die Überlegung. Der Vorteil dieser Fördervariante: Sie würde leistungsstärkere Kollektoren begünstigen, die höhere solare Deckungsraten und somit mehr Klimaschutz ermöglichen. Der Nachteil: Ein allzu differenziertes Fördersystem wäre mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden und könnte Handwerker gegenüber Kunden in Erklärungsnot bringen.

Ob das Bundeswirtschaftsministerium allerdings überhaupt eine Map-Novellierung erwägt und in welche Richtung sie gehen könnte, ist derweil völlig offen. „Beim Ministerium läuft derzeit eine Generalinventur, viele angedachte Maßnahmen der Energiewende stehen auf dem Prüfstand. Deshalb dringt von den Diskussionen um die Solarthermieförderung nichts nach außen“, erklärt Bafa-Experte Schallenberg. Das klingt nicht gerade nach einem konsequenten Rettungsversuch der Solarthermie.

Doch selbst für den Fall, dass die Bundesregierung das Map zügig im Sinne der Branche novelliert, wäre fraglich, ob diese Maßnahme helfen würde. Der Berliner Energieprofessor Volker Quaschning ist skeptisch, denn die Solarthermie hat aus seiner Sicht einen gravierenden Nachteil: Sie ist viel zu teuer. „Am Ende steht bestenfalls eine schwarze Null.“ Um Investoren zu locken und einen nennenswerten Zubau zu ermöglichen, müssen die Zuschüsse aus Quaschnings Sicht deutlich erhöht werden. „Das wird sich die Bundesregierung wegen der hohen Kosten aber nicht trauen“, so seine Einschätzung.

Falsche Kostenversprechungen

Noch besser wäre es natürlich, die Branche würde ihre Genesung mit kostensenkenden Innovationen selbst organisieren. Allerdings besteht in absehbarer Zeit nur wenig Hoffnung auf günstigere Kollektoranlagen. Zwar sprechen die Verbände seit Jahren vom hohen Entwicklungspotenzial der Technik. So erklärte die Solarthermie- Technologieplattform DSTTP bereits 2007, neue Kollektoren aus Kunststoff statt aus Metall und Glas könnten dazu beitragen, die Solarwärmekosten von zwölf bis 14 Cent auf fünf Cent pro Kilowattstunde zu senken.

Die angepriesene Technik ist jedoch bis heute nicht auf dem Markt, die Kosten verharren immer noch annähernd auf dem gleichen Niveau wie 2007. Inzwischen gibt sich die Branche realistischer: „Kunststoffkollektoren gehen zu Lasten der konstruktiven Sicherheit und können die bewährte Technik nicht ohne Weiteres ersetzen. Das Kostensenkungspotenzial ist bei den Kollektoren gleich null“, gesteht Kuhlmann. Auch bei der Installation der Anlagen sind keine großen Preisnachlässe zu erwarten. In der Regel übernehmen Firmen aus dem Bereich Heizung, Sanitär, Klima diese Arbeit. Sie sind mit der Modernisierung von Bädern gut ausgelastet. Die Solarthermie hingegen ist mit dem Abschwung für die meisten zu einem Nebengeschäft geworden, das nur noch am Rande mitbedient wird. Wer heute eine Solarthermieanlage ordert, verlangt also quasi eine Exklusivleistung, für die zum Teil satte Aufschläge gefordert werden.

So kann die Branche im Prinzip nur hoffen, dass steigende Preise für fossile Brennstoffe die hohen Solarthermie-Preise relativieren und ihr neue Kunden bescheren. „Wir brauchen eine energiesensible Situation“, sagt Kuhlmann. Als 2008 der Ölpreis auf eine Rekordmarke von über 140 Dollar pro Barrel (159 Liter) kletterte, entwickelte sich eine solche Situation. Die Angst vor ausufernden Energierechnungen trieb Verbraucher zur Sonnenwärme, prompt verdoppelte sich die neu installierte solarthermische Leistung 2008 auf über zwei Millionen Quadratmeter Kollektorfläche. Dadurch konnten die deutschen Solarthermie-Hersteller ihre Umsätze auf zwei Milliarden Euro verdoppeln und auf Anhieb 15.000 neue Arbeitsplätze schaffen.

Die derzeitige Entwicklung der fossilen Brennstoffpreise spricht allerdings eher gegen einen erneuten Aufschwung regenerativer Wärmeträger. Anfang November erreichte der Ölpreis mit 77 Dollar pro Fass seinen tiefsten Stand seit 2012, und eine Trendumkehr ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Analysten glauben, dass das Ölangebot die Nachfrage auf absehbare Zeit übersteigen wird und der Preis deshalb sogar noch sinken könnte.

Nach einer Untersuchung der Bostoner Harvard University haben Ölunternehmen in den vergangenen vier Jahren sagenhafte 2.500 Milliarden in die Entwicklung von Ölfeldern gesteckt. Durch eine Zunahme der Förderkapazität wollten sie erneute Engpässe und einen Preisanstieg vermeiden. Ausgerechnet jetzt schwächelt die Weltkonjunktur, zudem saugt Amerika aufgrund seiner Fracking-Aktivitäten immer weniger Öl vom Weltmarkt. Schlechte Nachrichten für die Solarthermie, der in Europa die ewige Nische droht.
Sascha Rentzing (neue energie, Nr. 12, Dezember 2014, S.38-41) 


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Kommentare

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Alexander 05.01.2015, 21:51:05

+342 Gut Antworten

Eine Photovoltaikanlage mit Wärmepumpe ersetzt die Solarthermie vollständig.

 

Photovoltaik funktioniert bei niedrigen Temperaturen besser als Solarthermie. Der schlechtere Wirkungsgrad wird durch die Wärmepumpe wieder ausgeglichen.

 

Stromüberschüsse können sinvoll im Haus genutzt oder sogar verkauft werden.

 

Statt Tränen zu verschütten sollte man lieber nach vorne schauen und die Solarthermie, als eine Technologie betrachten, die nicht mehr zeitgemäß ist.

Berliner Sonne 23.04.2015, 12:08:52

+356 Gut Antworten

"Betriebswirtschaftlich" betrachtet, ist das alles sicher richtig. Nun, ich habe eine Anlage gebaut, die eine Solarthermie erfordert, also ist di eenthalten, aber dennoch deutlich kostengünstiger als eine "klassische" Solewärmepumpe (Bohrung). Also nicht die Senkung der Herstellungskosten war hier ausschlaggebend, sondern die Technologie. Und seit einigen Tagen ist meine WP bereits komplett aus. Das das effizienter ist, auch in der WP-Jahresbilanz, leuchtet sicher ein.


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