Menü öffnen

Schwimmende SolarparksPhotovoltaik auf dem Wasser ist im Kommen

Schwimmender Solarpark Seekdorn bei Zwolle (Niederlande). Bis Ende Oktober soll die 14,5 Megawatt Anlage vollends fertiggestellt sein. (Fotos: © BayWa r.e.)
Schwimmender Solarpark Seekdorn bei Zwolle (Niederlande). Bis Ende Oktober soll die 14,5 Megawatt Anlage vollends fertiggestellt sein. (Fotos: © BayWa r.e.)

Weltweit werden immer mehr schwimmende Photovoltaikanlagen auf künstlich angelegten Binnengewässern installiert, um so zusätzliche Flächen für die Solarstromerzeugung nutzen zu können. Im niederländischen Zwolle realisiert BayWa r.e. derzeit auf einem Baggersee eine 14,5 Megawatt starke Anlage.

29.10.2019 – Von weitem fällt der schwimmende Solarpark Sekdoorn bei Zwolle kaum ins Auge. Erst in Ufernähe des mehrere Hektar großen Sandabbausees sind die Photovoltaikmodule auf der Wasserfläche zu erkennen. Sie sind mit einer patentierten Unterkonstruktion in Dreiecksform auf Schwimmkörpern montiert. 13.330 Megawattstunden soll die 14,5 Megawatt Anlage mit insgesamt 39.544 Solarmodulen jährlich liefern, wenn sie bis Ende Oktober vollends fertiggestellt ist. Gebaut wird sie von BayWa r.e.. Die Münchener sind in Holland über das Unternehmen Groenleven aktiv.

Doch noch herrscht reges Treiben auf dem Montageplatz für die „Solarboote", auf welche jeweils 12 Photovoltaikmodule mit je 365 bis 375 Watt Leistung und Glasscheiben auf der Vorder- und Rückseite montiert sind. In Windeseile montieren geschulte rumänische Bautrupps die vorkonfigurierten Komponenten zusammen und schieben sie dann über eine Rampe ins Wasser. Dann werden sie im Schlepptau von Motor-Schlauchbooten an die anderem „Solarboote“ in Reihen angedockt und diese dann in Blöcken zu dem kompletten Park verbunden. Zwischen den Blöcken sind jeweils begehbare schwimmende Wechselrichter-Straßen mit 10-kV Trafostationen montiert. Der Starkstrom der Anlage wird über gebündelte Leitungen, die mit schwimmenden Schutzrohren ummantelt sind, an eine vorgesehene Übergabestation ans Ufer geleitet. Für etwaige Fehlerfälle gibt es mehrere Erdungen.

Hoher Vorfertigungsgrad und einfache Begehbarkeit entscheidend

Über 60 Anker, die am Ufer befestigt sind, stabilisieren den schwimmenden Park. „Wenn es hier richtig windet, können die Wellen bis zu einem Meter hoch werden", sagt Edgar Gimbel, Technischer Direktor bei BayWa r.e. Um den Solarpark davor zu schützen, sind zur offenen Seeseite hin Wellenbrecher aus Stahlrohren montiert. Auch an einem Tag wie heute weht es schon recht kräftig, doch die Wartungsstege zwischen den Solarmodulreihen und Wechselrichtern bewegen sich nur unmerklich und können normal begangen werden. „Eine leichte Begehbarkeit der Anlage ist sehr wichtig, um diese im Bedarfsfall einfach und sicher warten zu können", betont Gimbel. Für eine möglichst einfache und schnelle Montage des Parks sei zudem ein hoher Vorfertigungsgrad und der modulare Aufbau sowie eine möglichst einfache und sichere elektrische Verkabelung entscheidend.

Schutz der Gewässerökologie im Fokus

Großen Wert legte BayWa r.e. auch auf den Schutz der Gewässerökologie: Die Solarmodule haben einen ausreichenden Abstand zur Wasserfläche, um den Wasseraustausch zu gewährleisten und eine Eutrophierung zu verhindern. Zudem können Enten und andere Wasservögel darunter schwimmen. Die Schwimmpontons sind laut Gimbel aus dem strapazierfähigen Kunststoff HDPE gefertigt, der für die Verwendung in Trinkwasser geeignet sei. Entwickelt wurde die Unterkonstruktion in Zusammenarbeit mit dem PV-Stahlbauunternehmen Zimmermann im baden-württembergischen Oberessendorf (Landkreis Biberach/Riss). „Um negative Auswirkungen auf die Lebensqualität anliegender Gemeinden zu vermeiden, installieren wir schwimmende Solaranlagen ausschließlich auf künstlichen Gewässern wie Sandgruben, Steinbruchseen, Bewässerungsbecken, auf Staudämmen, auf Wasseraufbereitungsanlagen und Süßwasserspeichern, auf Aquakulturteichen oder auch in Auen“, unterstreicht Gimbel. So sei die Akzeptanz für die Anlagen bisher gut, das Projekt in Zwolle sei aktiv von der Gemeinde unterstützt worden.

Mehrkosten – doch etwas höherer Ertrag sowie Doppelnutzung

Wie sieht es mit Kosten und Ertrag aus? „Die Mehrkosten gegenüber PV-Freiflächenanlagen an Land liegen derzeit noch bei circa 20 bis 25 Prozent", sagt Benedikt Ortmann, verantwortlich für das Solarprojektgeschäft bei BayWa r.e.. Doch ist er zuversichtlich, dass diese durch weitere Optimierungen in absehbarer Zeit auf etwa 10 Prozent gedrückt werden können und mittelfristig schwimmende Solarparks kaum teurer sind als an Land. Zu Gute kommt den schwimmenden Solarsystemen ein um mehrere Prozentpunkte höherer Ertrag aufgrund der Kühlwirkung des Wassers für die Module bei höheren Temperaturen. Zudem bietet sich vielfach die Möglichkeit der Doppelnutzung: So wird in Sekdoorn der vordere Teil des Baggersees für die Solarstromerzeugung genutzt, im hinteren Teil läuft noch der Sandabbau.

Jedenfalls macht BayWa r.e. in Ländern wie den Niederlanden mit knappen Landflächen und reichlich künstlichen Gewässern Dampf in punkto schwimmende Solarparks: Noch im Oktober soll der Bau der mit 27,4 Megawatt bisher größten Anlage auf dem Wasser in den Niederlanden starten. Bis im Sommer kommenden Jahres möchte man schwimmende PV-Anlagen mit einer Leistung von 100 bis 150 Megawatt auf künstlich angelegten Gewässern in den Niederlanden betreiben. Finanziert werden solle diese wie in Sekdoorn über die Teilnahme an Ausschreibungen im Rahmen des SDE+ Programms.

Hohes Potenzial auf ehemaligen Kohlebergbau-Seen

„Auch in Deutschland haben wir erste Kontakte zu Seebesitzern, einem Energieversorger und einem Projektentwickler", sagt Ortmann. Doch seien im Rahmen des derzeitigen Designs der Ausschreibungen schwimmende PV-Anlagen mit einer Leistung von mehr als 750 Kilowatt in Deutschland eher noch nicht konkurrenzfähig. Doch mit einer weiteren Kostensenkung oder über die Einführung von Innovationsausschreibungen könnte sich dies ändern. Jedenfalls sieht Ortmann auch hierzulande gute Chancen.

Das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE jedenfalls bezifferte jüngst das Potential für schwimmende Solarparks in Deutschland allein auf stillgelegten Kohlebergbau-Seen auf 10 bis 15 Gigawatt. Die derzeit größte schwimmende Solaranlage Deutschlands befindet sich auf einem Baggersee in Renchen (Ortenaukreis/Baden-Württemberg) und hat eine Leistung von 750 Kilowatt. Sie liefert jährlich rund 800.000 Kilowattstunden Solarstrom, womit vor allem die Maschinen eines Kieswerks versorgt werden.

Weltweit sind momentan schwimmende Solarparks mit einer Gesamtleistung von mehr als 1,3 Gigawatt auf künstlich angelegten Binnengewässern installiert, die meisten davon in China. Hans-Christoph Neidlein


Mehr zum Thema


energiezukunft