Menü öffnen

HTW-StudieSolarstromausbau für den Klimaschutz

Solarstromausbau
Wie viel Photovoltaik ist in Deutschland zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens erforderlich? (Bild: © HTW)

Laut einer HTW-Studie reichen die Koalitionsziele nicht aus, um das Pariser Klimaabkommen einzuhalten. Etwa doppelt so hohe Zubauziele für Erneuerbare seien erforderlich, damit Deutschland bis 2035 CO2-neutral werde. Photovoltaik könne Lücken füllen.

01.12.2021 – Deutschlands derzeitiger Ausbau an Erneuerbaren Energien und auch die ambitionierteren Pläne im Koalitionsvertrag reichen nicht aus, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Eine Studie der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) untersucht nun, wie viel Deutschland tatsächlich in den nächsten Jahren zubauen muss. Eine besondere Rolle spielt dabei die Photovoltaik. Denn laut der Studie der Forschungsgruppe Solarspeichersysteme hat PV die besten Voraussetzungen, Schwankungen auf dem Weg zur Klimaneutralität auszugleichen.

Mehr Klimaschutz wagen

Bisher zielen die Klimaschutzgesetze und auch die Verlautbarungen der Ampel auf CO2-Neutralität bis 2045 ab. Damit würde Deutschland jedoch seine globalen Klimaschutzverpflichtungen nicht einhalten und die Pariser Klimaziele verfehlen, so die HTW-Studie. Um seinen Beitrag für eine Begrenzung auf zumindest 1,7-Grad Erderwärmung zu leisten, müsse Deutschland bereits 2035 vollständig CO2-neutral werden.

In der Studie werden drei mögliche Wege aufgezeigt, das Energiesystem fossilfrei umzubauen. Für die CO2-Neutralität braucht Deutschland mehr Sonnenstrom, mehr Windkraft, grünen Wasserstoff und eine weitgehende Elektrifizierung aller Sektoren. Hier sind im Besonderen die energieintensiven Bereiche Verkehr, Gebäude und Industrie zu nennen, bei denen zusätzlich die Energieeffizienz gesteigert werden sollte. Weiterhin braucht ein erneuerbares Energiesystem flexible Speicher und Sektorenkopplung. Die Studie empfiehlt hierfür klare Maßnahmen und zeigt auf, wie unterschiedliche Zubaumengen in verschiedenen Sektoren den Zeitpunkt der CO2-Neutralität beeinflussen. Die Photovoltaik könne dabei zur wichtigen Stellschaube werden.

Klare Leitlinien

Die Studie gibt an, dass in 15 Jahren Erneuerbare 100 Prozent des Endenergiebedarfs decken müssen. Alle Erneuerbaren Energien müssen dafür massiv ausgebaut werden. Bereits ab 2025 sollten keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr neu zugelassen oder Gas- und Ölkessel (neu-)eingebaut werden. Es wird zudem angenommen, dass Deutschland größere Mengen an grünem Wasserstoff benötigt, als produziert werden können. Etwa 24 Prozent des Gesamtenergiebedarfs sollen so gedeckt werden. Die Autoren der Studie nehmen an, dass je nach Szenario unterschiedliche Mengen grüner Wasserstoff aus dem Ausland importiert werden müssen.

Windenergie werde neben grünem Wasserstoff zum Hauptenergielieferanten. Die Windkraftkapazität soll dazu auf 200 GW an Land und 70 GW auf See steigen. Die Photovoltaikleistung soll sogar verzehnfacht werden, auf 590 GW. Dies entspräche einem Zubau von mindestens 40 GW pro Jahr. Zurzeit werden durchschnittlich nur etwa 6 GW zugebaut und der Koalitionsvertrag sieht etwa 16 GW vor.

Sonnenstrom flexibel anpassen

Der Photovoltaik misst die Studie eine besondere Rolle zu. Denn PV-Technologie sei kostengünstig, flexibel skalierbar und in der Bevölkerung großflächig akzeptiert. Damit könne PV zur Stellschraube werden, um Bedarf in anderen Bereichen auszugleichen. Werden Klimaschutzmaßnahmen in anderen Sektoren schneller oder langsamer umgesetzt, so würden sich die notwendigen Zubaumengen für PV entsprechend verändern.

Die hier genannte Ausbaumenge von 590 GW installierter Photovoltaik entspricht dem mittleren Szenario der Studie, die zur CO2-Neutralität bis 2035 mit 60 Prozent importiertem grünen Wasserstoff führt. Sollte zum Beispiel der Windkraftausbau jedoch stärker als gedacht stocken, könnte die Solarenergie „einspringen“. Photovoltaik habe also das Potenzial, die Bedarfslücke zwischen Strombedarf, Erneuerbarer Kapazität und CO2-Neutralität in Deutschland zu schließen.

Um diese Flexibilität der Photovoltaik zu erhalten, sollte der Photovoltaikmarkt in Deutschland jedoch bis 2027 auf 45 GW pro Jahr wachsen. Nur so könne ein langfristig akzeptabler Photovoltaikzubau ermöglicht werden, ohne schwindelerregende Höhen bzw. Geschwindigkeiten in der Zukunft erwarten zu müssen.

Ein Platz an der Sonne

In der Studie wird angenommen, dass die Solarstrombranche in den kommenden Jahren zu einem bedeutenden Wirtschaftszweig mit voraussichtlich mehr als 250 000 Arbeitsplätzen wird. Mit entsprechenden Aus-, Um- und Weiterbildungsangeboten könnte die Branche auch Fachkräften aus anderen Bereichen eine Zukunft bieten.

Doch es brauche politischen Willen und klare Impulse. Die Studie legt zudem nahe, dass die CO2-Neutralität bis 2035 auch notwendig sei, um das Klima verfassungskonform zu schützen. Das Bundesverfassungsgericht hatte erst in diesem Jahr einen stärkeren Klimaschutz und die Erfüllung der Pariser Klimaziele angeordnet. Noch ist dies möglich, doch Klimaschutz müsse endlich politisch und gesellschaftlich priorisiert werden, so die Autoren der Studie, zu denen auch Mitbegründer von Scientists for Future, Professor Volker Quaschning gehört. jb


Mehr zum Thema


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft