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13.10.2015 – Solarthermie-Anlagen zur Warmwasserbereitung haben sich im Gebäudebereich mittlerweile zwar ganz gut durchgesetzt, doch zur Raumheizung wird die einfache Technik noch zu selten genutzt. Dabei ist die Solarthermie eine einfache und kostengünstige Technik und rechnet sich – gerade auch für die Raumbeheizung. Förderung soll Abhilfe schaffen.

Das neue Marktanreizprogramm (MAP) für Hausheizungen mit Erneuerbaren Energien gibt es seit Anfang April 2015. Saniert man bspw. ein Gebäude auf den KfW-55-Standard, sind die Jahreskosten einer Solarthermie-Anlage, die 60 Prozent der Heizwärme liefert, niedriger als bei einer reinen Erdgasheizung. Außerdem lässt sich der ohnehin geringe Primärenergieverbrauch pro Quadratmeter eines KfW-55-Hauses noch einmal halbieren, wenn eine solche kostenoptimale Solarthermie-Anlage installiert wird. Ein KfW 55-Haus etwa kann mit einer Kollektorfläche von 0,2 Quadratmetern je Quadratmeter Gebäudenutzfläche über 50 Prozent des gesamten Wärmebedarfs solar decken. Lässt die Sonnenstrahlung nach, so können andere Wärmeerzeuger den Solarthermie-Anteil ersetzen.

Eine solarthermische Anlage kann auch an kalten Tagen ausreichend Warmwasser zur Raumheizung mit bis zu 40 Grad Celsius zur Verfügung stellen. Für den winterlichen Betrieb sind dabei Flächenheizungen wie Wand- oder Fußbodenheizungen mit möglichst niedrigen Vorlauftemperaturen geeignet – das ist bei der Altbausanierung nicht immer nachträglich möglich. Bei Wohngebäuden werden in der Regel Flach- und Röhrenkollektoren als Dachanlagen verwendet. Selten genutzt werden bislang fassadenintegrierte Solarkollektoren, sie haben den Vorteil, dass sie gleichzeitig die Fassadenverkleidung ersetzen und als modernes Gestaltungselement in der Architektur sichtbar werden.

Im Workshop HeizSolar des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) wurde festgestellt, dass es durch die MAP-Förderung billiger ist, die solare Deckung auf 70 oder 80 Prozent zu erhöhen, als eine kleine Solaranlage zu wählen, die nur 30 Prozent schafft. Das geht aus den vorläufigen Ergebnissen des Projektes hervor, in dem seit 2011 neun sogenannte Sonnenhäuser wärmetechnisch vermessen und optimiert wurden. Diese Berechnungen gelten zunächst für ein durchschnittliches Einfamilienhaus.

Noch günstiger wird es bei Mehrfamilienhäusern. Um in einem Bestandsgebäude einen solarthermischen Deckungsgrad von 50 Prozent und damit die spezielle Sonnenhaus-MAP-Förderung zu erreichen, kann man laut Studie sogar in vielen Fällen die alten Heizkörper beibehalten – vorausgesetzt, man erreicht mittels Wärmedämmung einen KfW-55-Standard.

Doch selbst wenn man nur auf KfW 70 dämmt sei nicht immer eine Fußbodenheizung nötig. Es könne reichen, so die Forschungsergebnisse, effiziente Radiatoren einzubauen. Voraussetzung sei dann aber die Verwendung von besonders leistungsfähigen Vakuum-Röhrenkollektoren. Deren Leistungsvorsprung könnte man aber auch nutzen, um in einem Einfamilienhaus 50 Prozent solare Deckung mit nur zwei Kubikmetern Speichervolumen zu erreichen. Ein Wärmespeicher dieser Größe passt meist auch nachträglich in ein vorhandenes Gebäude und muss nicht zwangsläufig im Keller stehen.

Solare Wärme speichern

Ein wichtiger Baustein bei der Solarthermie ist das Speicherthema. Im Sommer, bei reichlicher Sonneneinstrahlung, gibt es überschüssige Wärme, die im Winter eher fehlt. Bauherren von Ein- oder Mehrfamilienhäusern haben oft Probleme mit der Größe von Solarspeichern, weiß Rolf Meißner, Geschäftsführer der Ritter XL GmbH, die ein System entwickelt hat, welches das Speichervolumen um 80 Prozent reduzieren kann und dafür auf Bauteil-Aktivierung setzt. In der Regel werden Gebäude mit solarthermischer Energieversorgung mit einem zentralen Pufferspeicher realisiert. Das Volumen der Speicher liegt bei Einfamilienhäusern in der Regel bei rund 7 Kubikmetern.

Mit dem neuen Systemkonzept steht nun nicht mehr der Pufferspeicher allein im Zentrum der Anlage; es wird stattdessen eine temperaturoptimierte Aufteilung der Solarenergiegewinne auf unterschiedliche Senken durchgeführt. Ergebnis ist ein deutlich kleinerer Pufferspeicher (Ziel: 1 m³), dafür Aktivierung von Betonbauteilen in Fußboden und Decke, die direkt über den Solarkreis aufgeladen werden. Andere Firmen wie etwa Zapf oder Mall bieten solarthermische Speicher im Erdreich an, wenn es im Haus oder Keller zu wenig Platz gibt, dafür aber im Garten. Zudem lassen sich Solarwärmespeicher in Treppenhäusern geschickt integrieren.

Solarthermie im Quartier

Auch für die städtische und quartiersbezogene Energieversorgung kann Solarthermie sinnvoll eingesetzt werden. In Hamburg-Wilhelmsburg wurde eine Solarthermie-Anlage mit rund 1.350 Quadratmetern Vakuumröhren-Kollektorfläche auf dem Energiebunker installiert. Der ehemalige Flakbunker ist zum Symbol des Klimaschutzkonzeptes Erneuerbares Wilhelmsburg geworden und liefert heute Warmwasser und Heizwärme für ein mehr als 1,2 Quadratkilometer großes Stadtgebiet. Die große Solarthermie-Anlage speist gemeinsam mit einem Biomasse-Blockheizkraftwerk einen Wärmespeicher mit insgesamt zwei Millionen Litern Wasser.

Solares Kühlen

Dass mit Solarenergie Brauchwasser erwärmt und Räume geheizt werden ist bekannt; Sonnenwärme zur Kühlung zu nutzen noch weniger. In seinem 2006 erweiterten Musée du Bonbon im südfranzösischen Uzès setzt die Firma Haribo auf Erneuerbare Energien – mit einer innovativen Solarthermie-Anlage auf dem Vordach zum Eingang. Der Clou dabei: Gekühlt wird hier mit der Sonne. Die Phönix Sonnenwärme AG realisierte hier mit ihrer Tochter der SK Sonnenklima GmbH eine mit einer Absorptionskältemaschine gekoppelte Solaranlage. Im Juni 2007 wurde die solarthermische Anlage auf dem Vordach des Haribo Museums in Betrieb genommen. Hier kommt die von der TU Berlin, der ZAE Bayern und Phönix Sonnenwärme AG entwickelte Kältemaschine Suninvers zum Einsatz: Sie arbeitet bereits bei Antriebstemperaturen von 55 Grad Celsius und ist mit zehn Kilowatt Nennleistung auch für die Kühlung kleinerer Flächen einsetzbar. Die Überschusswärme aus den Kollektoren deckt sich im Sommer mit den Bedarfsspitzen der Gebäudekühlung.

Kommunale solare Wärmeversorgung

Solare Wärmenetze beruhen auf der Einbindung solarthermischer Großanlagen in Nah- und Fernwärmenetze. In Baden-Württemberg könnten sie bis zu 15 Prozent mit solarthermischer Energie versorgt und werden – das ergab eine im Rahmen des Projekts SolnetBW erschienene Studie. Deutschlands größte Solarthermie-Anlage mit einer Kollektorfläche von 7.300 Quadratmetern wird von den Stadtwerken Crailsheim betrieben. Die Autoren der SolnetBW-Studie haben anhand bereits bestehender Anlagen im Idealfall Wärmegestehungskosten von 3 bis 5 Cent pro Kilowattstunde ermittelt. Damit wird die Solarthermie in zahlreichen Anwendungen zu einer wirtschaftlich konkurrenzfähigen Erzeugungsoption.

Technologie und Gesetzgebung optimieren

Das Spektrum der solarthermischen Anwendungsmöglichkeiten reicht von einfachen Aufdachanlagen über dach- und fassadenintegrierte Kollektoren bis hin zu Kombisystemen mit Erdwärmeanwendung, Solar-Aktivhäusern, Fernwärmeversorgung, luftgekühlten Absorptionskälteanlagen zur Klimakälteerzeugung oder der solaren Meerwasserentsalzung in Gewächshäusern. Die Niedertemperatur-Solarthermie zur Trinkwassererwärmung, Raumheizung, Kühlung und Prozesswärme-Bereitstellung ist ein wichtiger Baustein der dezentralen Energiewende und könnte bis 2030 einen Anteil von etwa 50 Prozent an der Wärme- und Kälteversorgung übernehmen, schätzt die Deutsche Solarthermie-Technologieplattform DSTTP – doch dazu müsste das öffentliche Forschungsbudget für die Niedertemperatur-Solarthermie-Forschung massiv erhöht werden.

Vor allem Dänemark gilt in Sachen Solarthermie als Vorbild. Neben technologischen und kostenoptimierenden Parametern sind es die politischen Stellschrauben, die den Markt vorangebracht haben. Im Zuge des Energiefahrplans 2020 bis 2050 will Dänemark so schnell wie möglich von Öl, Gas und Kohle unabhängig werden. Während die Nutzung von Fernwärme aus KWK-Anlagen bislang wirtschaftlicher war als der Einsatz von solarthermischen Anlagen, verschiebt sich die Kosten-Nutzen-Rechnung durch eine hohe Besteuerung von Gas nun zugunsten der solarthermischen Fernwärme. Der Plan sieht zudem vor, dass in Neubauten keine Öl- und Gasheizungen mehr eingebaut werden dürfen – ein wichtiger Anreiz für den Einsatz solarthermischer Wärme. Fernwärmeanlagen in Dänemark setzen Solarthermie-Anlagen auf ganzen Feldern ein. Bis 2020 soll die Energieleistung über Solarthermie im Land rund 57 Gigawatt betragen. Nicole Allé

Nützliche Links zur Solarthermie

Infos zu Funktion, Wirtschaftlichkeit, Kosten
www.energie-experten.org
www.solarthermie.net
www.solaranlage-ratgeber.de/solarthermie
www.solaranlagen-portal.com/solarthermie

Kollektorleistung
www.solarkeymark.dk/collectorCertificates

Fachbetriebe finden
www.energieheld.de/solarthermie

Förderung
www.bafa.de/bafa/de/energie/erneuerbare_energien/solarthermie

Projekte
www.sonnenhaus-institut.de

Solare Nah- und Fernwärmenetze
solar-district-heating.eu


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