Solarenergie mit NaturschutzBewegung unterm Solarmodul

Lamm, Wiese, Solarpark, Solarmodul, Naturschutz
Nicht nur Schafe fühlen sich unter Solarmodulen wohl. (Foto: naturstrom AG / LEROT)

Solarparks sehen auf den ersten Blick recht statisch aus. Wer einen Blick hineinwirft, kann einiges entdecken, denn unter den Solarmodulen findet Leben statt – wenn der Solarparkbetreiber alles richtig macht und mit Naturschutz-Maßnahmen dafür sorgt.

30.10.2023 – Im September 2022 unterzeichnete der Ökoenergie-Versorger naturstrom gemeinsam mit weiteren Akteuren in Berlin die Selbstverpflichtung Gute Planung von PV-Freilandanlagen des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft (bne). Darin verpflichten sich die teilnehmenden Unternehmen freiwillig, bei der Planung, Bauausführung und beim Betrieb von Solarparks u.a. Maßnahmen zu ergreifen, welche die Biodiversität erhöhen und Gemeinde und Bürger beteiligen.

„Das Wirtschaftsministerium hat beim Solarpaket I im Jahr 2023 noch einmal ordentlich nachgelegt und den Weg für biodiversitätsfördernde Solarparks frei gemacht“, sagt bne-Geschäftsführer Robert Busch. „Mit den neuen Regelungen für extensive Agri-PV können Energieerzeugung, Landwirtschaft und Naturschutz auf einer Fläche vereint werden. Jetzt muss auch das Agrarrecht so angepasst werden, dass Photovoltaik endgültig kein Fremdkörper mehr für die Landwirtschaft ist.“ Biodiversitäts-PV ist die extensive Form der Agri-PV, denn Biodiversität entwickelt sich auf den Solarparkflächen nur, wenn Solarparks richtig geplant und Flächen extensiv bewirtschaftet werden, damit keine Brachen entstehen.

Schon die Standortwahl hat große Auswirkungen auf die Naturverträglichkeit eines Solarparks. Artenarme Agrarflächen, Deponien oder vorbelastete Konversionsflächen können durch die Umwandlung in Solarparks eine deutliche Aufwertung in Sachen Naturschutz erfahren. Ein Vorteil von Freiflächenanlagen liegt darin, dass ein großer Teil der Fläche unversiegelt bleibt. Dadurch bleiben die Filter- und Puffereigenschaften des Bodens weitgehend erhalten.

Bei den Solarparks von naturstrom haben die Solarmodule an der unteren Kante einen Mindestabstand von 80 Zentimetern zum Boden. Dadurch kann mehr Licht auf den Boden unter den Modultischen fallen. Breite besonnte Streifen zwischen den Reihen erhöhen die Artendichte, insbesondere der Insekten – was wiederum zu einem erhöhten Nahrungsangebot für Vögel und Reptilien führt. Der Reihenabstand der Solarmodule sollte deshalb großzügig gewählt werden. Die Solarparks mit überdachenden Solarmodulen bilden auch einen potenziellen Lebensraum für kleine Wildtiere wie Feldhasen, Fasane oder Rebhühner.

Die Natur kommt zur Ruhe

Ein guter Ökoenergie-Versorger setzt schon während der Bauphase der Solarparks eigene hohe Standards. Dazu gehört in der Regel, außerhalb des obligatorischen Zaunes eine Hecke, oft auch zweireihig, zu pflanzen, zudem vorgegebene Sorten an kleinwüchsigen Bäumen und Büschen, die Lebensraum für Vögel und Insekten schaffen. Das gehört teilweise zur gesetzlichen Auflage, die im Zuge des Bebauungsplans für Solarparks vorgeschrieben ist. Blühstreifen, Totholzgebiete, Trocken- und Feuchtbiotope sind freiwillige Maßnahmen – sie finden sich bei naturstrom in den meisten Solarparks.

Die Pflanzungen übernehmen meist Firmen vor Ort, Regio Saatgut ist vorgeschrieben. Am Solarpark in Oberreidenbach wurde bspw. auf 1.000 Quadratmetern eine Blühwiese mit standortgerechtem regionalem Saatgut angelegt. Vorhandene Biotopstrukturen sollten beim Anlagenbau so weit wie möglich erhalten werden. Zusätzlich können je nach Standort neue Strukturen zur Erhöhung der Biodiversität aufgebaut werden. Auch ohne besondere Anpflanzungen wird die Fläche eines Solarparks in sogenanntes extensiv genutztes Grünland umgewandelt, weil im Gegensatz zur landwirtschaftlichen Nutzung keine Dünge- und Pflanzenschutzmittel mehr benötigt werden.

Stephan Riedel, Geschäftsführer der Solarpark-Betreibergesellschaften bei naturstrom, kümmert Die Natur kommt zur Ruhe – das lockt wiederum kleine Wildtiere, Vögel und Insekten an, die hier Schutz und Nahrung finden.sich nach Übernahme eines Solarparks mit Unterstützung vom Photovoltaik-Team der NATEN Betriebsführung GmbH um weitere Maßnahmen, wie bspw. Zusatz-Biotope oder Wildbienenhotels, und stellt den ökologischen Betrieb sicher. Dazu engagiert der naturbegeisterte Physiker für jede Solarpark-Betreibergesellschaft eigenständige Dienstleister, die die dauerhafte Pflege der Grünanlagen übernehmen – wie etwa Schäfer aus der Region.

Zusätzlich wird die Umsetzung von Feuchtbiotopen – sofern sinnvoll und möglich –, angestrebt, um heimischen Tier- und Pflanzenarten einen geschützten Lebensraum zu bieten. Beim Anlegen eines Biotops wird auch experimentiert und ausprobiert. Ziel ist immer, die Biodiversität zu erhöhen. Für den Solarpark Rottenbach wurde ein Planungsbüro für Permakultur-Gestaltung mit dem Anlegen neuer Biotope beauftragt, wozu auf Teilflächen innerhalb der Anlage zunächst Mulden gegraben werden. Mit dem anfallenden Aushub wurden daneben Wälle und kleine Hügel angelegt, die sowohl sonnige und schattige Bereiche bieten und damit unterschiedliche Tier- und Pflanzenarten anlocken. Ergänzend kommen Totholzhaufen hinzu. Im Herbst sollte sich in den Gräben Wasser sammeln, damit sich im Idealfall Frösche ansiedeln könnten.

Die guten Hirten

Schafe finden unter den Solarmodulen einen perfekten Weidegrund. Schafbeweidung ist für Stephan Riedel fast immer die erste Wahl, Maschinenschnitt die zweite. Wie sieht so ein Vertrag zur Beweidung aus? Die Schäferinnen und Schäfer erhalten für ihren Einsatz eine Vergütung. Aufgabe der Schafe ist es, den Bewuchs niedrig zu halten. Die Tiere bekommen dafür Ruhe, Nahrung und ein geschütztes Dach mit Beschattung unter den Solarmodulen. Es gibt verschiedene Varianten der Schafbeweidung, manche Schäfer gehen mit wenigen, andere mit bis zu 200 Schafen in das jeweilige Areal, je nach Größe. Es gibt kurze Stoßbeweidungen mit viel Abfraß oder dauerhafte Beweidung über einen längeren Zeitraum.

Im Solarpark Oberreidenbach, der aus zwei Teilanlagern besteht und zu einer Hälfte auf einer ehemaligen Ackerfläche, zur anderen auf einer Wiesenfläche steht, konnte der Schäfer beobachten, dass sich schon innerhalb eines Jahres die Biodiversität signifikant erhöhte. „Es soll eine Win-Win-Situation für alle sein“, sagt Stephan Riedel, „wir pflegen einen vertrauensvollen Umgang mit den Schäfern, sie sind die vor Ort sehenden Augen, übernehmen eine gewisse Verantwortung.“

Jeder Solarpark, der formell als elektrische Betriebsstätte gilt, ist zum Schutz eingezäunt. Die Zäune reichen jedoch nicht bis zum Boden, so dass darunter kleine Wildtiere bequem hindurchschlüpfen und das Solarparkgelände durchqueren können. Der Zuwachs an Wölfen in Deutschland könnte zukünftig beim Betrieb von Solarparks zu einer neuen Herausforderung werden – wenn es den Tieren gelingt, sich Zugang zu verschaffen und vermehrt Schafe zu reißen. Dazu gibt es noch keine großen Erfahrungswerte, Stephan Riedel bleibt gelassen – denn für alles findet sich auch wieder eine nachhaltige Lösung. Die Umsetzung der Energiewende ist eben ein ständiger Prozess – und hält dabei höchst unterschiedliche Herausforderungen bereit.  Nicole Allé

Diesen und weitere Beiträge zur "Energiewende in Arbeit" finden Sie auch in der Print-Ausgabe der neuen energiezukunft.

Kommentare

Karsten Jacksties am 10.11.2023

+243 Gut Antworten

Liebe Menschen!

Das ist ja toll, ihr macht einem echt Hoffnung - Hoffnung die ich eigentlich verloren glaubte.

Vielen Dank.

Freundlichste Grüße

Karsten

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

max 2.000 Zeichen