Gebäudesektor: Forderung nach bundesweiter Solarpflicht
Was in einigen Bundesländern schon gilt, fordert der WWF nun bundesweit, nur noch besser ausgestaltet: einen Solarstandard zum systematischen Ausbau von Solaranlagen auf Gebäuden. Dabei müssen ohnehin EU-Vorgaben umgesetzt werden.
09.01.2025 – Noch anderthalb Jahre haben die europäischen Mitgliedsstaaten Zeit die EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie in nationales Recht umzusetzen. Ende Mai 2024 in Kraft getreten, hatten sich die EU-Mitgliedsstaaten auf Maßnahmen geeinigt, Emissionen im Gebäudesektor zu senken (Mehr dazu hier). Dabei wurde unter anderem die Nutzung von Solarenergie verankert. Neue gewerbliche und öffentliche Gebäude sollen ab 2026 Solarenergie nutzen. Ab 2027 gilt dies für alle gewerblichen und öffentlichen Gebäude im Zuge einer Sanierung. Für neue Wohngebäude sollen die Mitgliedstaaten die Solarpflicht ab 2029 umsetzen, für neue überdachte Parkplätze an Gebäuden bis 2029.
Ursprünglich vorgesehen waren auch Sanierungspflichten für bestehende Wohngebäude und Installation von Solaranlagen zu diesem Zeitpunkt. Die lehnten die EU-Mitgliedsstaaten, auch Deutschland, aber ab. Einige Bundesländer jedoch haben bereits eine Solarpflicht für bestehende Wohngebäude in ihren Landesgesetzen verankert. Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen schreiben bei grundlegenden Dachsanierungen und bestimmten Voraussetzungen die Installation von Solaranlagen vor. Auch Brandenburg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein haben Solargesetze verankert, jedoch keine Solarpflicht für Bestandsgebäude.
Die Umweltschutzorganisation WWF Deutschland sieht eine bundeseinheitliche Regelung für Solaranlagen auf Gebäuden dringend geboten und hat ein Rechtsgutachten bei der renommierten Hamburger Rechtsanwaltskanzlei Günther in Auftrag gegeben. Ihr Ergebnis: Die Umsetzung eines bundesweiten Solarstandards ist angesichts der EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie und der nationalen Klimaschutzziele nötig. Und das auch mit einer Pflicht zur Installation von Solaranlagen bei grundlegenden Dachsanierungen und vergleichbaren Arbeiten an Wohngebäuden im Bestand.
Am gestrigen Mittwoch wurde das Rechtsgutachten vorgestellt. Dirk Legler von der Kanzler Günther erläuterte: „Wir stellen uns eine anlassbezogene Pflicht vor. Wenn Hauseigentümer ohnehin eine Investitionsentscheidung treffen, dann könnte der Solarstandard greifen.“ Dabei würden aber weiterhin gesonderte Härtefälle für die Nicht-Umsetzung gelten, wie etwa nachweisbar fehlende finanzielle Mittel. Auch müssen die technischen Voraussetzungen gegeben sein. Für Sebastian Breer, Politikberater beim WWF Deutschland, ist es entscheidend, dass eine neue Bundesregierung den gesetzlichen Solarstandard mit gut ausgestalteten Fördermaßnahmen überhaupt erst möglich macht. Dabei sei auch die richtige Kommunikation der Maßnahmen entscheidend, so Breer mit Verweis auf die schwierige Kommunikation zum Heizungsgesetz.
Im Rahmen des nationalen Klimaschutzgesetzes sehen die Gutachter:innen auch eine schnellere Umsetzungen solarer Pflichten geboten und rechtlich abgesichert. So soll die Pflicht bei neuen Wohngebäuden schon ab 2027 und nicht erst ab 2029 greifen. Zudem soll die Regelung für Großparkplätze allgemein greifen. „Wir nutzen versiegelte Flächen gerade in Städten noch viel zu wenig“, sagte Viviane Raddatz, Klimachefin beim WWF Deutschland. Zudem könnten mit einer solaren Pflicht auf Mietshäusern Formen von Bürgerbeteiligungsprojekten gestärkt werden, wie etwa Mieterstrom, für das 2024 weitere bürokratische Hürden abgebaut wurden.
Laut einer Studie des Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE vom Sommer letzten Jahres, würden sowohl Mieter:innen als auch Vermieter:innen von einem bundesweit verpflichtenden Solarstandard profitieren, egal ob das Modell Mieterstrom, Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung oder Energy Sharing heißt. Bei allen drei Geschäftsmodellen könne eine Amortisationszeit von 15 Jahren erreicht werden. Die Umsetzung der weiteren EU-Richtlinie zum Energy Sharing war in der bisherigen Ampel-Koalition angedacht, wurde bis zum Bruch aber nicht umgesetzt. Es geht dabei um das gemeinschaftliche Erzeugen und Nutzen von Energie. Bürgerenergieakteure fordern für diese Personengruppen etwa reduzierte Netzentgelte.
Die Umsetzung von Energy Sharing ist eine von vielen weiteren Forderungen an die neue Bundesregierung mit Maßnahmen den Solarausbau auf Gebäuden voranzubringen. Neben dem grundsätzlichen Netzausbau ist das auch der flächendeckende Smart-Meter-Rollout oder die Umsetzung des bidirektionalen Ladens. Man sei mit den demokratischen Parteien im Gespräch, so Raddatz. Beim Solarausbau bestehen zwischen CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/die Grünen -den Parteien die aktuellen Umfragen zufolge die größten Chancen auf Regierungsbündnisse haben – große Schnittmengen. mg