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Gesund kochenManiok zu Gari verarbeiten – mit Solarenergie

Frauen mit Kindern an einer Feuerstelle rösten Maniok
Bei der traditionellen Gariherstellung in Westafrika sitzen meist Frauen mit ihren Kindern am Feuer und sind Hitze und Rauch ausgesetzt. In einem Forschungsprojekt wurden Alternativen entwickelt. (Foto: Aditya Parmar, University of Greenwich)

In weiten Teilen Afrikas wird Maniok auf kleinen Feuerstellen zum haltbaren Gari verarbeitet. Ein Forschungsprojekt hat Alternativen entwickelt: statt mit dem schwelenden Feuer kann mit Solarthermie oder Photovoltaik die notwendige Wärme erzeugt werden.

04.11.2024 – Maniok, auch Cassava genannt, ist ein Grundnahrungsmittel für eine Milliarde Menschen auf der Erde. Die stärkereichen Knollen werden sehr verschieden zubereitet oder weiterverarbeitet. In Westafrika wird vor allem Gari aus Maniok hergestellt – ein haltbares trockenes Granulat, das wiederum vielfältig weiterverarbeitet werden kann. Der Gariherstellung gehen einige Arbeitsschritte voraus: Der nach seiner Ernte nur begrenzt haltbare Maniok wird geschält, geraspelt und eine Weile liegen gelassen. Dabei fermentiert er, ist aber sehr feucht. Das Wasser wird ausgepresst. Erst dann werden die Raspel in einer Pfanne geröstet – etwa 20 Minuten per Hand gewendet, bis sie trocken sind.

Die Gari-Verarbeitung liegt in erster Linie in den Händen von Frauen und wird auf Haushaltsebene, in der heimischen Dorfindustrie, in kleinen Kooperativen und Unternehmen hergestellt. Das Rösten, der letzte Schritt der Gari-Verarbeitung, erfordert eine große Menge Brennholz und führt dazu, dass Frauen und Kinder Feinstaub und Hitzestress ausgesetzt sind.

Im Forschungsprojekt SunGari haben Forschende von sechs europäischen und afrikanischen Universtäten gemeinsam mit der deutschen Unternehmen SimplySolar Alternativen für diesen gesundheitsschädigenden, Feinstaub und Kohlendioxid emittierenden Herstellungsprozess gesucht.

Drei Optionen – je nach Region und Anwender besonders attraktiv

Drei technologische Optionen wurden entwickelt und zur Marktreife geführt. Je nach Region kann sich die eine oder andere Variante besser eignen. An der Universität von Togo stehen die Versuchsaufbauten. „Eigentlich sollte das direkt bei einer Frauenkooperatiive geschehen, aber die Verantwortlichen der Uni wollten das doch lieber nahe am Lehrbetrieb entwickeln und für die Lehre nutzen“, berichtet Heike Hoedt von Simply Solar.

Zwei der Lösungen arbeiten mit Photovoltaik, eine Lösung mit solarthermischen Scheffler-Reflektoren. Im letzteren System sind sechs Scheffler-Reflektoren zu einem dampferzeugenden System zusammengeschaltet. Der Dampf wird ein doppelwandiges Verarbeitungsgefäß geleitet, eine ähnlich große Pfanne wie in der konventionellen Methode über dem Feuer.

 

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Wie warm dieser Dampf ist, orientiert sich dabei daran, was für diesen Prozess notwendig ist. Das sind etwa 110 bis 120 Grad Celsius. „Zwar wird dieser Vorgang rösten genannt, aber es ist doch nicht ganz so wie wir uns rösten vorstellen. Es wird keine Bräunung angestrebt, sondern es geht um Trocknung und um Umwandlung der Stärke, eine Gelatinierung der Stärkekristalle. Im Ergebnis ist der Gari so vorgekocht, wie man es vom Parboiled-Reis kennt“, erklärt Hoedt. Deshalb wurde das Verarbeitungsgefäß so ausgelegt, dass dort ungefähr 120 Grad Wärme herrschen.

Die beiden anderen Prozesse basieren auf Strom aus Photovoltaik. Bei einer Variante wird ebenfalls mit Dampf gearbeitet, das Verarbeitungsgefäß ist deshalb gleich. Der Strom wird in einem Wärmespeicher gespeichert – ein Vorteil, so kann der Prozess unabhängig vom Wetter stattfinden. Nach Bedarf wird die Wasserpumpe betätigt, die Wasser in den Wärmespeicher injiziert – denn dort befindet sich auch der Wärmetauscher, der den Dampf erzeugt. Hoedt verweist auf den Nachteil der Variante: der Speicher verursacht zusätzliche Kosten – das macht die Variante teurer.

Die dritte Variante schließlich ist eine Solar-direkt-Lösung ohne Speicher. Hier sind die Heizwiderstände direkt ins Gefäß integriert. Wenn der Strom aus der Photovoltaikanlage kommt, wird er im Gefäß zu Wärme umgewandelt. Damit ist diese Lösung auch die kostengünstigste – allerdings ist sie auch stark wetterabhängig.

Auch die Kosten sind entscheidend

Alle drei Varianten haben ihre Berechtigung. Denn die Länder Westafrikas haben unterschiedliche Klimabedingungen. In Togo beispielsweise ist das Wetter sehr tropisch – für die Scheffler-Reflektoren keine gute Voraussetzung. Sie brauchen direkte Sonneneinstrahlung. In anderen Ländern, beispielsweise Burkina Faso, können Reflektoren die Nase vorn haben. Sie haben darüber hinaus den Vorteil, dass sie vor Ort hergestellt werden können.

Und ein weiterer Fakt ist entscheidend dafür, welches System ausgewählt. Eine kleine Kooperative mit wenig Finanzkraft wird sich für die preiswerteste Variante entscheiden, ein größerer Betrieb, der auch mehr produzieren will, wird eher die Variante mit Speicher wählen, die wetterunabhängiger ist. Deshalb hält Hoedt für Familien die Anfangsinvestition in eine wie auch immer geartete Solaranlage eher als unrealistisch. Kleine Kooperativen bis hin zu größeren Betrieben sind gute Adressaten. „Das ist aber auch nicht schlimm“, findet Hoedt, „man muss ja nicht immer die eierlegende Wollmilchsau erfinden, sondern eine sinnvolle Lösung, die für bestimmte Anwendungen gut passt und dort einen Impact hat.“ Das wird mit diesen Lösungen erreicht – es werden weniger Bäume abgeholzt und die Gesundheit der Menschen vor Ort geschützt, meist Frauen, die ihre kleinen Kinder dabeihaben.

Für die Herstellung der Gefäße wurde mit Firmen vor Ort zusammengearbeitet. Die Vermarktung könnte jetzt starten, es ist nun an den lokalen Partnern in Togo vor Ort, die Lösungen in die Breite zu tragen. Doch neue Technologien in etablierte Prozesse einzuführen, ist nirgendwo auf der Welt einfach. Da sind noch viel Anstrengungen notwendig, vielleicht sogar ein neues Projekt.  Petra Franke

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