Sustainable Solar Europe: Nachhaltigkeit in der solaren Lieferkette im Fokus
Die Nachhaltigkeit in der Solarindustrie stand im Mittelpunkt einer Konferenz in Brüssel. Vorgestellt wurden ein Nachhaltigkeitsbericht sowie Standards zur Transparenz der Lieferkette. Zudem wurde der Europäische Nachhaltigkeitspreis vergeben.
17.12.2024 – Eine Lanze für die Bedeutung eines europäischen Solarindustrie brach zum Auftakt des Kongresses „Sustainable Solar Europe“ in Brüssel am vergangenen Donnerstag (12. Dezember) die belgische Europaabgeordnete Sara Matthieu von den Grünen. Organisiert wurde die Veranstaltung von dem Branchenverband SolarPower Europe sowie der Fachmesse Intersolar Europe. Matthieu plädierte zur Schaffung von Anreizen zum Wiederaufbau bzw. dem Erhalt einer europäischen Solarindustrie, u.a. über eine Reform der Kriterien für die öffentliche Beschaffung. Hierbei gelte es Umwelt- und Sozialstandards sowie „Local Content“ Vorgaben zu integrieren.
Der neue Nachhaltigkeitsbericht „Sustainable Solar: Environmental, Social, and Governance Actions Along the Value Chain“ gibt einen umfassenden Einblick in die Art und Weise, wie der Solarsektor die kritischen Nachhaltigkeitsherausforderungen in seiner komplexen Wertschöpfungskette angeht.
Praktische Fallstudien zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsanforderungen
„Da Solarenergie zum Rückgrat elektrifizierter und erneuerbarer Energiesysteme wird, ist es von entscheidender Bedeutung, dass der Sektor seine Hausaufgaben macht und seine kontinuierlichen Bemühungen zur Reduzierung seiner Auswirkungen in allen Phasen seines Lebenszyklus unter Beweis stellt. Dazu muss eine langfristige Nachhaltigkeit in allen relevanten Dimensionen – ökologisch, sozial und wirtschaftlich – erreicht werden“, sagte Raffaele Rossi, Leiter der Marktforschung bei SolarPower Europe.
Für jeden Nachhaltigkeitsbereich skizziert der Bericht den Gesamtkontext und Hintergrund, den aktuellen Stand der Nachhaltigkeitsanforderungen, die einschlägige Gesetzgebung zu diesem Thema und wie die Solarindustrie bisher mit dieser Herausforderung umgegangen ist. Der Bericht bietet auch einen Überblick über bewährte Verfahren zur Bewältigung der Nachhaltigkeitsanforderungen und veranschaulicht deren Umsetzung anhand praktischer Fallstudien.
Neuer Standard der Solar Stewardship Initiative
Ergänzend wurde auf der Konferenz ein neuer Standard der Solar Stewardship Initiative (SSI) zur Rückverfolgbarkeit der PV-Lieferkette vorgestellt. Die SSI wurde im März 2021 von SolarPower Europe und Solar Energy UK im Rahmen eines 2015 eingerichteten Arbeitsbereichs zur Förderung einer nachhaltigen Produktion in der solaren Wertschöpfungskette ins Leben gerufen. Die Initiative hat derzeit 48 Mitglieder, darunter 12 PV-Hersteller, davon mit Solarwatt und Futura Sun (Italien) zwei aus Europa. Die SSI wird auch von der International Finance Corporation (IFC, ein Mitglied der Weltbankgruppe) und der Europäischen Investitionsbank (EIB) unterstützt.
Der neue Standard bietet einen Rahmen für die Rückverfolgung von Silizium (oder anderen Halbleitermaterialien) in der gesamten Solar-Lieferkette. Unabhängige Prüfer werden den Standard zur Bewertung der Rückverfolgbarkeit von Schlüsselmaterialien nutzen, die in Solarproduktionsstätten verwendet werden. Erfolgreiche Bewertungen führen zu einer Zertifizierungsauszeichnung.
Rückverfolgbarkeit der Lieferkette
Der SSI-Standard für die Rückverfolgbarkeit der Lieferkette deckt die gesamte Wertschöpfungskette der Solarindustrie ab, vom Quarzitabbau bis zur Solarmodulproduktion, mit dem Ziel, eine lückenlose Chain-of-Custody zu ermöglichen, die den Weg der Materialien in jeder Phase nachverfolgt und garantiert, dass zertifizierte Materialien von nicht zertifizierten Materialien getrennt bleiben, wodurch die Integrität von Solarprodukten gestärkt wird.
Der Standard wurde im Anschluss an eine öffentliche Multi-Stakeholder-Konsultation entwickelt, an der über 20 Organisationen, darunter Experten aus der Zivilgesellschaft und der Industrie, beteiligt waren. Darüber hinaus wurde der Standard durch umfangreiche Pilotbewertungen an 14 Standorten in verschiedenen Segmenten der Lieferkette getestet, von Modulen bis hin zu Polysilizium.
Unbeaufsichtigte Kontrollen vor Ort als Voraussetzung
Unternehmen, die keine unbeaufsichtigten Besuche und Bewertung ihrer Standorte durch Auditoren erlaubten und für Kontrollen vor Ort keine Sicherheit gewährten, blieben außen vor, unterstrich Alexia Ruvoletto, Leiterin des SSI-Sekretariats. Über eine Advisory Board seien zudem auch Umwelt- und Menschenrechts-NGOs eingebunden. „Der SSI-Standard für die Rückverfolgbarkeit der Lieferkette setzt neue Maßstäbe für die durchgängige Rechenschaftspflicht in der Lieferkette im Solarsektor. Durch die Einrichtung einer klaren, überprüfbaren Produktkette für Materialien wird der Grundstein für eine nachhaltigere und ethischere Solarindustrie gelegt“, sagte Ruvoletto.
Der neue Standard soll auch die Umsetzung der EU-Verordnung zum Verbot von Zwangsarbeit unterstützen. Die Zertifizierung nach dem SSI-Standard für die Rückverfolgbarkeit der Lieferkette wird 2025 beginnen, wobei für die folgenden Jahre kontinuierliche Verbesserungsziele für die Durchdringung der Lieferkette und die Marktabdeckung festgelegt werden sollen.
Solar Materials gewinnt European Solar Sustainability Award
Gekürt wurden bei der Konferenz in Brüssel zudem die drei Preisträger des European Solar Sustainability Award. Gewinner ist Solar Materials aus Magdeburg. Das Unternehmen entwickelte eine neue Recyling-Technologie, welche die Rückgewinnung aller Rohstoffe aus Solarmodulen ermöglicht, darunter 47 Prozent des Silbers. Daneben wurden der spanische Solarverband UNEF für die Entwicklung eines Nachhaltigkeitssiegels für Solarparks sowie Solitek (Litauen) die Entwicklung von PV-Lärmschutzwänden ausgezeichnet. hcn