EEG-Novelle: PV-Freiflächen im Solarpaket1
Mit dem Solarpaket1 werden Änderungen für Freiflächen-Solarparks wirksam. Für die Belange des Naturschutzes gibt es nun konkrete Regeln, benachteiligte Gebiete sind grundsätzlich geöffnet, besondere Solaranlagen bilden ein neues Untersegment.
24.05.2024 – Einige Neuerungen stehen noch unter beihilferechtlichem Vorbehalt seitens der EU, einige treten nicht sofort in Kraft – um das Solarpaket1 wurde lange gerungen, nun ist es beschlossen und veröffentlicht. Um einen schnelleren Ausbau der Photovoltaik zu ermöglichen, gibt es für Solarparks – aber nicht nur für sie – neue Regeln. Und wie immer gibt es auch einige offen gebliebene Wünsche.
Das Ausbauziel für Photovoltaik bleibt so, wie im EEG 2023 verankert: 215 Gigawatt bis 2030. Der politische Konsens, dass davon jeweils die Hälfte an oder in Gebäuden sowie Lärmschutzwänden, die andere Hälfte auf Freiflächen gebaut wird, ist nun verbindlich niedergelegt.
Aus Opt-In wird Opt-Out
Zukünftig wird es mehr potenzielle Flächen für EEG-vergütungsfähige Solarparks geben. Dafür sorgt eine grundlegende Änderung: Alle benachteiligten Gebiete werden grundsätzlich geöffnet (§37 Abs 1 EEG). Für kleine Solarparks, die nicht über eine Ausschreibung ihre Vergütung ermitteln, ist ebenfalls eine EEG-Förderung auf diesen Flächen möglich. Schutzgebiete sind allerdings von dieser grundsätzlichen Öffnung ausgeschlossen. Zusätzlich können Landesverordnungen Flächen ausschließen (Opt-out). Bis dato war es umgekehrt: Die Bundesländer konnten ertragsschwache Ackerflächen für Solarparks „öffnen“. Der mögliche Ausschluss auf Landesebene gilt für Landschaftsschutzgebiete und Naturparks unmittelbar. Darüber hinaus können Flächen ausgeschlossen werden, wenn in einem Land bereits mehr als 1 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen mit Photovoltaikanlagen bebaut sind.
Förderdeckel für PV auf Ackerflächen
Beibehalten wird der Förderdeckel für Anlagen auf landwirtschaftlichen Flächen. Er soll vor dem unbegrenzten Ausbau der PV auf Ackerflächen schützen und dient dazu, den Ausbau zwischen Dach- und Ackerflächen in der Waage zu halten. Bei 80 Gigawatt neu zwischen 2023 und 2030 errichteten und EEG-geförderten Anlagen liegt die rote Linie. Für diesen Zeitraum beträgt das PV-Ausschreibungsvolumen rund 63 Gigawatt, so dass mit einer Erreichung der roten Linie nicht gerechnet wird. In den Folgejahren wird die Deckelung auf 177,5 Gigawatt angehoben.
Wegenutzungsrecht gilt nicht für alle Flächen
Für die Anbindung an den Netzanschlusspunkt, sprich die Kabelverlegung, ist der Projektierer verantwortlich. Das bedeutet in der Praxis, mit allen Grundstückseigentümern, deren Land gequert wird, aufwendige Einzelverträge zu schließen. Das bremst den Ausbau und sollte deshalb geändert werden. Vorgesehen war ein allgemeines Wegenutzungsrecht im §11a EEG. Um durchschnittlich 6 Monate könnten die Projektlaufzeiten damit verkürzt werden, hat der Bundesverband Solarwirtschaft in einer Umfrage ermittelt.
Beschlossen wurde das Wegenutzungsrecht mit einer großen Einschränkung: Es gilt nur für Flächen der öffentlichen Hand. In einer anderen Hinsicht wurde es ausgeweitet: Es gilt auch für Strom- und Wasserstoffspeicher. Die Entschädigung für den Grundstückeigentümer soll fünf Prozent des Verkehrswerts der Fläche des Schutzstreifens betragen.
Besondere Solaranlagen
Die bereits im Rahmen eines Bonus-Systems förderfähigen Anlagen – Agri-Photovoltaik, Floating-PV, Parkplatz-PV und Moor-PV – bilden nun ein neues Untersegment (§37d EEG) in der Ausschreibung zum ersten Segment. Der Höchstwert für Besondere Solaranlagen wird für 2024 auf 9,5 ct pro kWh festgelegt. Die Ausschreibungsmenge dafür beträgt 300 Megawatt in 2024 – weniger als ursprünglich im Gesetzentwurf standen. Allerdings wächst die Ausschreibungsmenge in den Folgejahren bis auf knapp über zwei Gigawatt im Jahr 2029.
Das Zuschlagsverfahren ist mehrstufig. Zunächst werden alle Parkplatz-PV-Projekte bezuschlagt, danach die Besonderen Solaranlagen und dann die übrigen Gebote im ersten Segment. Auch vertikal errichtete Agri-PV gilt als Besondere Solaranlage. Neu ist eine Pönale bei Nichterfüllung der Agri-PV-Vorgaben. Die Marktprämie wird dann um 2,5 Cent pro kWh gemindert. Die Förderung der Besonderen Solaranlagen steht noch unter dem beihilferechtlichen Vorbehalt der EU.
Naturschutz und Photovoltaik
Das ursprünglich geplante Untersegment zur Biodiversität bei Freiflächensolaranlagen entfällt und wurde in naturschutzfachliche Mindeststandards umformuliert. In Paragraf 37 EEG sind fünf Maßnahmen hinzugefügt, von denen mindestens drei erfüllt werden müssen, wenn sich die Anlage in einer Ausschreibung um eine EEG-Vergütung bewirbt. Diese Maßnahmen betreffen die maximal in Anspruch genommene Grundfläche, Bodenpflege und Bodenschonung, Wildtierwege und Biotopelemente. Die Vorgabe gilt für Solarparks, die sich in Ausschreibungen um eine EEG-Vergütung bewerben ab drei Monaten nach Verkündung des Gesetzes und den dann folgenden Gebotstermin. Eine längere Frist von 18 Monaten gilt für Anlagen unter 1 Megawatt Leistung. Für Agri-PV gelten die Vorgaben nicht.
Bei Verstößen gegen die Naturschutz-Kriterien, drohen Sanktionen. Die Bundesnetzagentur kann festlegen, in welcher Weise der Nachweis der Einhaltung zu führen ist. In der Gesetzesbegründung wird betont, dass auch Mindestkriterien zulässig sind, die aufgrund technischer oder baulicher Besonderheiten bereits erfüllt sind. Die gewählten Mindestkriterien können darüber hinaus als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen berücksichtigt werden.
Eingriffsregelungen der Länder haben weiterhin Bestand
Das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) würdigt, dass erstmals naturschutzfachliche Mindestkriterien für Solarparks Einzug ins EEG gefunden haben. Die Bündelung zu fünf Kriterien sei zudem überschaubar und erleichtere die Anwendung. Zudem führe die Nachweispflicht zu einer hohen Verbindlichkeit. Da aber nur drei der fünf Kriterien vom Projektierer umgesetzt werden müssten, führe zu verpassten Chancen für den Naturschutz. Bestehende Standards für eine naturverträgliche Ausgestaltung würden sogar unterschritten. Viele Bundesländer hätten bereits Handreichungen erarbeitet, die sogar mehr als die jetzt aufgeführten Kriterien benennen.
Die zum Teil sehr detailliert ausgearbeiteten Hinweise und Vorgaben zur Eingriffsregelung haben weiterhin Bestand. Für Projektierer gilt es daher zu beachten, dass sie nun möglicherweise doppelte Standards erfüllen müssen. Zum Erreichen der Förderfähigkeit müssen die Mindestkriterien nach EEG erfüllt und ihr Vollzug dem Netzbetreiber nachgewiesen werden. Im Rahmen der Bauleitplanung oder der Baugenehmigung werden aber sehr wahrscheinlich zusätzliche Kompensationsmaßnahmen oder auch Artenschutzmaßnahmen zu erfüllen sein.
Größere Solarparks möglich
Von der Branche begrüßt wird die Anhebung der maximalen Gebotsgröße auf 50 Megawatt. Ursprünglich lag die Obergrenze bei 20 Megawatt, im Rahmen der Beschleunigungsgesetzgebung galt befristet eine maximale Größe von 100 Megawatt. Auch diese Regelung gilt unter beihilferechtlichem Vorbehalt.
Der Spielraum für die Bundesnetzagentur, den gesetzlich festgelegten Höchstwert zu erhöhen oder abzusenken, wird von 25 Prozent auf 15 Prozent abgesenkt. Das gilt für alle Höchstwerte – auch für Gebäudeausschreibungen, aber auch für Wind- und Bioenergie.
In der Photovoltaikbranche sind aber auch Wünsche offengeblieben – hier wird für weitere Verbesserungen eingetreten. Die betrifft das Wegenutzungsrecht, den Flickenteppich bei den Landesbeteiligungsgesetzen, die 2-Kilometer-Regel bei der Anlagenzusammenfassung, den Verrechnungsmechanismus bei den Ausschreibungsmengen, steuerrechtliche Barrieren sowie Genehmigungsthemen. Petra Franke