The smarter E Europe: Solar- und Speicherboom mit Herausforderungen
Der Solar- und Speichermarkt boomt. Dies zeigte die Fachmesse The Smarter E Europe in München. Doch die Branche sieht sich aufgrund der massiven Überkapazitäten bei PV-Modulen einem starken Konsolidierungsdruck ausgesetzt.
25.06.2024 – Erneut hat die The smarter E Europe, die am späten Freitagnachmittag (21. Juni) zu Ende ging, neue Rekorde aufgestellt. Erstmals in der langen Geschichte der Solar- und Energiemesse waren alle 19 Hallen des Messegeländes im Münchner Osten ausgebucht. Über 3.000 Aussteller, 500 mehr als im Vorjahr, präsentierten ihre Produkte und Dienstleistungen rund um Photovoltaik, Energiespeicherung, Wärme, Verkehr und Energiemanagement. Knapp 110.000 Fachbesucher kamen an den drei Messetagen, 4.000 mehr als im Vorjahr - und das trotz der laufenden Fußball-Europameisterschaft.
Das Branchenereignis mit den vier Fachmessen Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe war nicht nur größer denn je, sondern auch noch internationaler: Besucher kamen aus 176 Ländern, die Aussteller aus 55 Ländern. Auffallend war der hohe Anteil asiatischer Anbieter und Hersteller unter den Ausstellern. Erstmals stand China an der Spitze der Ausstellernationen, was die Marktdominanz des Landes widerspiegelt.
Vernetzte Lösungen – Großbatteriespeicher stark im Fokus
„Accelerating Integrated Energy Solutions“ lautete das Motto der diesjährigen The smarter E. Nicht nur auf der Messe, sondern auch auf der Konferenz und den begleitenden Veranstaltungen standen daher vernetzte Lösungen rund um die Photovoltaik stark im Fokus. „Die Aussteller von Photovoltaik, aber auch von Batterie- und Speicherprodukten sowie kombinierten digitalen Lösungen zeigen eindrucksvoll, dass eine vollständig erneuerbare Energieerzeugung schon heute technisch und wirtschaftlich möglich ist“, betonte Stefan Wenzel, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, am Rande seines Messerundgangs. „Ich bin beeindruckt von den Fortschritten und der Innovationskraft der Branche."
Ein wichtiger Trend war die starke Präsenz der Anbieter von Großbatteriespeichern. Diese werden immer wichtiger, um Erzeugungsspitzen auszugleichen - und in Kombination mit Demand Side Management und dem Ausbau der Netze dafür zu sorgen, dass Strom aus PV-Kraftwerken nicht abgeschaltet, sondern effizient genutzt werden kann. Nach einer aktuellen Analyse von SolarPower Europe wird der Anteil der Großspeicher an den jährlich neu installierten Batteriespeichern bis 2028 von derzeit 21 Prozent auf 48 Prozent steigen.
Große chinesische Anbieter bauen auf europäischen Markt
Wie auf der Messe deutlich wurde, forcieren derzeit einige große chinesische Hersteller, die hierzulande noch nicht so bekannt sind, ihren Markteintritt in Europa und Deutschland. So präsentierte Ampace, ein Joint Venture von CATL und ATL, unter anderem seine neuesten großen Batteriespeicher für gewerbliche und industrielle Anwendungen mit Li-Ionen-Zellen, die ohne Flüssigkeitskühlung und Klimatisierung auskommen und noch mehr Leistung und Wirtschaftlichkeit versprechen.
Ebenfalls in den europäischen Startlöchern steht CLOU Electronics aus Shenzhen. Das Unternehmen gehört zur Midea-Gruppe und hat nach eigenen Angaben bereits Speicherprojekte mit einer Kapazität von über 4 Gigawattstunden vor allem in China und den USA installiert oder gezeichnet. In München zeigte das Unternehmen unter anderem seinen neuen flüssigkeitsgekühlten Großspeicher Aqua C.2 - C.5 mit einer um 40 Prozent höheren Energiedichte als Vorgängerversionen und einer Leistung von bis zu über 5 Megawattstunden. Optimierte Großbatteriespeicher präsentierten auch namhafte chinesische Hersteller wie Sungrow oder der Modulhersteller Trina Solar.
Überkapazitäten bei PV-Modulen – drohende Insolvenzen
„Wir sind froh, dass wir uns frühzeitig diversifiziert haben und auch Energiespeicher anbieten“, sagte Michael Katz, Manager Regional Marketing and Communications bei Trina Solar. So könne man auch Preisturbulenzen auf dem Solarmodulmarkt besser überstehen. Die Preise für PV-Module befinden sich seit dem vergangenen Jahr im freien Fall, weil vor allem chinesische Hersteller enorme Überkapazitäten aufgebaut haben und Händler auf Lagerbeständen sitzen, die sich trotz hoher Nachfrage nur schwer abbauen lassen. Der weltweite Photovoltaikmarkt ist im vergangenen Jahr mit einem Zubau von 447 Gigawatt um 87 Prozent gewachsen, für dieses Jahr rechnet SolarPower Europe in einem mittleren Szenario mit einem Wachstum von gut 20 Prozent.
Im Durchschnitt seien die Produktionskapazitäten der Modulhersteller derzeit zu weniger als 50 Prozent ausgelastet, hieß es auf der Messe. Experten rechnen deshalb mit drohenden Insolvenzen auch größerer chinesischer Unternehmen. „Mit der reinen Modulproduktion verdienen wir derzeit nicht viel Geld“, sagte Katz. Doch aufgrund eines breiteren Produktportfolio arbeite man profitabel und stelle auch in Europa zusätzliches Personal ein. Für den Aufbau einer europäischen Modulproduktion sieht er derzeit aber keinen Business Case. hcn