BiodiversitätStudie konstatiert große Artenvielfalt in Solarparks

Ein Rotwidderchen auf einer Distel. Solarparks bieten vielen Arten geeignete Lebensräume und entwickeln sich schnell zu Hotspots der Biodiversität. (Foto: Sonne Sammeln / Rolf Peschel)

Agrarlandschaften sind keine Hotspots der Artenvielfalt, Solarparks auf landwirtschaftlichen Flächen hingegen schon. Moderne Solarparks bieten Lebensräume, die ansonsten rar geworden sind. Dies ist das zentrale Fazit einer umfangreichen Untersuchung.

02.04.2025 – In einer groß angelegten Studie beobachteten und kartierten Biologen die Flora und Fauna in insgesamt 30 Photovoltaik-Freiflächenanlagen. Auftraggeber der Studie war der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne). Weil bisher kaum Biodiversitätsanalysen in Solarparks stattgefunden haben, die auf Agrarflächen errichtet wurden, standen vor allem diese Flächen im Fokus.

Beim Gros der untersuchten Anlagen sind die Modulreihen Richtung Süden ausgerichtet mit entsprechenden Abständen zwischen den Reihen. Zwei Anlagen mit Trackingsystemen (die Solarmodule ändern im Tagesverlauf ihre Ausrichtung und wandern der Sonne nach) und drei PV-Anlagen auf Moorstandorten befanden sich ebenfalls in der Untersuchungsmenge.

Acht Artengruppen wurden systematisch ausgewertet: Pflanzen als wesentliche Grundlage für Biodiversität, Libellen, Heuschrecken, Tagfalter, Amphibien, Reptilien, Vögel und Fledermäuse. Diese Artengruppen sind relevant für die Ermittlung von Artenvielfalt, aber auch im Planungsprozess stehen sie im Fokus bei der Prüfung der Naturverträglichkeit.

Viele Arten entdecken sehr schnell den Solarpark als Lebensraum

Die Summe der Funde ist beeindruckend – auch wenn nicht in jedem Solarpark die gleiche Vielfalt vorgefunden wird, da sich die Standorte räumlich und klimatisch unterscheiden. Insgesamt wurden 385 Pflanzenarten, 30 Heuschreckenarten, 36 Tagfalter, drei Reptilienarten, 32 Brutvogelarten und 63 Vogelarten als Nahrungsgäste sowie 13 Fledermausarten nachgewiesen. Hinzu kommen 13 Libellenarten und acht Amphibienarten.

Strukturelemente wie Hecken, Raine, Wege, Feldgehölze und Kleingewässer, verschwinden in den industriell bewirtschafteten Agrarflächen zunehmend. In Solarparks hingegen werden vorhandene Strukturelemente belassen oder neu angelegt. Sie bilden wichtige Habitate für bestimmte Pflanzen und Tiere. Das ist einer der Gründe, warum sich in Solarparks relativ schnell eine bunte Mischung aus Pflanzen und Tieren wohlfühlt. Deshalb wurden solch prägende Strukturelemente ebenfalls in den Einzelauswertungen aller 31 Solarparks erfasst und beschrieben.

Es konnte gezeigt werden, dass die Biodiversität in einem PV-Solarpark unmittelbar nach der Inbetriebnahme auf Ackerland ansteigt. Das betrifft alle untersuchten Organismengruppen. Neben typischen, aber oftmals gefährdeten Arten der offenen Agrarlandschaft erscheinen relativ zügig auch solche, die eher kennzeichnend für trockene Lebensräume sind und solche, die typisch für Grenzlinien zwischen offenen und geschlossen Lebensräumen, Vorwäldern und Wäldern sind.

Besonnte Wege von Offenlandarten bevölkert

Als wesentlich für Arten des Offenlandes haben sich Bereiche mit ausreichender Besonnung herausgestellt. Dies sind zum einen die Wege in den Anlagen und zum anderen können es die Zwischenräume zwischen den Modulreihen sein, wenn diese nach Biodiversitätskriterien errichtet worden sind.

Andererseits zeigt sich, dass in nach Süden ausgerichteten Anlage der Waldaspekt ebenfalls eine Rolle spielt. Unter den Modulen herrscht grundsätzlich ein feuchteres Mikroklima, da der Tau langsamer abtrocknet als in den offenen und besonnten Bereichen. Dadurch stellen sich hier Teilaspekte einer Vegetation ein, die in geschlossenen Lebensräumen wie Wäldern zu finden sind. Das gilt analog für einige Tierarten, die ebenfalls nicht in reinem Offenland zu finden sind. Es entsteht aufgrund der konstruktionsbedingten Gegebenheiten eine Strukturvielfalt auf relativ engem Raum, die Grundvoraussetzung für verschiedene Mikroklimata und einer entsprechenden Biodiversität ist.

Viele Pflanzen, viele Insekten – viel Nahrung für Vögel und andere Tiere

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass neben der Biodiversität auch die Biomasse an Insekten im Vergleich zur Vorher-Situation stark ansteigt. Insbesondere bauen einige Heuschreckenarten binnen kurzer Zeit große Populationen auf und bilden somit eine wichtige Eiweißquelle für die gesamte Lebensgemeinschaft der Anlagen.

Der schon seit Jahren beobachtete Trend bei Wirbeltieren, in diesem Fall Vögeln und Fledermäusen, Solarparks als Lebensraum zu nutzen, setzt sich fort. Die Arten lernen, dass die Anlagen ein attraktiver Lebensraum sein können. Immer mehr Brutvogelarten nutzen diese ungestörten Räume zum Teil in außergewöhnlich hoher Fülle. So wurden in einigen Anlagen Dichten an Feldlerchen beobachtet, die zu den höchsten in Mitteleuropa zählen. Das gilt sowohl für nach Süden ausgerichtete als auch für Tracking-Anlagen. Aber auch Arten, die nicht das reine Offenland bevorzugen, werden zunehmend registriert, wie zum Beispiel Baumpieper, Buchfinken oder Meisen.

Die bei vielen Anlagen im Rahmen der vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen von den unteren Naturschutzbehörden geforderten Ausgleichsflächen für die Feldlerche seien in vielen Fällen nicht erforderlich, so interpretiert Studienautor Tom Peschel die Erkenntnisse aus den Bestandsaufnahmen. Der Ausgleich könne auch innerhalb der Anlage stattfinden.

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Nicht nur Bewohner, sondern auch Nahrungsgäste kommen in den Solarpark

Dass die Anlagen so attraktiv sind, hat primär etwas mit dem reichhaltigen Nahrungsangebot im Vergleich zum Umland zu tun. Deshalb sind hier nicht nur Brutvögel, sondern auch etliche Nahrungsgäste zu beobachten. Viele Greifvogelarten sind regelmäßig in Solarparks, um zu jagen. Aber auch Arten der umgebenden Agrarlandschaft suchen hier Nahrung. Somit entfalten diese Standorte eine Wirkung über die eigentliche Fläche hinaus, indem sie Brutreviere außerhalb aufwerten.

Erstmalig sind im größeren Umfang auch die Vorkommen von Fledermäusen untersucht worden. Es
zeigt sich, dass die Anlagen schnell nach der Inbetriebnahme durch viele Arten gefunden und
dann auch als Nahrungs- oder Transferhabitate genutzt werden. Ehemals für Fledermäuse wenig geeignete Äcker erlangen so einen Wert für diese Tiergruppe und erhöhen das Nahrungsangebot in der Landschaft. Aktuelle Annahmen, dass Solarparks Fledermäuse vergrämen, konnten widerlegt werden. 19 Fledermausarten wurden in Solarparks nachgewiesen, das sind drei Viertel aller in Deutschland nachgewiesenen Fledermausarten.

Die richtige Pflege – besonders der Zeitpunkt der Mahd – ist wichtig

Individuell angepasste Konzepte zum Betrieb und zur Pflege sind laut den beiden Studienautoren Tim Peschel und Rolf Peschel essenziel, um die Biodiversität im Solarpark zu erhalten und zu fördern. Die Pflege hat einen größeren Einfluss auf die Biodiversität als die Bauweise der Anlage. Besonders die statischen Vorgaben zu Mahd-Terminen seien zu überdenken bzw. ad acta zu legen, dynamische Termine zu bevorzugen. Denn aufgrund des Klimawandels beginne die Vegetationsperiode früher, die Vegetation wächst schneller hoch, im hohen feuchten Gras können Bodenbrüter nicht erfolgreich brüten. Die Genehmigungen sollten flexible Pflegetermine vorgeben, die von Fachpersonal bestimmt werden. Neben der Pflege begünstigen breite Modulabstände den Aufbau von Biomasse.

Solarparks als landwirtschaftliche Flächen anerkennen

Obwohl Photovoltaikanlagen formal keine landwirtschaftlichen Flächen sind, erfüllen sie die Voraussetzungen für Landwirtschaftsflächen mit hohem Naturwert, das sogenannte High Nature Value Farmland (HNV). Beispiele dazu finden sich in den einzelnen Projektberichten.

Robert Busch, Geschäftsführer des auftraggebenden Verbandes Neue Energiewirtschaft bne geht sogar noch einen Schritt weiter und fordert „Die biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung von Solarparks als landwirtschaftliche Nutzung anerkannt werden. So ließe sich die Flächenkonkurrenz zwischen Landwirtschaft und Photovoltaik auflösen, ähnlich wie bei der Agri-PV.“ Gerade weil Solarparks inmitten der Agrarlandschaft entstehen, stärken sie über Jahrzehnte aktiv die Biodiversität vor Ort und damit in Deutschland. pf

Die vollständige Studie sowie Auswertungen zu den einzelnen Solarparks sind auf der Webseite zur Studie zu finden.

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