Bundesnetzagentur: Debatte um Vergütung für vermiedene Netzentgelte

Nicht nur die allgemeine Netzentgeltsystematik will die Bundesnetzagentur neu strukturieren, auch die Vergütung für vermiedene Netzentgelte soll schrittweise auslaufen. Verbraucherschützer begrüßen diesen Schritt, andere Akteure lehnen ihn ab.
28.05.2025 – Letzte Woche endete die Konsultationsfrist zum Vorhaben der Bundesnetzagentur, die Vergütung für vermiedene Netzentgelte abzuschmelzen. Die Behörde will die aus dem Jahr 1999 stammende Subvention für konventionelle Energieerzeugungsanlagen in Verteilnetzen in 25-Prozent-Schritten bis Ende 2028 abschaffen und damit Stromverbraucher entlasten.
Die Höhe der vermiedene Netzentgelte orientiert sich an den Beträgen, die vom Anschlussnetzbetreiber für eine sonst nötige Entnahme aus der vorgelagerten Netzebene gezahlt würden. Die Kosten tragen die Netznutzer über ihre Netzentgelte. Derzeit entstehen aufgrund der Regelungen für Verbraucher jährliche Kosten in Höhe von rund einer Milliarde Euro, das sind etwa vier bis fünf Prozent der von Stromkunden gezahlten Netzentgelte.
Die Vergütung für dezentrale Erzeugung wurden vor über 25 Jahren in der Annahme eingeführt, lokal erzeugter Strom würde auch lokal verbraucht und somit die Gesamtnetzkosten senken, da die übergeordneten Netze nicht genutzt werden müssten. Diese Annahme stimmt immer weniger. Auch dezentral erzeugter Strom wird zunehmend über längere Strecken in die Verbrauchszentren transportiert. Zusätzlich müssen auch nachgelagerte Netze so ausgebaut sein, dass eine Region aus den vorgelagerten Netzen versorgt werden kann, etwa wenn dezentral angeschlossene Erzeugungsanlagen nicht verfügbar sind. Ursprünglich profitierten auch volatil erzeugende Anlagen (Windkraft und Photovoltaikkraftwerke) von den vermiedenen Netzgelten, seit 2020 sind sie aber vom Empfängerkreis ausgenommen.
Verbraucherschützer unterstützen den Vorschlag
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) begrüßt das Vorhaben ausdrücklich, fordert sogar ein schnelleres Aus für das Entgelt. „Die Verbraucher:innen müssen bei den hohen Strompreisen in Deutschland entlastet werden. Die Bundesnetzagentur geht daher mit dem Auslaufen der vermiedenen Netzentgelte den richtigen Weg. Sie sollte allerdings entschlossener vorgehen: Eine vollständige Abschaffung bereits im kommenden Jahr würde die Entlastung der privaten Haushalte verdoppeln“, kommentierte Henning Herbst, Strommarktexperte bei der vzbv.
Gegen die Abschaffung: VKU, BDEW, Fachverband Holzenergie
Für die Beibehaltung der vermiedenen Netzentgelte sprechen sich – wenig verwunderlich – vor allem die Betreiber von Erzeugungsanlagen aus, die von dieser Entgeltform profitieren. Argumentiert wird mit Vertrauensschutz und Investitionssicherheit. Der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) lehnt die Abschmelzung entschieden ab, solange keine Nachfolgeregelung vorliegt, die das Vorhalten gesicherter Leistung honoriert. Die letzte Neuregelung zu den vermiedenen Netzentgelten sei im Jahr 2017 erfolgt, daraufhin seien langfristige Investitionsentscheidungen getroffen worden. Der Wegfall der Entgelte gefährde den wirtschaftlichen Betrieb einzelner Kraftwerke.
VKU-Geschäftsführer Ingbert Liebing argumentiert: „Hocheffizienten Gaskraftwerken mit KWK auf der einen Seite ein wirtschaftliches Standbein zu entziehen und ihre Stilllegung zu riskieren, und auf der anderen Seite dringend benötigte Gaskraftwerke neu auszuschreiben und extra zu vergüten – das ergibt erkennbar volkswirtschaftlich überhaupt keinen Sinn und wäre auch ökologisch schädlich. Beschädigtes Investorenvertrauen würde Investitionen in die Energiewende ausbremsen und durch Risikoaufschläge verteuern, statt sie zu befördern.“
Ganzheitliche Lösung gefordert
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft sieht ebenfalls vor allem Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) wie etwa Blockheizkraftwerke, die aus Gas Strom und Wärme erzeugen, als Verlierer der Reform. Der Festlegungsentwurf der Bundesnetzagentur sende ein falsches Signal in ein ohnehin unsicheres Investitionsumfeld. „Statt vorgezogener isolierter Maßnahmen brauchen wir eine ganzheitliche Lösung für die Netzentgeltsystematik“, appelliert Kerstin Andreae, BDEW-Geschäftsführerin. Sie verweist damit auf die kürzlich begonnene Konsultation zur Netzentgeltsystematik.
Der Fachverband Holzenergie im Bundesverband Bioenergie setzt sich ebenfalls für den Erhalt der Vergütung vermiedener Netzentgelte ein und hat dabei besonders die Biomasseanlagen im Blick. Die geplante Abschmelzung gefährde die Wirtschaftlichkeit von Kraftwerken, in denen Holzabfälle verbrannt werden. Es sollten weiterhin Anreize bestehen bleiben, um den technischen Umbau von Biomasseanlagen wirtschaftlich abzusichern. pf
Kommentare
Hannes Allabauer vor 3 Wochen
Die Situation gibt es schon lange anderenorts: Will man bei einer Bank ein Darlehen vorzeitig zurückzahlen (um Zinsen zu sparen), dann wehrt sich die Bank dagegen! Sie will doch nicht auf die Zinsen verzichten.