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Flexibler StromverbrauchDie Stromtarife der Zukunft

Kinder laufen auf Wiese unter Stromleitungen
Dynamische Stromtarife motivieren Stromkunden, ihren Strombedarf an das Angebot anzupassen. Sie profitieren dann von niedrigeren Preisen. (Foto: Unsplash+ mit Getty Images / Unsplash+ Lizenz)

Dynamische Stromtarife sind auf dem Vormarsch, vielleicht schon bald das neue Normal.
Sie werden auch dringend gebraucht. Denn die Energiewende kann nur gelingen, wenn sich schwankende erneuerbare Stromerzeugung und Verbrauch ausbalancieren.

31.10.2024 – Zu den traditionellen Stromtarif-Modellen für Privathaushalte gesellt sich eine neue, grundlegend andere Variante: dynamische Tarife. Sie haben keinen festen Arbeitspreis in Cent pro Kilowattstunde, sondern sind an die Preise des Großhandels gekoppelt. Für Kunden mit dynamischem Stromtarif ändern sich damit stündlich die Preise, und das an jedem Tag. In Phasen mit viel Wind und Sonne können die Preise recht niedrig sein und in Phasen mit wenig Wind und Sonne sehr hoch.

Im Großhandel, genauer gesagt am Spotmarkt, wird zu sich stündlich ändernden Preisen der Strom gehandelt, der am nächsten Tag geliefert wird. Energieversorger kennen also einen Tag vor der Lieferung des Stroms die Preise für die nächsten Stunden des Folgetages. In einem dynamischen Tarif geben sie diese Preise an die Kunden weiter. Zusätzlich zum Energiepreis fallen wie bei anderen Tarifen feststehende Umlagen, Steuern, Abgaben und Netzentgelte an, so dass auch bei negativen Börsenpreisen meist ein Preis für die genutzte Kilowattstunde fällig wird.

Baustein für die Energiewende

Die dynamischen Tarife sind ein wichtiger Baustein zum Gelingen der Energiewende. Sie werden notwendig, weil zum einen der Strombedarf in den kommenden Jahren deutlich steigen
wird, denn Elektroautos und Wärmepumpen ersetzen Verbrenner und Ölheizungen. Gleichzeitig wird zwar immer mehr Strom aus Erneuerbaren Energien erzeugt, aber die Erzeugung schwankt je nach Witterung. Bisher haben Stromverbraucher keinen Anreiz, ihren Verbrauch an das Angebot anzupassen. Dabei gibt es nicht nur Knappheitssituationen, die sogenannte Dunkelflaute, sondern auch Phasen mit hohem Überangebot von Strom aus Erneuerbaren Anlagen.

Besonders der starke Zubau von Photovoltaik-Anlagen macht sich bemerkbar. An sonnigen Tagen sinken um die Mittagszeit die Preise sehr stark, immer öfter sogar unter null. Die Wortschöpfung für dieses Überangebot: warmer Lichtsturm. Die niedrigen Preise machen die Energiewende insgesamt teurer – weil Betreiber von EEG-Anlagen auch in Zeiten niedriger Börsenpreise die jeweils für ihre Anlage festgelegte Vergütung pro Kilowattstunde Strom erhalten. Zusätzlich gibt es einen weiteren Effekt, der die Energiewende verteuert: Wird im Verhältnis zum Bedarf zu viel oder zu wenig Strom erzeugt, müssen Netzbetreiber eingreifen und Kraftwerke abregeln oder hochfahren. Auch diese Redispatch-Maßnahmen kosten Geld und werden letztlich von den Stromverbrauchern bezahlt.

Die immer größer werdende Energieerzeugung zu wechselnden Zeitpunkten bringt auch das Stromnetz an seine Grenzen. Es kommt zu zeitweisen Engpässen, vor allem auf der Verteilnetzebene, wo die meisten Anlagen einspeisen. Das Netz so stark auszubauen, dass es für jede Erzeugungsspitze und jede Verbrauchsspitze ausreichend ausgelegt ist, ist zwar denkbar, wäre aber eine immense Material- und kostenintensive Angelegenheit.

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Wer besonders profitiert

Es gilt also, den steigenden Bedarf mit dem steigenden aber schwankenden Angebot auszubalancieren. Das sind sozusagen die letzten, aber sehr anspruchsvollen Meter der
Energiewende. Je höher der Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung wird, desto herausfordernder wird es, diese Balance mit möglichst geringem Aufwand zu finden.
Mit dynamischen Tarifen und den sich im Tagesverlauf ändernden Preisen werden Verbraucher angeregt, ihr Verbrauchsverhalten zu optimieren. Im Idealfall interagieren volatile Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien, Stromnetze und Verbrauch effizient miteinander.

Über niedrige beziehungsweise hohe Strompreise wird diese Interaktion angereizt. Viele Energieversorger bieten bereits dynamische Stromtarife an. Ab 2025 sind alle Versorger dazu verpflichtet. Gesetzliche Grundlage ist § 41a des Energiewirtschaftsgesetzes.

Von dynamischen Tarifen profitieren besonders Haushalte mit hohen und flexiblen Verbräuchen – mit Wärmepumpen, Batteriespeichern oder Ladestationen für E-Autos. Ihr Verbrauchsverhalten oder die im Batteriespeicher, in der Wärmepumpe oder Wallbox eingebaute Steuerung bestimmen, wann
und wofür Strom genutzt wird. Das flexibles Verbrauchsverhalten wird sozusagen belohnt. Allerdings trägt der Kunde dann auch das Risiko für schwankende Strompreise. Für durchschnittliche Haushaltsstromkunden, die weder hohe Verbräuche haben noch ihr Verbrauchsverhalten ändern können, sind die dynamischen Tarife weniger empfehlenswert.

Ohne Smart Meter geht’s nicht

Um dynamische Tarife nutzen zu können, brauchen die Endabnehmer ein intelligentes Messsystem, einen Smart Meter. Er misst alle 15 Minuten den Stromverbrauch, speichert die Daten und übermittelt sie einmal täglich über das Gateway an den Netzbetreiber oder den Energielieferanten. Der Smart-Meter-Rollout hat bereits eine längere und eher unglückliche Startphase hinter sich. Mit dem 2023 beschlossenen Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende kam Bewegung in den Rollout.

Bis 2032 sollen die Smart Meter flächendeckend zum Einsatz kommen. Ab 2025 hat jeder Haushalt das Recht, den Einbau eines intelligenten Messsystems zu verlangen. Definiert sind außerdem sogenannte
Pflichteinbaufälle, bei denen der Einbau vom Messstellenbetreiber in bestimmten Zeiträumen erfolgen muss. Die Kosten für solche Smart Meter sind gesetzlich gedeckelt.

Neues Zeitalter, nicht nur für Haushaltskunden

Nicht nur für Endkunden bricht damit ein neues Zeitalter an, sondern auch für Energieversorger. Sie haben zwar ein wenig Vorsprung, denn meist bieten sie bereits großen Gewerbekunden einen Tarif mit Leistungsmessung an, aber das Tarifmodell für kleine Haushaltskunden ist dann doch deutlich komplexer.

Zum einen bekommt der Versorger über den Smart Meter deutlich mehr Daten als einmal im Jahr einen Zählerstand und braucht Systeme, die diese Daten problemlos und schnell verarbeiten. Zudem muss sichergestellt sein, dass der Kunde auch den für die jeweilige Stunde richtigen Preis in
Rechnung gestellt bekommt. Anspruchsvoll ist auch die Kommunikation der Tarife. Sie sind erklärungsbedürftiger. Denn der Kunde soll den Tarif auch so nutzen, wie er gedacht ist und worin der
energiewirtschaftliche Nutzen liegt – den Stromverbrauch möglichst in Zeiten zu schieben, in denen der Preis günstig ist. Zur Kommunikation gehört auch, die Preise für den nächsten Tag einfach und unkompliziert für den Kunden sichtbar zu machen – auf einer Webseite oder über eine App.

Damit ist aber längst noch nicht das Optimum erreicht. Denn aus Kundensicht ist es eher lästig, sich ständig mit Strompreisen beschäftigen zu müssen. Viel besser wäre es, wenn der Kunde seine Präferenzen festlegen kann, beispielsweise dass sein Auto werktags 8.00 Uhr zu 80 Prozent geladen ist und er sich darauf verlassen kann, dass über automatische Steuerungen genau diese Vorgabe erfüllt und in den Stunden mit den günstigsten Energiepreisen geladen wird. Petra Franke

Kommentare

Lutz Pahl am 10.11.2024

Zu wann ist mit einer "Naturstrom-App" zu rechnen, die 15-minütlich den Verbrauch und den Strompreis anzeigt, damit man den Verbrauch danach steuern kann? Die Konkurrenz bietet derartige Apps schon an.

Redaktion energiezukunft@naturstrom.de am 11.11.2024

Danke für den Hinweis und voilá:

https://www.naturstrom.de/privatkunden/oekostrom/naturstrom-smart/app

 

In unserer aktuellen Ausgabe der energiezukunft gibt es übrigens auch weitere Informationen dazu und zum flexiblen Stromsystem

https://www.energiezukunft.eu/magazine

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