EU-Stromnetz: Europas Energieinfrastruktur sanieren und ausbauen

Bis Mitte des Jahrhunderts muss das Europäische Stromnetz erheblich ausgebaut werden, um Erneuerbaren Energien und dem steigenden Strombedarf gerecht zu werden. Je flexibler Verbraucher reagieren können, desto weniger Ausbau wird nötig.
04.05.2025 – Europas Stromnetz wächst seit Jahren enger zusammen. Mehr als 266 Millionen Haushalte und Unternehmen sind inzwischen miteinander vernetzt. Mit den rund 11,3 Millionen Kilometern an Stromkabeln könnte die Erde 282-mal umrundet werden, schreibt der Europäische Rechnungshof in einer neuen Analyse zu den Stromnetzen der EU.
Doch für die steigenden Strommengen und zunehmende Einspeisung Erneuerbarer Energien reicht das noch nicht aus. Das Netz müsse umfangreich saniert und ausgebaut werden, heißt es in der Analyse. Die bisher geplanten Investitionen seien für die künftige Stromnachfrage und die Energiewende noch nicht ausreichend. Notwendig seien schnellere Genehmigungsverfahren und bessere Planungskoordination zwischen den Ländern. Auch Material- und Fachkräftemangel sowie fehlende öffentliche Akzeptanz bremse den Ausbau.
Sanieren und ausbauen
"Ein Großteil des Stromnetzes der EU stammt aus dem letzten Jahrhundert, und fast die Hälfte der Leitungen ist über 40 Jahre alt. Um die Wettbewerbsfähigkeit und Unabhängigkeit der EU sicherzustellen, brauchen wir eine moderne Infrastruktur, die unserer Industrie nutzt und die Preise im Rahmen halten kann", sagt Keit Pentus-Rosimannus, die als Mitglied des Europäischen Rechnungshofs für den Bericht zuständig ist. "Die Stromnachfrage in der EU wird sich bis 2050 voraussichtlich mehr als verdoppeln. Erhebliche Investitionen ins Stromnetz sind daher unbedingt erforderlich. Wir müssen jedoch alle Hebel in Bewegung setzen, um den Investitionsbedarf so gering wie möglich zu halten. Neue Technologien, Speichermöglichkeiten und flexiblere Netze können dazu beitragen, die Kosten zu senken."
Der größte Investitionsbedarf besteht bei den Verteilnetzen, gefolgt von Übertragungsleitung sowie Anschlüssen von Offshore-Windparks und einem aufzubauenden Wasserstoffnetz. Die geplanten Investitionen der Netzbetreiber belaufen sich derzeit bis 2050 auf insgesamt 1,8 Billionen Euro. Damit beziffert der Rechnungshof den Investitionsbedarf etwas niedriger als die EU-Kommission, die zuletzt von 2 bis 2,3 Billionen Euro ausging.
Flexibler werden
Moderne technische Lösungen könnten den Ausbaubedarf verringern. Intelligente Zähler und flexibler Verbrauch, der sich an tägliche, wöchentliche und saisonale Schwankungen des Energieverbrauchs und der Energieerzeugung anpasst, können die Netze entlasten. Auch Energiegemeinschaften, die Strom lokal erzeugen und nutzen, könnten einen wichtigen Beitrag leisten. Technische Lösungen sind oft schon verfügbar, jedoch teilweise noch teuer. Auch der Einbau intelligenter Zähler verzögert sich nicht nur in Deutschland.
Maßgeblich ist zudem, dass der rechtliche Rahmen die Schaffung flexibler Angebote unterstützet. In Deutschland werden seit Kurzem unter anderem flexible Stromtarife und dynamische Netzentgelte angeboten – das ist ein Anfang. Auch die Finanzierung des Ausbaus müsse zu für Investoren erschwinglichen Konditionen ermöglicht werden, um einem starken Anstieg der Strompreise vorzubeugen. jb