Flexibles StromsystemMarkt für Hybridkraftwerke in Europa läuft langsam an

Solarpark und Windpark im Sonnenuntergang
Energiewende-Beschleuniger: Die Kombination von Solar- und Windparks mit Batteriespeichern bietet Vorteile. (Foto: Benoît Deschasaux on Unsplash / Unsplash License)

Die Kombination von Solar- und Windparks mit Batteriespeichern an einem Standort bietet viele Vorteile. Bislang bremste vor allem die Regulierung den Markthochlauf in Europa. Doch Besserung ist in Sicht.

25.03.2025 – Solar- und Windparks mit Batteriespeichern an einem Standort zu kombinieren, bietet eine ganze Reihe von Vorteilen. So reduzieren sich die Risiken für die Betreiber der regenerativen Erzeugungsanlagen unter anderem durch die Diversifizierung der Einnahmen, den Schutz vor Preis-Kannibalisierung und die Verlagerung der Erzeugung bzw. Einspeisung in die Abendstunden.

Die Wirtschaftlichkeit des Batteriespeichers kann durch Kosteneinsparungen aufgrund eines gemeinsamen Netzanschlusspunktes sowie einer schnelleren Netzanbindung erhöht werden. Vorteile für die Stromversorgung ergeben sich durch geringere Netzengpässe, vermiedene Abregelungen von Anlagen sowie eine bessere Ausnutzung knapper Netzressourcen.

Noch eine Marktnische

Allerdings steckt der Markt für erneuerbare Co-Location-Projekte in Europa noch in den Kinderschuhen. So waren laut Aurora Energy Research im Jahr 2023 europaweit Solar- und Windparks mit einer installierten Leistung von knapp 1,2 Gigawatt (GW) in Kombination mit großen Batteriespeichern in Betrieb. Photovoltaik plus Batteriespeicher lagen dabei mit 724 Megawatt (MW) vorne, Onshore-Windenergie plus Batteriespeicher mit 475 MW.

In Deutschland werden laut SolarPower Europe von den 0,8 GW an Großbatteriespeichern mit einer Kapazität von 1,1 Gigawattstunden (GWh), die zwischen 2021 und 2023 installiert werden, 11 Prozent mit erneuerbaren Anlagen kombiniert, vor allem mit Solarparks. In Großbritannien wurden laut einem Bericht des Branchenverbands Renewable UK vom April 2024 nur 12 Prozent der Wind- und Solarparks mit Batteriespeichern oder Elektrolyseuren kombiniert.

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Interesse an Co-Location-Projekten wächst

Experten und Branchenvertreter sehen jedoch einen deutlich wachsenden „Appetit“ auf große Batteriespeicher und Co-Location-Projekte. So liegen in Deutschland derzeit Netzanschlussanträge von Projektentwicklern für 161 GW Batteriespeicherleistung vor, das Hundertfache der derzeit installierten 1,6 GW. Ein starkes Wachstum für große Batteriespeicher prognostiziert auch SolarPower Europe in seinem „European Market Outlook for Battery Storage 2024-2028“. In einem Medium Scenario soll die gesamte installierte Batteriespeicherkapazität auf 78 GWh steigen, was einer Verdoppelung gegenüber 2023 (35,8 GWh) entspricht. In einem „hohen Szenario“ soll die installierte Batteriekapazität in Europa bis 2028 auf 135 GWh steigen. Dabei dominieren Großbatterien, vor allem Netzspeicher (sogenannte Utility-Scale-Speicher). Ihr Anteil an der neu installierten Kapazität soll bis 2028 auf 45 Prozent klettern und sich damit gegenüber 2023 (21 Prozent) mehr als verdoppeln.

Damit steige auch das Interesse an Co-Location-Projekten, erwarten Analysten wie Jannik Carl und Eva Zimmermann von Aurora Energy Research. Mittlerweile würden fast alle PV-Großprojekte mit Batteriespeichern kombiniert, berichtete Stefan Müller, Chief Operating Officer (COO) des EPC Enerparc, auf dem Handelsblatt Energiegipfel 2025 im Januar in Berlin.

Große Projekte in Portugal und Spanien

Valerii Lazarev, Projects Bankability Manager bei WElink Energy, sieht negative Strompreise (zu Spitzenzeiten) sowie Engpässe und hohe Kosten beim Netzzugang als wichtige Treiber für Co-Location-Projekte. EPCs könnten von der Hybridisierung bestehender Solarprojekte profitieren, indem sie die Erzeugungskurve abflachen und Energie nach Bedarf und damit zu höheren Preisen liefern. Und das bei vergleichsweise geringen Investitionskosten, da auf einen neuen, teuren Netzanschluss verzichtet werden kann.

Der internationale Entwickler mit Sitz in Irland ist derzeit dabei, einen 219-MW-Solarpark in Vaquieros (Südportugal), der Ende 2021 in Betrieb gehen soll, in mehreren Phasen zu einer Co-Location-Anlage mit einer Leistung von über 1 Terawattstunde auszubauen, so Lazarev. In einem ersten Schritt soll die bestehende PV-Kapazität von 219 MW um weitere 50 MW ausgebaut werden, gefolgt von einem Windpark mit 165 MW und einem Batteriespeicher mit 100 MW/400 MWh. Der Baubeginn ist für die zweite Jahreshälfte 2025 geplant, die Fertigstellung für Ende 2027.

Europas größtes Co-Location-Kraftwerk wird derzeit vom spanischen Energieerzeuger Endesa ebenfalls in Portugal (Pego, Provinz Santarém) errichtet. Geplant ist eine Kombination aus einer 365 MW PV-Anlage, einem 264 MW Windpark und einem 168 MW Batteriespeicher. Zusätzlich wird ein 500 Kilowatt (kW) Elektrolyseur zur Erzeugung von grünem Wasserstoff installiert, um Überschüsse zu nutzen, die der Batteriespeicher nicht aufnehmen kann.

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Fossile und Kernenergie abgeschlagen

Ein weiterer wichtiger Treiber für mehr Co-Location-Projekte sind die weiter sinkenden Kosten, insbesondere für Photovoltaik und Batteriespeicher. Laut einer Studie des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) vom Juli 2024 liegen die Stromgestehungskosten (LCOE) von Solarparks in Deutschland zwischen 4,1 und 6,9 Eurocent/kWh. Bei der Kombination von PV-Freiflächenanlagen mit Batteriespeichern liegt der LCOE zwischen 6,0 und 10,8 Cent/kWh.

Sollten die Speicherpreise bis 2045 auf die prognostizierten Preise von 180 bis 700 Euro/KWh sinken, rechnet das ISE sogar mit Stromgestehungskosten für PV-Freiflächenbatteriesysteme zwischen 3,1 und 5,0 Cent. Im Vergleich dazu liegen die Stromgestehungskosten fossiler Kraftwerke heute deutlich höher: Braunkohlekraftwerke kosten 15,1 bis 25,7 Cent, Steinkohlekraftwerke 17,3 bis 29,3 Cent, GuD-Kraftwerke 10,9 bis 18,1 Cent und flexible Gaskraftwerke 15,4 bis 32,6 Cent pro Kilowattstunde. Kernkraftwerke liegen bei 13,6 bis 49,0 Cent/kWh.

50 Prozent weniger Bau- und Betriebskosten

Laut Aurora Energy Research liegen die derzeit tatsächlich erzielbaren Rentabilitätssteigerungen (IRRs) für die Kombination eines Solarkraftwerks mit einem Batteriespeicher in wichtigen europäischen Märkten in der Größenordnung von einem bis knapp über zwei Prozent. Verglichen wurden die IRRs einzelner Solarparks mit denen, die mit einem Batteriespeicher kombiniert wurden.

RenewableUK weist auf die hohen potenziellen Kostenvorteile von Co-Location-Projekten hin, wenn regulatorische Hürden abgebaut und Genehmigungsverfahren vereinfacht werden. So könne die Kombination von PV-Projekten mit Batteriespeichern am selben Netzanschlusspunkt die Bau- und Betriebskosten um 50 Prozent senken. Zudem könne ein flexibleres Energiesystem mit der Integration von Speichern in Großbritannien bis 2050 jährlich 16,7 Milliarden Pfund (19,8 Milliarden Euro) an Stromsystemkosten einsparen, wovon auch die Stromkunden profitieren würden.

Komplexität und Regulierung als Hemmnisse

Dass Co-Location-Projekte ihre potenziellen Kostenvorteile in der Praxis oft nicht voll ausspielen können und die Zahl der realisierten Projekte erst allmählich Fahrt aufnimmt, hat verschiedene Gründe. „Neben regulatorischen Fragen ist diese Kombination von Technologien in Bezug auf Struktur und Vermarktung äußerst komplex. Geschäftsmodelle müssen individuell betrachtet werden und je nach lokalen Parametern kann ein Einzelprojekt oft attraktiver sein als ein Co-Location-Projekt“, sagt Philipp Kraemer, Director Strategic Growth & Digitization, bei CCE.

So bremst in Deutschland bislang das sogenannte Ausschließlichkeitsprinzip des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) die Wirtschaftlichkeit von Solar- und Windparks in Kombination mit Batteriespeichern. Es besagt, dass EEG-geförderte Anlagen ganzjährig nur mit Grünstrom und nicht mit Graustrom (aus dem Netz) geladen werden dürfen, da sonst der EEG-Anlagenstatus bzw. die Förderung entfällt. Dies schränkt einen wirtschaftlichen, flexiblen Betrieb von Speichern in Ko-Lokation mit einem Solar- oder Windpark zur Verschiebung der Einspeisung in Hochpreisstunden und zur Bereitstellung von Regelenergie (bei der auch Netzstrom geladen wird) stark ein.

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Besserung in Sicht

Ab Juni 2025 soll laut Solarpaket I ein zweimonatlicher Wechsel der Betriebsart möglich sein, ab Juni 2026 ein paralleles Laden des Speichers aus dem Netz und der EEG-Anlage. Aurora-Analystin Zimmermann befürchtet allerdings Verzögerungen beim Inkrafttreten der Regelung in Deutschland, da sich die zuständige Bundesnetzagentur noch nicht auf ein Messkonzept festgelegt habe. Andere europäische Länder wie Großbritannien, Irland oder Italien, die einen flexiblen Betrieb von Co-Location-Anlagen ermöglichen, seien hier schon weiter, so Zimmermann.

Die Intersolar Europe, die in diesem Jahr bereits vom 7. bis 9. Mai stattfindet, bietet einen umfassenden Überblick über die neuesten Produkte, Technologien und Lösungen sowie die wichtigsten Trends im Bereich PV-Hybridkraftwerke. Am Mittwoch, 7. Mai, findet im Rahmen der begleitenden Intersolar Europe Conference von 14.00 bis 15.30 Uhr die englischsprachige Session „Hybrid PV Power Plants II: Strategies for Matching Energy Generation & Power Demand" statt, am Donnerstag, 8. Mai, wird das Thema Hybridkraftwerke von 15.00 bis 16.30 Uhr in einer ebenfalls englischsprachigen Session auf dem Intersolar Forum (Halle A3, Stand A3.150) aufgegriffen. Hans-Christoph Neidlein

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