V2G Summit Berlin: Rollout für Bidirektionales Laden steht erst am Anfang

Bidirektionales Laden von E-Fahrzeugen, spezifisch Vehicle-to-Grid, gilt als eine Schlüsseltechnologie der Energie- und Mobilitätswende. Doch der Durchbruch lässt noch auf sich warten, wie sich auf einer Veranstaltung in Berlin zeigte.
31.01.2025 – Elektroautos können viel mehr als nur leise und ohne Abgase zu fahren, Mit bidirektionaler Ladetechnologie können sie Strom speichern und ins Netz zurückspeisen. Eine aktuelle Studie von Transport & Environment (T&E) zeigt, dass dies Europas Energieversorgern und Autofahrenden Einsparungen in Milliardenhöhe ermöglichen könnte. Diese resultieren vor allem aus einer effizienteren Nutzung von Erzeugungskapazitäten, der Reduzierung von Abregelungen und einem geringeren Kraftstoffverbrauch.
In Ländern wie Deutschland hemmt allerdings der aktuelle Rechtsrahmen den Rollout dieser Schlüsseltechnologie für die Energie- und Mobilitätswende noch aus. Jedoch tut sich was: Die ersten E-Autos, Wallboxen und Tarifangebote, welche bidirektionales Laden ermöglichen sind auf dem Markt und es gibt eine Reihe von Initiativen, die eine bidirektionale Nutzung der Batterien von Elektroautos nach vorne bringen wollen.
Experten fordern Abbau von Hemmnissen für das bidirektionale Laden
Dies zeigte sich auf dem „Vehicle to Grid Summit“ diese Woche (28. Januar) in Berlin. Er brachte rund bei dem rund 80 Expertinnen und Experten aus Netzinfrastruktur, Versorgern, Anbietern angewandter Forschung und Politik zusammen. Sie sprachen sich durchgehend für eine Stärkung der E-Mobilität in Deutschland und Europa sowie einen Abbau von Hemmnissen für das bidirektionale Laden aus, um dessen Potenzial für mehr Flexibilität im Stromnetz, eine stabile und kostengünstige Versorgung mit Erneuerbaren Energien sowie einen Mehrwert für E-Automobilistinnen und -mobilisten auszuschöpfen.
So brach Johannes Pallasch, Sprecher und Leiter der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur (NOW), eine Lanze für diese Flexibilitätstechnologie und stellte die Roadmap für die Einführung von bidirektionalem Laden vor. Baustellen hierbei seien unter anderem noch die Doppelbelastung bidirektional zurückgespeisten Stroms durch Netzentgelte, Abgaben und Umlagen sowie der messtechnischen Abgrenzung von Grün- und Graustrom. Denn geht es doch darum sicherzustellen, dass grüner Strom seine Eigenschaften und Förderansprüche nach dem EEG auch bei einer Zwischenspeicherung im Akku eines Elektroautos behalten kann.
Weitere Hürden für Vehicle to Grid (V2G), also die Abgabe von Strom aus der Fahrzeugbatterie ins öffentliche Netz, sind auch ein diskriminierungsfreier Zugang zu Fahrzeug- und -batteriedaten, wie Jan Strobel, Abteilungsleiter Regulierung, Marktkommunikation und Mobilität beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) unterstrich. Nötig seien auch nicht-proprietäre (offene), interoperable Plug & Play Lösungen, so dass Nutzerinnen und Nutzer ihre E-Fahrzeuge, Wallboxen und sonstigen Komponenten frei zusammenstellen und wechseln können. Zudem behindert in Deutschland der stockende Rollout von Smart Metern das bidirektionale Laden.
„Wir sehen bidirektionales Laden als zentrales Zukunftsfeld“, sagte Stefanie Wolff, Referentin Ladeinfrastruktur, beim Verband der Automobilindustrie (VDI). Auch sie forderte – ebenso wie Jochen Bammert, Teamleiter Innovative Marktlösungen, beim Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW eine Gleichstellung von stationären und mobilen Energiespeichern. Als Voraussetzung für den Markthochlauf von bidirektionalem Laden müsse grundsätzlich „das Vertrauen in die E-Mobilität gestärkt werden“, betonte Wolff – auch an die eigene Adresse. Gleichzeitig verwies sie darauf, dass ab Mitte 2025 verstärkt Fahrzeuge und Infrastruktur auf den Markt kommen sollen, die für bidirektionales Laden ausgelegt sind.
Vehicle to Home auf dem Weg
Erste Fahrzeuge und Wallboxen, die eine Teildisziplin des bidirektionalen Ladens, nämlich Vehicle to Home (V2H), ermöglichen, sind bereits auf dem Markt. Hierbei wird selbst erzeugter Strom von einer Photovoltaik-Anlage in der E-Auto Batterie zwischengespeichert und später wieder ans Hausnetz für den Eigenverbrauch abgegeben. So ist V2H in Deutschland, Österreich und der Schweiz beispielsweise mit den Elektromodellen Ford Capri und Ford Explorer im Kombipack mit der bidirektionalen DC-Ladestation Edison V2H des Hauskraftwerkanbieters E3/DC (Osnabrück) möglich. Bereits seit vergangenem Jahr kooperiert E3/DC mit VW und bietet für Modelle der ID.Familie mit einer 77-kWh-Batterie V2H-Laden an.
Einen Schritt weiter ist schon Renault. Der Fahrzeughersteller brachte in Zusammenarbeit mit dem Münchener Unternehmen The Mobility House vor kurzem das erste V2G-Angebot auf den Markt: Besitzer eines V2G-fähigen Renault 5 können mit einer dafür konzipierten Wallbox und einem besonderen Tarif kostenfrei ihr Auto laden und stellen im Gegenzug ihren Fahrzeugakku in den Dienst des gesamten Energiesystems. Momentan ist das Angebot aber nur in Frankreich erhältlich, weil dort im Gegensatz zu Deutschland bereits fast flächendeckend Smart Meter (intelligente Strommesssysteme) verbaut sind, es nur einen großen Verteilnetzbetreiber gibt (in Deutschland über 900) und doppelte Netzentgelte für Speicher zumindest zeitlich befristet ausgesetzt sind.
Im nächsten Schritt solle die V2G-Lösung mit Renault nun im Vereinigten Königreich (UK) angeboten werden, wenn die Rahmenbestimmungen besser passten, dann auch in Deutschland, so Marcus Fendt, Managing Director von Mobility House. Hans-Christoph Neidlein