DigitalisierungsberichtSmart-Meter-Rollout läuft nicht auf Hochtouren

zertifizierter Smart Meter
Die Energiewende hat ein Nadelöhr: den immer noch komplizierten und deshalb langsamen Ausbau intelligenter Stromzähler. (Foto: Franziska Fahrbach auf Wikimedia / CC BY-SA 4.0)

Branchenvertreter der Erneuerbaren Energiewirtschaft kommentieren den Bericht zur Digitalisierung der Energiewende kritisch. Der Entbürokratisierungsprozess sei offenbar zum Stillstand gekommen und der eigentliche Zweck der Digitalisierung verfehlt.

27.09.2024 – Der flächendeckende Einbau von intelligenten Messsystemen läuft nach wie vor nicht auf Hochtouren. Das müsste er aber, denn die Smart Meter sind ein Nadelöhr der Energiewende. Mit dem Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende hat die Bundesregierung diesem wichtigen Baustein für ein erneuerbares Stromsystem den Weg geebnet. Denn die Digitalisierung und ganz besonders der Smart-Meter-Rollout sind kein Selbstzweck. Vielmehr ist die Sichtbarmachung vieler dezentraler Erzeugungsanlagen und flexibler Verbraucher für die Netzbetreiber zwingend notwendig.

Nun zieht das Bundeswirtschaftsministerium ein Zwischenfazit. Der Digitalisierungsbericht wird allerdings vom Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) und der Smart-Meter-Initiative (SMI) sehr kritisch kommentiert. Dabei bemerkt schon der Bericht selbst, dass das Potenzial der Digitalisierung längst nicht gehoben sei, der Neustart auf der Strecke bleibe.

Kleine Netzbetreiber hinken hinterher

Tatsächlich weisen die Ergebnisse einer Branchenbefragung im Digitalisierungsbericht auf die großen Schwierigkeiten bei der Verbreitung von intelligenten Messsystemen (iMSys) hin. Insbesondere die kleinen Netz- und Messstellenbetreiber stehen durch die komplexe Ausgestaltung der technischen Prozessvorgaben vor großen operativen Problemen beim Smart-Meter-Rollout und hinken hinterher. Die starren Vorgaben und die Überkomplexität erschweren weiterhin auch den wettbewerblichen Messstellenbetrieb.                                    

Vereinfachungen als Teil der Lösung

Auch die Lösungsvorschläge des Berichts sehen bne und SMI kritisch. Weder adressiere der Bericht die grundlegenden Probleme des Smart-Meter-Rollouts, noch gebe er eine Perspektive für die Reduktion von Komplexität und technischen Vereinfachungen. Die Chance auf mehr Wettbewerb und damit niedrigere Kosten für die Verbraucherinnen und Verbraucher verspielt worden. Außerdem sollen Regeln sehr kurzfristig geändert werden – Unplanbarkeit und juristische Grauzonen verunsichern Anbieter.

So sollen unter anderem die Fristen für den Smart-Meter-Einbau auf Kundenwunsch aufgeweicht werden. Somit könne nicht mehr sichergestellt werden, dass Kunden, die dynamische Tarife nutzen wollen, innerhalb eines vorab planbaren Zeitraums und damit rechtzeitig zum avisierten Produktstart ein intelligentes Messsystem vom grundzuständigen Messtellenbetreiber erhalten.

Die Preisgestaltung von Zusatzleistungen darf nicht allen dem grundzuständigen Messstellenbetreiber überlassen werden, ist eine weitere Forderung. Vielmehr soll es bundesweit einheitliche Preisobergrenzen geben. Weicht ein Netzbetreiber davon ab, sollten Behörden, entweder die Bundesnetzagentur oder die Landesregulierungsbehörden, die Angemessenheit prüfen.

Sicherheitstechnische Anforderungen nicht mehr zeitgemäß

Die wohl am schwersten wiegende Kritik bezieht sich auf die sicherheitstechnischen Anforderungen. Nach Einschätzung von bne und SMI ist die aktuelle Sicherheitsarchitektur dem technischen Fortschritt und der Veränderung des Nutzerverhaltens nicht mehr gewachsen. Die Absicherung am einzelnen Smart-Meter müsse von einem gestuften Sicherheitskonzept in der Tiefe abgelöst werden.

Die aktuelle Architektur geht davon aus, dass Angriffe auf das Energiesystem über die Internetverbindung am Smart-Meter-Gateway erfolgen. Doch zehn Jahre nach der Veröffentlichung des ersten Schutzprofils sei die Welt eine andere: Relevant für die Sicherheit sind Anlagen, die tatsächlich Energie beziehen oder einspeisen – Elektrofahrzeuge, Batteriespeicher, PV-Wechselrichter, Wärmepumpen. Sie werden millionenfach verbaut und sind häufig über das Internet mit dem Backend-System des jeweiligen Herstellers verbunden. Nutzer steuern oder überwachen sie per Smartphone-App oder Web-Schnittstellen.

Anstatt die geänderte Bedrohungslage, Kundenerwartungen und Erkenntnisse der Sicherheitsforschung einzubeziehen, werde die überholte Sicherheitsarchitektur fortgeschrieben. Dies mag aus Sicht der wirtschaftlichen Interessen inzwischen etablierter Akteure verständlich sein, führe aber zu hohen Kosten im Betrieb, ohne jedoch die Systemsicherheit zu erhöhen. pf

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