Konferenz in BerlinStromnetz in der Transformation

Klaus Müller am Rednerpult der Tagung Zukünftige Stromnetze 2025 in Berlin
Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, sprach sich bei der Tagung Zukünftige Stromnetze für eine Beibehaltung der Gebotszone Deutschland/Luxemburg aus und verteidigte die Baukostenzuschüsse. (Foto: Conexio-PSE)

Welche Regulatorik, welche marktlichen Lösungen im Stromnetz helfen bei der Transformation zum erneuerbaren Energiesystem am besten? Die vielfältigen Aufgaben, Interessen und Ziele beim Netzausbau waren Thema der Tagung Zukünftige Stromnetze.

30.01.2025 – Stromnetze sind das Fundament für die Energieversorgung, die sich in einer grundlegenden Transformation befindet. Das bedeutet auch für den Ausbau und den Betrieb der Stromnetze einen tiefgreifenden Wandel. Expertinnen und Experten diskutierten bei der Tagung Zukünftige Stromnetze in Berlin die anstehenden Aufgaben und Lösungen.

Einen Blick auf das Erreichte warf zum Auftakt Volker Oschmann, Ministerialdirektor im BMWK. Nicht nur die sichere Stromversorgung in der Krisenzeit 2022 mit dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine gehört demnach in die Erfolgsbilanz, sondern auch die inzwischen erreichte geringere Importabhängigkeit bei Primärenergieträgern. Sie sei um 20 Prozent zurückgegangen. Der Netzausbau hat deutlich an Fahrt aufgenommen, im Vergleich zu vergangenen Perioden wurde ein Vielfaches an Netzkilometern gebaut und geplant. Das Bestandsnetz wurde zudem optimiert, so dass eine Milliarde Euro an Redispatch-Kosten eingespart werden konnten.

In der Regulatorik wurden Beschleunigungen auf den Weg gebracht, die in der Praxis wirken. Nun werde voraussichtlich in dieser Woche mit der Verabschiedung der energiepolitischen Gesetze im Bundestag auch die Steuerbarkeit von EE-Anlagen zum Standard. Aber immer noch – eine Folge des Ukrainekrieges – schlägt die Inflation zu Buche, auch beim Netzausbau. Der Blick auf die Kosten wird jetzt intensiver und wird nach Ansicht von Oschmann auch weiter als Thema sehr präsent bleiben.

Heiße Eisen: Gebotszonen und Baukostenzuschüsse

Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, ermöglichte einen Blick in die Werkstatt seiner Behörde. Die Explosion bei den Netzanschlussbegehren, sowohl was Quantität als auch die Leistung betrifft, ist eine von vielen Herausforderungen, die die Regulierungsbehörde beschäftigen, aber auch der Netzausbau und vor allem dessen Geschwindigkeit. Hier sei viel erreicht worden, sowohl beim Bau und der Planung. Müller verwies darauf, dass der Netzausbau kostensenkend auf die Strompreise wirkt – ein klug ausgebautes Netz senke die Redispatch-Kosten.

Fairness nannte Müller weiter als Leitplanke bei der Transformation. Der eingeführte Wälzungsmechanismus bei den Netzentgelten sei ein erster Schritt. Bei der Frage der Gebotszonenaufsplittung vertritt Müller einen eindeutigen Standpunkt: „Wir sollten diesen liquiden und stabilen großen Strommarkt erhalten.“ Dafür müssten Defizite aus der Vergangenheit aufgeholt werden, denn man müsse gegenüber der europäischen Behörde ACER glaubhaft machen, dass bestehende Engpässe beseitigt werden.

Energiewende-Kompetenz zu honorieren, steht laut Müller ebenfalls auf der Agenda der Bundesnetzagentur. Netzbetreiber, die schneller digitalisieren, neue Anlagen anschließen und Erneuerbare ausbauen, sollen profitieren. Ein Konsultationsprozess dazu läuft gerade. Und auch die Entbürokratisierung verfolge die Behörde energisch weiter. Müller machte sehr eindrücklich deutlich, dass dabei Einzelfallanträge auf der Strecke bleiben müssen. Er sagte: „Der natürliche Feind der Entbürokratisierung ist der Einzelfallantrag.“

Auch die Baukostenzuschüsse als Lokalisierungssignal verteidigte Müller. „Das Prinzip, die Netzkosten zu sozialisieren ist nicht effizient und gerecht.“ Aus dem bereits veröffentlichten Positionspapier solle demnächst eine Festlegung werden.

Die Diskussion zeigte zudem, dass weitgehend Einigkeit herrscht im Bedauern, dass das geplante Kraftwerksicherheitsgesetz wegen des Ampel-Bruchs nicht mehr zustande gekommen ist.

Systemstabilität bedeutet Systemsicherheit

Im zweiten Programmblock ging es um die Systemstabilität. Sie wurde aus Sicht der Politik, der Übertragungsnetzbetreiber und der Verteilnetzbetreiber in Impulsvorträgen beleuchtet. Es wurde deutlich, dass der Wandel groß ist und schnell vonstattengeht. Langwierige regulatorische Prozesse hängen oft der Realität hinterher.

Alexander Folz, Regierungsdirektor im Referat Systemsicherheit des BMWK betonte, alles müsse energiewendetauglich sein, jede Anlag muss ihren Beitrag leisten. Die Ende 2023 beschlossene Roadmap zur Systemstabilität, die mit allen Akteuren gemeinsam erarbeitet und vom BMWK koordiniert wird enthält viele Elemente. Beispielhaft ging Oschmann auf einige Punkte ein, unter anderem auf den Prozess der Implementierung netzbildendender Stromrichter. Er verwies aber auch auf die Festlegungen zu Elektrolyseuren, die bereits jetzt notwendig werden, ohne das der regulatorische Prozess – ausgehend von einer Vorgabe aus Europa und der folgenden Umsetzung in den Mitgliedsstaaten – bereits durchlaufen sei. Denn auch Elektrolyseure müssen bei bestimmten Netzsituationen ein adäquates Verhalten zeigen.

In der anschließenden Diskussion wurde die Frage gestellt, ob die Kontinuität im Arbeiten an der Roadmap bei dem anstehenden Regierungswechsel gewahrt bleibe. Folz‘ Antwort: „An diesem Thema kommt keiner vorbei, es geht hier auch nicht um politische Leitentscheidungen. Die inhaltliche Arbeit findet nicht in den Ministerien statt.“ Insofern könne von Kontinuität bei der Umsetzung der Roadmap Systemstabilität ausgegangen werden, denn keine politische Kraft könne Interesse an Unsicherheit im Stromsystem haben. pf

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