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Die Wärmewende voranbringen

Die Energiewende ist eine Erfolgsgeschichte in Deutschland. Beim näheren Hinsehen zeigt sich, dass es v.a. eine Stromwende ist. Wärme macht die Hälfte des Endenergieverbrauchs aus, Strom ein Viertel. Die erneuerbare Wärme stagniert bei 10 Prozent. Das wollen die Erneuerbare-Energien-Verbände ändern.

09.10.2015 – Der Erfolg der Stromwende ist insbesondere in Zeiten geringer Zinsen auch den sicheren Renditeerwartungen dieser Kapitalanlage zuzuordnen. Innerhalb einer sehr kurzen Zeit konnte so fast 30 Prozent Marktanteil erreicht werden. Geht es dagegen um Raumwärme oder um warmes Wasser und natürlich um Prozessenergie, zählen Vergleiche verschiedener Anlagenangebote. Diese gehen oft zu Ungunsten von Systemen auf Basis Erneuerbarer Energien aus. Es treffen zwar vor allem im Neubau zunehmend mehr Hausbesitzer Entscheidungen für Pellet- oder andere Holz gefeuerte Kessel, Wärmepumpen oder thermische Solaranlagen, aber bei rund 20 Mio. Gebäudeversorgungssystemen zeigt der Erneuerbare-Energien-Anteil kaum Dynamik. Vor allem basiert er auf dem 80 Prozent Grundstock preiswerter historischer aber wenig effizienter Holzheizungssysteme.

Weiter um die Energiewende kämpfen

Für die gesamte Branche der Erneuerbaren Energien hat die EEG-Novelle von 2014 einen gravierenden Einbruch bedeutet. Zum ersten Mal seit Jahren hat sich die Politik gegen einen weiteren dynamischen Ausbau der EE-Stromerzeugung gestellt. Sicher hat es dafür auch Gründe gegeben, die im aktuellen Marktdesign liegen, und es bedurfte Anpassungen, weil dauerhafte Strompreissteigerungen keine nachhaltige Entwicklung begründen können. Gleichzeitig sehen die erneuerbaren Energieverbände jedoch auch ein Defizit in der wirklich grundlegenden Wende der Gesamtgesellschaft zu einem klimafreundlichen Energiesystem. Nach wie vor gibt es eine große Industrie für fossil basierte Heizungsanlagen, die der Politik das Verweilen bei alten Geschäftsmodellen nahelegt. Die EE-Branche hat sich deshalb zu einer damit einhergehend auch einer Straffung ihrer Organisationsformen entschieden. Sie will jetzt auch die Wende im Wärmesektor stärker vorantreiben und sich dabei nicht nur um die Verwertung überschüssigen Stroms kümmern.

Wirtschaftliche Gründe zum Wenden

Gerade im Blick auf die wirtschaftliche Belastung der privaten Verbraucher gibt es Grund genug, sich der Wärme zuzuwenden. Innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren haben sich nach den Statistiken des BMWi die jährlichen Energiekosten der privaten Haushalte von 2.060 Euro auf knapp 3.000 Euro um 45 Prozent erhöht. Die Kosten der einzelnen Ausgaben für Wärme, Strom und Kraftstoffe sind dabei pro Jahr unterschiedlich um 3,7 bis 8,7 Prozent gestiegen. Absolut fällt ein Anstieg der Preise für Heizöl oder Gas bei der monatlichen Belastung auch weit stärker ins Gewicht als eine Erhöhung von Strompreisen. Die Kosten für Raumwärme und Warmwasser beanspruchen das Dreifache des Haushaltsbudgets wie die Ausgaben für Strom. Wieso wird darüber weit weniger diskutiert als über die Erhöhung der Treibstoffausgaben?

Kosten entstehen durch Preise und Verbrauch

Im Zusammenhang mit Kosten wird gerne über Preise diskutiert, aber weit weniger über Verbrauch und seine Notwendigkeit. Auch hier gibt es im Wärmebereich mehr Einflussmöglichkeiten als im Strombereich, weil das Wohnen mit sehr viel weniger Energie behaglich gemacht werden kann. Ein- und Zweifamilienhäuser im Bestand nutzen im Jahresdurchschnitt in Deutschland mehr als 20 l Öl (oder 20 m³ Erdgas), um einen Quadratmeter Wohnfläche zu beheizen und ausreichende Mengen warmes Wasser bereitzuhalten. Können die Wärmeverluste durch geeignete Maßnahmen auf rund 5 l Öl je m² Wohnfläche gesenkt werden, kann die Strahlung der Sonne davon bereits 1/3 bereitstellen und ein weiteres Drittel können Menschen und Geräte bereitstellen. Nur ein verbleibendes Drittel (ca. 1,5 l/m²), d.h. nur 10 Prozent des Ausgangszustandes, müssen dann noch über das Heizsystem zugeführt werden.

Private Investitionen stehen im Wettbewerb

Informierte Hausbesitzer stehen damit vor der Entscheidung, Geld einsetzen zu müssen, wenn sie die mögliche Verbrauchsreduzierung realisieren wollen. Üblicherweise entsteht diese Situation, wenn eine Immobilie erworben wird oder wenn Lebenssituation und Vermögen eine grundlegende Sanierung erlauben. Schönheit, Nützlichkeit oder Statusdenken spielen dabei eine große Rolle. Mit dem Austausch der Heizungsanlage lassen sich diese Motive selten verbinden. Wenn es dann kaum noch Spielraum im Sanierungsbudget gibt, ist die Entscheidung naheliegend, nur das mindestens notwendige für eine neue Heizung aufzuwenden und es bleibt beim fossil basierten Heizungssystem. EE-Wärmeerzeuger kosten in der Anschaffung mehr und spielen ihre ökonomischen Vorteile erst dann aus, wenn die niedrigeren oder gar nicht vorhandenen Brennstoffkosten in einer Gesamtrechnung einbezogen werden.

Kostenvergleich

Nehmen wir ein typisches Einfamilienhaus mit 140 m² Wohnfläche und einem Jahreswärmebedarf für Heizung und Warmwasser von rund 28 MWh (200 kWh/m²) und einem Kessel mit 14,5 kW Leistung. Monatlich fallen dafür 315 Euro Gesamtkosten an, wenn mit einem Heizölpreis von 88 Ct je Liter (8,8 Ct/kWh) gerechnet wird. Der Heizkessel selbst schlägt hier monatlich nur mit 56 Euro zu Buche, wenn Anschaffungskosten von 8.400 Euro anfallen. Im Vergleich dazu werden die System- und Brennstoffkosten für erneuerbare Heizungssysteme gezeigt, die zu geringeren Gesamtkosten führen, aber bis zu dreimal höhere Anschaffungskosten inkl. der aktuellen BAFA-Förderung haben – hier Monatskosten über 20 Jahre mit 6 Prozent Zinsen. Dafür werden aber erhebliche jährliche CO2-Verminderungen erzielt, die in den blauen Ellipsen dargestellt sind. Weil alle Systeme gegenüber dem Ölsystem Gesamtkosten sparen, sind mit dem Klimaschutz nicht einmal Kosten sondern Gewinne verbunden, die in den blauen Kästchen als Euro je Tonne CO2 ausgewiesen sind. Wird im Vergleich dazu eine Gebäudesanierung betrachtet, die den Energieverbrauch um 50 Prozent senkt, wird das aktuelle Dilemma vollständig deutlich: Mit Vollkosten von 45.000 Euro werden jährlich „nur“ 4,5 Tonnen CO2 bei Beibehaltung des Ölkessels eingespart.

20-30.000 MW müssen bis 2020 neu installiert werden

Soll der mutmaßliche Wärmebedarf des Jahres 2020 nach den Zielen des EEWärmeG zu 18 Prozent aus erneuerbarer Wärme gedeckt werden, ist gegenüber heute ein Zubau von 68 TWh oder von Anlagen mit 20-30.000 MW Leistung nötig. Dazu müssten die einzelnen erneuerbaren Technologien stärker verschränkt und Solar- und Geothermie – ob leitungsgebundenen oder nicht – sowie die verschiedenen Erneuerbaren-Energien-Stromtechnologien stärker ausgebaut werden. Insgesamt besteht aktuell nirgendwo eine konsistente Strategie für einen dynamischen Weg zu weniger Gebäudeenergieverbrauch und mehr EE-Wärmeeinsatz. Auch der BDH ist in der Vergangenheit mit seinen Ideen nicht in der Lage gewesen, den Sanierungsstau für alte Heizkessel aufzulösen. Die Lage wird in den kommenden Jahren auch mit einem moderaten Heizölpreis wirtschaftlich nicht günstiger. Nach fehlgeschlagenen Ansätzen mit Steuergesetzgebung und Wärmeabgabe will der BEE deshalb in einer Systemanalyse des Wärmemarktes und seiner Determinanten neue Anknüpfungspunkte finden, um die Eigendynamik einer nachhaltigen Wärmeversorgung entfachen zu können.
Dr.-Ing. Georg Wagener-Lohse, Vorstandsvorsitzender FEE


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